Rz. 124
Wenn es sich bei dem Auftraggeber um einen Verbraucher (§ 13 BGB) handelt und der Rechtsberatervertrag in einer Haustürsituation oder als Fernabsatzgeschäft abgeschlossen worden ist (vgl. Rdn 42 ff.), steht dem Mandanten ein Widerrufsrecht zu. § 355 BGB regelt die Einzelheiten dieses Widerrufsrechts wie Beginn und die der Widerrufsfrist (14 Tage oder ein Monat), die davon abhängt, wann dem Auftraggeber die erforderliche Belehrung in der erforderlichen Form (§ 360 BGB) erteilt worden ist. Bei Fernabsatzverträgen beginnt die Widerrufsfrist allerdings nicht vor Erfüllung der in § 312d Abs. 2 BGB genannten Informationspflichten; bei Verträgen im elektronischen Geschäftsverkehr nicht vor Erfüllung der in § 312e Abs. 1 Satz 1 BGB geregelten Pflichten. Regelmäßig erlischt das Widerrufsrecht spätestens sechs Monate nach Vertragsschluss (§ 355 Abs. 4 Satz 1 BGB). Erfolgt jedoch keine ordnungsgemäße Belehrung des Verbrauchers gem. § 360 Abs. 1 BGB, erlischt das Widerrufsrecht nicht (§ 355 Abs. 4 Satz 3 BGB). Der Auftragnehmer kann es dann noch bis zur Grenze der Verwirkung ausüben.
Nach erklärtem Widerruf besteht ein Rückgewährschuldverhältnis, auf das die Rücktrittsvorschriften entsprechend Anwendung finden (§ 357 BGB). Bei Fernabsatzverträgen ist besonders zu beachten, dass das Widerrufsrecht bei einer Dienstleistung nur dann ohne Rücksicht auf eine Belehrung erlischt, wenn auf ausdrücklichen Wunsch des Verbrauchers der Vertrag von beiden Seiten bereits vollständig erfüllt ist (§ 312d Abs. 3 BGB). Es genügt nicht mehr, dass mit der Ausführung der Leistungen auf Veranlassung des Verbrauchers begonnen wurde. Darüber hinaus ist Wertersatz für bereits erbrachte Dienstleistungen nur zu leisten, wenn der Verbraucher vor Abgabe seiner Vertragserklärung auf diese Rechtsfolge hingewiesen worden ist und er ausdrücklich zugestimmt hat, dass der Unternehmer vor Ende der Widerrufsfrist mit der Ausführung der Dienstleistung beginnt (§ 312d Abs. 6 BGB). Bei Anwaltsverträgen im Fernabsatz besteht folglich das Risiko, dass etwa ein Verbraucher als Mandant nach dem ungünstigen Ausgang eines Gerichtsverfahrens oder nach einer Beratung mit einem ihm nicht genehmen Ergebnis seine Vertragserklärung mangels ordnungsgemäßer Widerrufsbelehrung wirksam widerrufen und die (weitere) Zahlung von Anwaltsvergütung verweigern kann, weil er auf die Verpflichtung zum Wertersatz nicht hingewiesen wurde oder er die erforderliche Zustimmung nicht erteilt hat. § 312d Abs. 3 BGB hilft dem Anwalt nicht, da mangels Zahlung der Vertrag noch nicht von beiden Seiten vollständig erfüllt ist.
Im Bereich der "besonderen Vertriebsformen" besteht damit ein erheblicher Belehrungs- und Dokumentationsaufwand für die rechtsberatenden Berufe, um nachteilige Beendigungsmöglichkeiten der Beraterverträge zu vermeiden.