Rz. 288
Die Voraussetzungen einer wirksamen Unterbevollmächtigung müssen anhand der Umstände des jeweiligen Falls ermittelt werden. Für eine wirksame Unterbevollmächtigung muss demjenigen Rechtsanwalt, dem eine Untervollmacht eingeräumt werden soll, ein Auftrag erteilt werden. Hierzu bedarf es einer entsprechenden Erklärung des Auftraggebers selbst oder seines Prozessbevollmächtigten. Eine Prozessvollmacht zum Zweck der Terminwahrnehmung setzt eine Erklärung des Vertretenen voraus; diese kann darin liegen, dass der Vertretene dem Vertreter mündlich oder schriftlich Weisung erteilt, für ihn aufzutreten. Eine solche Weisung muss sich auf einen im Einzelfall konkretisierten Auftrag beziehen. Eine allgemeine Unterbevollmächtigung für eine Vielzahl, zum Zeitpunkt der Abgabe der Erklärung ungewisse Anzahl Fälle ist nicht möglich. Es bedarf einer konkreten, vollständigen und verständlichen Weisung im Einzelfall.
Rz. 289
Soweit für eine wirksame Unterbevollmächtigung verlangt wird, dem Rechtsanwalt, der Untervollmacht erhalten soll, müsse Gelegenheit gegeben werden, sich mittels der Handakten des Prozessbevollmächtigten der Partei ein eigenes Bild von dem Streitstoff zu machen und dabei insb. zu prüfen, ob er nicht wegen besonderer Umstände gehindert ist, die Vertretung wahrzunehmen, handelt es sich nicht um Voraussetzungen einer wirksamen Unterbevollmächtigung, sondern um Umstände, die das Innenverhältnis zwischen dem Prozess- bzw. unterbevollmächtigten Rechtsanwalt und dem Auftraggeber betreffen. Sie können deshalb allenfalls eine haftungs- oder berufsrechtliche Verantwortung der beteiligten Rechtsanwälte begründen. Eine im Innenverhältnis pflichtwidrige Unterbevollmächtigung darf jedoch nicht zulasten des Verfahrensgegners im Außenverhältnis gehen.
Rz. 290
Eine wirksame Unterbevollmächtigung setzt des Weiteren voraus, dass der die Unterbevollmächtigung vermittelnde Prozessbevollmächtigte im Rahmen seiner Vollmacht handelt. Das ist nicht nur der Fall, wenn der Mandant seinem Hauptvertreter Vollmacht zur Beauftragung des Untervertreters erteilt hatte. Auch dann, wenn der Mandant dies nicht getan oder es dem Hauptbevollmächtigten sogar untersagt hatte, reicht es, dass der Hauptvertreter im Anwaltsprozess von seiner – nach außen hin nicht beschränkbaren – Prozessvollmacht Gebrauch macht (§§ 81, 83 Abs. 1 ZPO).
Rz. 291
Für ein Handeln i.R.d. Prozessvollmacht kommt es nicht darauf an, dass die Unterbevollmächtigung sachlich gerechtfertigt ist. Abweichendes lässt sich weder zivilrechtlich (vgl. § 164 BGB) noch zivilverfahrensrechtlich (vgl. §§ 81, 83 ZPO) rechtfertigen. Soweit eine Beschränkung der Prozessvollmacht möglich ist, ist der Prozessbevollmächtigte nur dann gehindert, einem anderen Rechtsanwalt Untervollmacht zu erteilen, wenn der Auftraggeber ihn angewiesen hat, hiervon abzusehen und den Gerichtstermin persönlich wahrzunehmen. Dann muss der Prozessbevollmächtigte sich entscheiden, ob er dieser Weisung folgt oder das Mandat niederlegt. Nur im Parteiprozess, in dem eine Vertretung durch Rechtsanwälte nicht geboten ist, kann eine Vollmacht gem. § 83 Abs. 2 ZPO für einzelne Prozesshandlungen erteilt und somit auch eine Unterbevollmächtigung mit Außenwirkung ausgeschlossen werden, da § 83 Abs. 1 ZPO im Anwaltsprozess eine Beschränkung der Vollmacht nach außen grds. nicht zulässt.
Rz. 292
Eine wirksame Unterbevollmächtigung darf des Weiteren nicht gesetzlich ausgeschlossen sein. § 81 ZPO sieht eine Unterbevollmächtigung für zivilrechtliche Streitigkeiten vor. Demgegenüber kann ein Pflichtverteidiger (vgl. § 142 StPO) nicht wirksam Untervollmacht erteilen. Wird eine Revisionsbegründungsschrift von einem Rechtsanwalt unterzeichnet, der von dem Pflichtverteidiger "unterbevollmächtigt" worden ist, führt dies zur Unzulässigkeit der Revision.
Rz. 293
Der Unterbevollmächtigte muss sich schließlich als selbstständig verantwortlicher Bevollmächtigter zu erkennen geben; er darf nicht nur als Überbringer einer fremden Erklärung auftreten. Erklärungen wirken nur dann unmittelbar für und gegen den Vertretenen, wenn der Vertreter sie im Namen des Vertretenen abgibt (§ 164 Abs. 1, 2 BGB). Ein Rechtsanwalt, der "für" einen anderen Rechtsanwalt auftritt, handelt erkennbar als Unterbevollmächtigter.