Rz. 29

Rechtsanwaltsfachangestellte, die bei einem Anwalt tätig sind, der eine oder mehrere Fachanwaltsbezeichnungen führt, müssen beachten, dass der Rechtsanwalt jedes Jahr sich entsprechend der jeweiligen Fachrichtung qualifiziert. Dies kann durch die Teilnahme an fachspezifischen Fortbildungen oder alternativ dazu durch Dozieren eines eigenen fachspezifischen Seminars oder durch Publizieren erfolgen.

Seit 1.1.2015 sieht § 15 FAO vor, dass mindestens 15 Zeitstunden für Fortbildung gegenüber der Rechtsanwaltskammer nachgewiesen werden müssen.

Durch die letzte Änderung wird neuerdings auch die Teilnahme an interdisziplinären Veranstaltungen akzeptiert.

 

Rz. 30

Die klassische Fortbildung erfolgte in der Vergangenheit meist durch die Teilnahme an Seminare in Präsenzform. In den letzten Jahren kamen aber verstärkt auch Online-Seminare hinzu. Die Anforderungen an diese wurden nunmehr in § 15 Abs. 2 FAO konkretisiert, wobei die Kriterien bereits in der Vergangenheit von den jeweiligen Veranstaltern eingehalten worden sind. Die Online-Veranstalter müssen garantieren, dass eine Interaktion zwischen dem Referenten und den Teilnehmern sowie zwischen den Teilnehmern untereinander möglich ist und dass eine gängige Teilnahme des Teilnehmers dokumentiert wird (dies erfolgt meist durch Zwischenfragen, wo jeder Teilnehmer einen Button drücken muss).

 

Rz. 31

Nach § 15 Abs. 4 FAO können 5 von den 15 Zeitstunden im Selbststudium erbracht werden. Dabei erhält der RA das Selbststudium-Material (DVD, Artikel) vorab zugesandt und kann frei entscheiden, wann er sich das Wissen aneignet. Zum Nachweis erfolgt im Abschluss ein schriftlicher Test, wobei die Testfragen zu einem frei bestimmbaren Zeitpunkt abgefordert werden und dann die Antworten innerhalb eines engen Zeitfensters an den Fortbildungsanbieter zurückgeschickt werden müssen.

 

Rz. 32

Nachstehend noch einmal der vollständige Gesetzestext in seiner aktuellen Version. Die wesentlichen Änderungen sind dabei in Fettdruck hervorgehoben.

 

§ 15 Fortbildung

(1) Wer eine Fachanwaltsbezeichnung führt, muss kalenderjährlich auf diesem Gebiet wissenschaftlich publizieren oder an fachspezifischen der Aus- oder Fortbildung dienenden Veranstaltungen hörend oder dozierend teilnehmen. Die hörende Teilnahme setzt eine anwaltsorientierte oder interdisziplinäre Veranstaltung voraus.

(2) Bei Fortbildungsveranstaltungen, die nicht in Präsenzform durchgeführt werden, müssen die Möglichkeiten der Interaktion des Referenten mit den Teilnehmern sowie der Teilnehmer untereinander während der Dauer der Fortbildungsveranstaltung sichergestellt sein und der Nachweis der durchgängigen Teilnahme erbracht werden.

(3) Die Gesamtdauer der Fortbildung darf je Fachgebiet 15 Zeitstunden nicht unterschreiten.

(4) Bis zu 5 Zeitstunden können im Wege des Selbststudiums absolviert werden, sofern eine Lernerfolgskontrolle erfolgt.

(5) Die Erfüllung der Fortbildungspflicht ist der Rechtsanwaltskammer durch Bescheinigungen oder andere geeignete Unterlagen unaufgefordert nachzuweisen. Fortbildung im Sinne des Absatzes 4 ist durch Bescheinigungen und Lernerfolgskontrollen nachzuweisen.

 

Rz. 33

Bereits mit der FAO-Reform zum 1.3.2010 wurde das damals geltende Stichtagsprinzip aufgegeben. Ab 2010 müssen die Fortbildungsnachweise immer kalenderjährlich zum Jahreswechsel (31.12.) für das abgelaufene Jahr der entsprechenden Rechtsanwaltskammer vorgelegt werden.

Im einigen Kammerbezirken (so z.B. bei der RAK Berlin am 3.4.2012) wurde zumal eine Änderung der Verwaltungspraxis beschlossen, wonach der Fortbildungsnachweis bereits auch im Jahr der Antragstellung erforderlich ist. Bisher hatte man mit Hinweis auf den Terminus "kalenderjährlich" in § 15b FAO von diesem Erfordernis abgesehen, weil zum Zeitpunkt der Antragstellung das Kalenderjahr zwangsläufig noch nicht vollständig abgelaufen ist.

 

Rz. 34

Der Einwand, dass es sich um eine allgemeine Berufspflicht des RA handelt und er selber hierfür zuständig ist, greift nicht. Entsprechende Fristen zu notieren und ggf. den RA rechtzeitig daran zu erinnern, gehört zum Gebiet der allgemeinen Büroorganisation, für das grds. Rechtsanwaltsfachangestellte zuständig sind.

Durch sorgfältige Fristbeachtung vermeiden Sie es, dass verstärkt kurz vor Fristablauf Seminare besucht werden, um auf die entsprechende Anzahl der Zeitstunden zu kommen.

Pausenzeiten werden übrigens herausgerechnet, sodass genau auf die Formulierung in der Bescheinigung zu achten ist. So manches Seminar, das für sechs Stunden angesetzt ist, erweist sich in der Praxis als effektive fünf Zeitstunden Fortbildung i.S.v. § 15 FAO. Eine mögliche Formulierung wäre z.B., "das Seminar umfasste effektiv 5 Zeitstunden".

 

Rz. 35

 

Praxistipp:

Es hat sich bewährt, dass für den Nachweis der Fortbildung nach § 15 FAO gegenüber der Rechtanwaltskammer zwei Fristen notiert werden, und zwar einmal die eigentliche Nachweispflicht und weiterhin noch eine Frist ein halbes Jahr früher, um ggf. den Anwalt an die Teilnahme an Seminaren zu erinnern.

 

Rz. 36

In Ausnahmefä...

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