Dieter Trimborn van Landenberg
Rz. 32
Bei einer bedingten Vollmacht ist zu überprüfen, ob die Bedingung eingetreten ist. Die sog. postmortale Vollmacht gilt erst nach dem Tod, sie ist also nur in Verbindung mit einem Sterbenachweis, i.d.R. der Sterbeurkunde, wirksam.
Problematischer sind bedingte Vorsorgevollmachten, die z.B. Formulierungen enthalten wie:
Zitat
"Die Vollmacht ist nur in Verbindung mit einem ärztlichen Attest gültig, in dem festgestellt wird, dass der Vollmachtgeber entweder aufgrund einer psychischen Krankheit und/oder einer körperlichen, geistigen oder seelischen Behinderung seine Angelegenheiten ganz oder teilweise nicht besorgen kann."
Rz. 33
Je nach Hervorhebung und Umfang der Vorsorgevollmacht fällt dieser Satz dem Geschäftspartner nicht weiter auf, und es werden Geschäfte ohne Attest gemacht. Sind solche Vorsorgevollmachten als transmortale Vollmachten über den Tod hinaus gestaltet, ersetzt der Tod des Vollmachtgebers nicht automatisch das Erfordernis eines Attests. Mangels Bedingungseintritt sind Geschäfte dann unwirksam, was bei Verfügungsgeschäften eine Rückabwicklung zur Folge hat. Banken können also nicht mit befreiender Wirkung an bedingt Bevollmächtigte leisten, so dass sie vom Erben unmittelbar in Anspruch genommen werden können.
Insbesondere Grundstücksgeschäfte sind mit diesen Vollmachten eigentlich nicht möglich, weil die Geschäftsunfähigkeit kaum in der Form des § 29 GBO nachgewiesen werden kann.
Rz. 34
Vorsorgevollmachten sind mit Betreuungsverfügungen verbunden für den Fall, dass bei einer unerwarteten Regelungslücke eine bestimmte Person, nämlich fast immer der Bevollmächtigte, auch als Betreuer fungieren soll. Garniert wird die Regelung mit der Betonung darauf, dass die Vorsorgevollmacht jegliche Betreuung ersetzen soll. Nicht immer ist in der Vollmacht eine ausdrückliche Regelung enthalten, ob sie über den Tod hinaus gelten soll. Dann muss durch Auslegung gem. § 133 BGB ermittelt werden, was vom Vollmachtgeber gewollt war.
Da die Betreuung mit dem Tod endet, hat das OLG München deshalb eine ausdrücklich nur als Betreuungsersatz konzipierte "Altersvorsorgevollmacht" gleichzeitig mit dem Vollmachtgeber sterben lassen. Das OLG Hamm hat schon die Bezeichnung "Vorsorgevollmacht" ausreichen lassen, um den Fortbestand nach dem Tod zu verneinen.
Rz. 35
Das neue Betreuungsrecht sieht indes nach § 7 Abs. 1 S. 2 BtOG vor, dass (nur) die Wirkung der Beglaubigung bei einer Vollmacht mit dem Tod des Vollmachtgebers endet, was aber die Vollmacht im Übrigen bestehen lässt. Die damit verbundene Entwertung der Beglaubigung, die zu recht vielfach kritisiert wurde, ist hier kein Thema, aber man kann dies natürlich als Argument in Fällen verwenden, in denen die Geltung über den Tod hinaus zweifelhaft erscheint.
In Fällen, bei denen die postmortal handelnden Bevollmächtigten leicht einzuschüchtern sind, mag man auf Seiten der Erben die Keule der Rechtsfolgen eines Vertreters ohne Vertretungsmacht schwingen.
Im Übrigen geht die der Lebenswirklichkeit zugewandte Rechtsprechung, aber auch das gesamte Schrifttum davon aus, dass die Vollmacht den Vollmachtgeber überlebt und bis zum Widerruf weiterhin wirksam ist, auch wenn dies in der Urkunde nicht ausdrücklich erwähnt worden ist. Von der Erwägung ausgehend, dass das Grundverhältnis in aller Regel ein Auftrag oder Geschäftsbesorgungsvertrag ist, streiten die §§ 168 S. 1, 672 S. 1 i.V.m. § 1922 BGB für den Fortbestand der Vollmacht.
Auch das beim BMJ hinterlegte Muster der Bankvollmacht, auf das sich der Bankenverband geeinigt hatte, geht von einer Geltung über den Tod hinaus aus.
Hinweis
Als Rechtsanwalt wird man – je nach Interessenlage – argumentieren, dass Vollmachten auslegungsfähige Willenserklärungen sind, bei denen gem. § 133 BGB der wirkliche Wille zu erforschen ist. Wenngleich die wenigsten Laien wissen, dass eine Vollmacht über den Tod hinaus wirksam ist, kann man hier sicher den einen oder anderen Zeugen aufbieten.