Rz. 195
Hierbei wird überprüft, ob nicht eine Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit vorliegt und der Unfall bei Einhaltung der vorgeschriebenen Geschwindigkeit räumlich vermieden worden wäre.
Rz. 196
Zunächst muss die gefahrene Ausgangsgeschwindigkeit ermittelt werden. Das ist z.B. aus der Länge der festgestellten Bremsspur mit Hilfe des Bremswegrechners möglich. Allerdings ist zuvor die Frage zu klären, ob die maßgeblichen Bremsspuren auch tatsächlich dem Unfallgeschehen zuzuordnen sind.
Rz. 197
Eine maßgebliche Rolle spielt dabei der Bremsverzögerungswert. Er ist abhängig z.B. von der Art des Fahrzeuges und der Fahrbahnbeschaffenheit. Bei Pkw auf trockenem Asphalt kann in der Regel mit 6,5 bis 7,5 m/sec2 gerechnet werden.
Rz. 198
Soweit Restenergie durch den Zusammenprall aufgezehrt wurde, ist diese anhand der Beschädigungsbilder durch einen Sachverständigen errechenbar, mit ein wenig Erfahrung aber durchaus auch von einem Anwalt grob abschätzbar.
Rz. 199
Ggf. ergibt sich die gefahrene Geschwindigkeit aber auch aus einer Tachoscheibe oder einem Unfalldatenschreiber (UDS).
Rz. 200
Alsdann ist der Reaktionspunkt zu ermitteln. Er errechnet sich aus dem Beginn der Bremsspur zuzüglich und vorgelagert der Strecke, die der Fahrer aufgrund seiner Geschwindigkeit in der "Schrecksekunde", also einer Sekunde, gefahren ist. Diese Schrecksekunde setzt sich aus 0,8 sec Reaktionsweg und 0,2 sec Bremsschwellweg zusammen. Sie beträgt in dem folgenden Beispiel bei 70 km/h insgesamt 19,44 m.
Rz. 201
Sodann ist die Stelle zu ermitteln, an der der Fahrer bei Einhaltung der zulässigen Geschwindigkeit zum Stillstand gekommen wäre.
Rz. 202
Liegt der Kollisionsort hinter diesem Punkt, war der Unfall räumlich vermeidbar. Wäre der Fahrer jedoch auch bei Einhaltung der höchstzulässigen Geschwindigkeit erst hinter diesem Punkt zum Stehen gekommen, war der Unfall räumlich unvermeidbar.
Quelle: Gebhardt, Das verkehrsrechtliche Mandat, Bd. 1, 9. Auflage 2020, § 48 Rn 6.
Quelle: Gebhardt, Das verkehrsrechtliche Mandat, Bd. 1, 9. Auflage 2020, § 48 Rn 7.
Quelle: Gebhardt, Das verkehrsrechtliche Mandat, Bd. 1, 9. Auflage 2020, § 48 Rn 12.
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