Rz. 277
Bei einer Beteiligung ausländischer Verkehrsteilnehmer an inländischen Verkehrsunfällen ist es in der Regel müßig, den Schaden kostenintensiv und zeitraubend mit dem ausländischen Versicherer nach deutschem Recht (wegen des sog. Tatortprinzips) zu regulieren oder gegen diesen ggf. zu prozessieren.
Rz. 278
Man muss sich auf der Gegenseite nur einmal einen osteuropäischen Haftpflichtversicherer vorstellen – schon allein die Zustellung der Klage im Ausland durch das deutsche Gericht wäre mit erheblichen Schwierigkeiten verbunden.
Rz. 279
Stattdessen empfiehlt es sich, die Ansprüche beim Deutschen Büro Grüne Karte e.V., Wilhelmstr. 43 / 43 G, 10117 Berlin, Tel.: 0 30 / 20 20 – 57 57, Fax: 0 30 / 20 20 – 67 57, www.gruene-karte.de) anzumelden. Gegen diesen Verein können gem. § 6 Abs. 1 AuslPflVG i.V.m. § 115 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 VVG Ansprüche aus Verkehrsunfallschäden, die durch ein im Ausland zugelassenes Kfz verursacht worden sind, unmittelbar – auch neben den Ansprüchen gegen den ausländischen Schädiger und dessen Versicherer – geltend gemacht werden.
Rz. 280
Über seine eigenen wesentlichen Aufgaben, über die der Gemeinschaft der Grenzversicherer sowie die der Verkehrsopferhilfe e.V. gibt das Deutsche Büro Grüne Karte e.V. ein empfehlenswertes informatives Merkblatt heraus, das unter der o.a. Adresse angefordert werden kann (abgedr. als Anlage 13, siehe § 14 Rdn 17).
Rz. 281
Der Verein kann regulieren, wenn bei bestimmten Staaten zusätzlich folgende Voraussetzungen erfüllt sind, die in der ansonsten formlosen Schadensmeldung mitzuteilen sind.
Staaten: Albanien, Aserbaidschan, Bosnien-Herzegowina, Iran, Israel, Marokko, Mazedonien, Moldawien, Russland, Montenegro, Tunesien, Türkei, Ukraine und Weißrussland:
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Vorlage des Doppels oder einer möglichst beglaubigten Fotokopie der Grünen Karte des Schädigerfahrzeugs (Pkw oder Zugmaschine, nicht Anhänger), |
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Namen und Anschriften der Unfallbeteiligten, |
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Unfallort, |
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Schadendatum. |
Staaten: Andorra, Belgien, Bulgarien, Dänemark, Estland, Finnland, Frankreich, Griechenland, Großbritannien, Irland, Island, Italien, Kroatien, Lettland, Liechtenstein, Litauen, Luxemburg, Malta, Monaco, Niederlande, Norwegen, Österreich, Polen, Portugal, Rumänien, Schweden, Schweiz, Serbien, Slowakische Republik, Slowenien, Spanien, Tschechische Republik, Ungarn und Zypern:
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amtliches Kennzeichen des schädigenden Fahrzeugs, |
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Namen und Anschriften der Unfallbeteiligten, |
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Unfallort, |
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Schadendatum, |
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möglichst Name des ausländischen Haftpflichtversicherers und die Versicherungsscheinnummer, |
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möglichst Marke/Typ des Kfz. |
Rz. 282
Wenn die Eintrittspflicht des Deutschen Büros Grüne Karte e.V. hiernach festgestellt ist, reguliert dieser den Schaden jedoch nicht selbst, sondern beauftragt hiermit einen inländischen Haftpflichtversicherer. Der Geschädigte hat aber keinen Direktanspruch gegen den im Auftrage des Büros Grüne Karte e.V. regulierenden inländischen Versicherer (siehe Anlage 13, vgl. § 14 Rdn 17). Dieser ist nur Bevollmächtigter des Büros.
Rz. 283
Tipp
Nicht der beauftragte Haftpflichtversicherer, sondern das Deutsche Büro Grüne Karte e.V. selbst bleibt im Prozessfall allein passivlegitimiert.
Rz. 284
Wichtig ist aber, dass die unmittelbare Inanspruchnahme des Büros Grüne Karte e.V. nur bis zu der in Deutschland gesetzlich vorgeschriebenen Mindestdeckungssumme in Höhe von zurzeit 7,5 Mio. EUR besteht (BGH NJW 1972, 387).
Rz. 285
Da das Büro Grüne Karte e.V. jedoch nur "neben" dem "anderen Versicherer", also dem ausländischen Versicherer, die Pflichten des Haftpflichtversicherers übernommen hat, schließt der Direktanspruch gegen das Büro nicht den Direktanspruch gegen den ausländischen Versicherer aus, sofern ein solcher Direktanspruch nach dem anzuwendenden Recht gegeben ist (Literatur dazu: Feyock/Jacobsen/Lemor, Kraftfahrtversicherung, 3. Auflage 2009, dort: AuslPflVG § 6 Rn 6).
Rz. 286
D.h.: Wegen eines ggf. darüberhinausgehenden Betrages sind ausschließlich der ausländische Versicherer und dessen VN in Anspruch zu nehmen und ggf. zu verklagen.
Rz. 287
Ist der ausländische Kraftfahrer nicht mit der ansonsten erforderlichen "Grünen Karte", sondern mit einem "Rosa Grenzversicherungsschein" in die Bundesrepublik eingereist, sind die Ansprüche bei der "Gemeinschaft der Grenzversicherer" – gleiche Anschrift wie Deutsches Büro Grüne Karte – geltend zu machen. Ansonsten gilt das zuvor Gesagte. Auch in diesem Falle ist passivlegitimiert ausschließlich die "Gemeinschaft der Grenzversicherer".