Dieter Trimborn van Landenberg
Rz. 28
Bei fehlender Geschäftsfähigkeit des Vollmachtgebers im Zeitpunkt der Vollmachtserteilung fehlt es an einer Willenserklärung, so dass die Vollmacht unwirksam ist. Gerade im Bereich der Vorsorgevollmachten kommt es nicht selten vor, dass geistig hinfällige Menschen noch zur Unterschrift unter eine Vollmacht gebracht werden, um eine Betreuung zu verhindern.
Unleserliche und quer geschriebene Unterschriften, die sich von früheren Unterschriften stark unterscheiden, sind ein erster Anhaltspunkt. Im Nachhinein kann es zuweilen sehr schwierig sein, die Geschäftsunfähigkeit des Vollmachtgebers zu beweisen, insbesondere bei notariellen Vollmachten. Gleichwohl darf der übliche Textbaustein, wonach sich der Notar in einem eingehenden Gespräch von der Geschäftsfähigkeit überzeugt habe, nicht jede weitere Prüfung ausschließen. Notare sind medizinische Laien und können daher nicht ein ärztliches Attest ersetzen. Wenngleich die notarielle Beurkundung eine gewisse Indizwirkung hat, sind bei begründeten Zweifeln medizinische Erkenntnisquellen zu erschließen, auf deren Grundlage notfalls geklagt werden kann. Insbesondere Urkunden, die nicht den "Geschäftsfähigkeitsprüfungsvermerk" enthalten, geben Anlass zum Hinterfragen. "Vorsorgende" Bevollmächtigte fügen der Vollmacht ein ärztliches Attest bei, das die Geschäftsfähigkeit des Vollmachtgebers bezeugen soll. Auch hier ist kritisch zu prüfen, welcher Arzt das Attest ausgestellt hat. Handelt es sich um einen Facharzt (nur Neurologen und Psychiater können fundiert die Geschäftsfähigkeit untersuchen!) oder den Hausarzt des Bevollmächtigten, der in dauerhaftem Kontakt mit ihm steht.
Rz. 29
An die Feststellung der Geschäftsunfähigkeit sind allerdings hohe Voraussetzungen zu stellen. Nicht jede Demenz führt automatisch zu einer Geschäftsunfähigkeit, vielmehr muss die Urteils- und Kritikfähigkeit eindeutig fehlen.
Der BGH hat in einem Beschluss einmal mehr bekräftigt, dass die Geschäftsfähigkeit des Vollmachtgebers der Regelfall und dessen Geschäftsunfähigkeit die positiv festzustellende Ausnahme bildet. Das dürfte nach dem Tod noch schwieriger sein als bei lebenden Vollmachtgebern, die teilweise erst Jahre nach Vollmachtserteilung begutachtet werden.
Rz. 30
Bei noch lebenden Vollmachtgebern ist dann die Anregung einer Betreuung angezeigt. Die Erben eines geschäftsunfähigen Vollmachtgebers können eine Rückabwicklung nach den Grundsätzen der ungerechtfertigten Bereicherung fordern, was vielmals einfacher sein wird als der Weg über das Auftragsrecht.
Tipp zur Vorbeugung
Wer als zukünftiger Erbe die Gefahr sieht, dass der (eventuelle) Vollmachtgeber nicht mehr ganz klar ist, sollte ihn bewegen, zum Neurologen zu gehen, um Klarheit über die Geschäftsfähigkeit zu erlangen, bevor ein "interessiertes Umfeld" eine Vollmacht erhält.
Hinweis
Bei Berufung auf die Geschäftsunfähigkeit des Erblassers ist der Mandant immer auf das Prozessrisiko hinzuweisen. Im Klageverfahren wird zum Beweis der Geschäftsunfähigkeit regelmäßig ein Sachverständigengutachten eingeholt, dass Kosten i.H.v. 1.000 bis 2.000 EUR auslöst. Dieser Aufwand erscheint nur dann gerechtfertigt, wenn die zuvor ermittelten medizinischen Grundlagen ausreichend Anhaltspunkte bieten.