Rz. 320
Gemäß § 7 I Abs. 2 S. 1 AKB bzw. E.1.1 AKB 2008 ist jeder Versicherungsfall dem Versicherer vom Versicherungsnehmer innerhalb einer Woche schriftlich anzuzeigen. Verletzt der VN vorsätzlich seine Anzeigepflicht, wird der Versicherer im Innenverhältnis leistungsfrei, allerdings nur bis zu einem Höchstbetrag von 2.500 EUR und seit der VVG-Reform nur im Falle der Kausalität (§ 7 V Abs. 1 und 2 AKB bzw. E.6.1 bis E.6.3 AKB 2008).
aa) Meldung durch VN
Rz. 321
Es ist daher tunlich, auch den Versicherer des eigenen Mandanten anzuschreiben und den Schaden für ihn zu melden. Das gilt naturgemäß insbesondere in Fällen eigener Mithaftung des Mandanten. Eine Verpflichtung besteht dazu allerdings nur, wenn ein Haftungseinwand überhaupt zu erwarten steht oder wenn ein solcher – wenn auch vielleicht völlig zu Unrecht – irgendwann vom Gegner erhoben wird. Solange der Unfallgegner keine Ansprüche anmeldet, muss ein Schadensfall also nicht zwingend gemeldet werden.
Tipp
Ausnahme: Wenn lediglich ein bagatellhafter oder jedenfalls nur geringer Schaden (in der Regel bis etwa 500 EUR) beim Unfallgegner eingetreten ist und der eigene Haftpflichtversicherer wegen eines begangenen Obliegenheitsverstoßes (z.B. Unfallflucht, Alkohol am Steuer) mit Sicherheit später bei dem Mandanten regressieren wird, ist es ratsam, den eigenen Versicherer gar nicht erst in die Schadenregulierung einzuschalten. Durch die Regulierung wird nämlich unnützerweise der Schadenfreiheitsrabatt (SFR) belastet, der auch dann belastet bleibt, wenn der Versicherer im Zuge des Regresses den gezahlten Schadensbetrag später vom VN zurückerhält.
Anders als bei freiwilliger Rückzahlung bleibt der SFR nämlich belastet, wenn die Rückzahlung als Folge eines Regresses erfolgt.
Rz. 322
Meldet der Unfallgegner dann aber doch Ansprüche an, muss der Mandant auf die erste Anforderung seines Versicherers hin den Schaden binnen Wochenfrist melden.
Rz. 323
Die Schadenmeldung ist allein Aufgabe und Pflicht des Mandanten als Versicherungsnehmer gegenüber seinem Versicherer und es sollte auch ihm überlassen bleiben, das Schadenmeldeformular seines Versicherers selbst auszufüllen. Das dürfte schon deshalb geboten sein, weil der VN seinem Versicherer gegenüber die Obliegenheit vollständiger und vor allem wahrheitsgemäßer Schadenmeldung hat, die nur er persönlich abgeben und mit seiner Unterschrift bestätigen kann. Würde ihm diese Verpflichtung von dem Anwalt abgenommen werden, könnte dieser von dem Mandanten in Regress genommen werden, wenn der Versicherer dem VN/Mandanten den Versicherungsschutz z.B. wegen wahrheitswidriger Angaben entzieht und regressiert.
Tipp
Der Anwalt sollte niemals für seinen Mandanten ein Schadenmeldeformular ausfüllen, denn es droht die Gefahr eines Regresses und die Gefahr strafrechtlicher Verfolgung als Mittäter eines möglicherweise vom Mandanten begangenen Versicherungsbetrugs! Im Übrigen hat der Anwalt regelmäßig keine ausreichende Kenntnis über Vorschäden, Kilometerleistung etc. des Fahrzeugs.
bb) Meldung durch VN-Anwalt
Rz. 324
Es ist jedoch oftmals von unschätzbarem Vorteil, wenn der Anwalt den Schaden – jedenfalls neben dem Mandanten selbst – dem eigenen Versicherer des Mandanten meldet: Dann ist dem Versicherer des Mandanten dessen anwaltliche Vertretung bekannt und er kann das Regulierungsverhalten mit dem VN-Anwalt abstimmen. Damit wird z.B. vermieden, dass der eigene Versicherer vorschnell Haftungsquoten anerkennt oder ganz bzw. teilweise reguliert und damit Quotierungs-Fakten festschreibt, die nur schwer gegenüber dem gegnerischen Versicherer zu korrigieren sind.
Rz. 325
Der eigene Versicherer kann den Anwalt auch bitten, ihm einen Ermittlungsaktenauszug zu beschaffen und – was das Wichtigste ist – er wird ihn vermutlich mit der Prozessführung auf der Passivseite beauftragen, falls die Gegenseite irgendwann einmal Klage erheben sollte.
cc) Regulierungs- und Prozessführungsbefugnis
Rz. 326
Die alleinige Regulierungsbefugnis gem. § 10 Abs. 5 AKB bzw. A.1.1.4 AKB 2008 verbleibt aber stets bei dem Versicherer. Er allein entscheidet über die Art und Weise der Regulierung gegnerischer Schadenersatzansprüche. Er allein hat auch das Prozessführungsrecht (§ 7 II Abs. 5 AKB bzw. E.2.4 AKB 2008) und das Recht der Bestimmung des Prozessanwalts. Häufig wird der Versicherer im Passivprozess aber auf den ihm bekannten Anwalt des VN zurückgreifen.
Rz. 327
Der Versicherungsnehmer, der auf der Passivseite einen Anwalt seiner Wahl ohne Abstimmung mit seinem Versicherer mit der Prozessführung beauftragt, begeht grundsätzlich eine Obliegenheitsverletzung und muss demzufolge das auf ihn entfallende Prozesskostenrisiko selbst tragen.
Rz. 328
Beachte
Ein Anwalt, der unter Missachtung dieses Prozessführungsrechtes des Versicherers gleichwohl das Mandat annimmt und den Mandanten über das Prozessführungsrecht seines Versicherers nicht aufklärt, hat keinen Gebührenanspruch gegen den Mandanten. Es liegt dann ein klares Beratungsverschulden des Anwaltes mit diesbezüglicher Regresspflicht vor (BGH VersR 1985, 83).
Rz. 329
Im Falle des Obsiegens besteht darüber hinaus kein ...