Dr. iur. Klaus-Peter Horndasch
Rz. 19
Voraussetzung für das Einsetzen eines Haftungstatbestandes ist selbstverständlich zunächst, dass ein Vertrag mit dem Mandanten geschlossen worden ist. Fraglich kann vor allem bei Freundschafts- und/oder Gefälligkeitsverhältnissen sein, ob – ggf. konkludent – ein Anwaltsvertrag zustande gekommen ist. Dies ist jeweils im Einzelfall zu prüfen.
Rz. 20
Gegen einen Vertragsschluss kann ein Gespräch bei geselligem Anlass sprechen, anders allerdings, wenn der Ratsuchende ausdrücklich erklärt, den – gesellschaftlichen – Anlass zu einem Rat in einer bestimmten Sache nutzen zu wollen und der Anwalt sich hierauf einlässt.
Kommt ein Anwaltsvertrag zustande, sind die Anforderungen des BGH weit gezogen.
Hauptpflicht ist selbstverständlich die Klärung des Sachverhalts. Informationen dürfen nicht hingenommen, sie müssen herausgefordert werden. So dürfte man sich z.B. nicht damit begnügen, das Versäumnisurteil sei "letzte Woche" zugestellt worden.
Hinsichtlich der Gesetzeskenntnis wird die Beachtung der für das Mandat einschlägigen Gesetze und Vorschriften bis ins Detail gefordert. Dies betrifft auch abgelegene Rechtsgebiete.
Der BGH verlangt darüber hinaus, dass der Anwalt, liest er von künftigen Gesetzesvorhaben in der Tagespresse, verpflichtet ist, sich aus allgemein zugänglichen Quellen über den Verfahrensstand zu unterrichten und die Entwicklung in seine Beratung einzubeziehen.
Der BGH verlangt weiter die Kenntnis der Judikatur. Hinsichtlich der Aufsatzliteratur gilt dies jedoch, wie der BGH erklärt hat, nur "in begrenztem Maße". Der BGH erklärt jedoch weiter:
Strengere Anforderungen sind jedoch zu stellen, wenn ein Rechtsgebiet ersichtlich in der Entwicklung begriffen und (weitere) höchstrichterliche Rechtsprechung zu erwarten ist. Dann muss der Anwalt, der eine Angelegenheit aus diesem Bereich zu bearbeiten hat, auch Spezialzeitschriften in angemessener Zeit durchsehen.
Die Beratung soll dem Mandanten die eigene Entscheidung über das Vorgehen in der Sache ermöglichen. Dies bedeutet aber, ihn
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vor übereilten Erklärungen zu warnen, spontane Angebote zu verhindern und ein Überrumpeln zu vermeiden.
Der BGH hat dazu erklärt, dass der Anwalt beweispflichtig dafür ist, dass ihm
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"keine Möglichkeit blieb, dem Mandanten zu einem überlegteren Vorgehen zu raten."
Hinsichtlich der grundsätzlichen Beweislast hat der BGH deutlich erklärt, dass derjenige, der einen Rechtsanwalt auf Leistung von Schadenersatz in Anspruch nimmt, weil dieser seine Pflichten nicht gehörig erfüllt habe, die Beweislast für die Pflichtverletzung trägt. Dies gilt auch für ein Unterlassen, obwohl dem Mandanten damit der Beweis einer negativen Tatsache aufgebürdet wird.
Wie allerdings den natürlich bestehenden Schwierigkeiten, Negatives zu beweisen, zu begegnen ist, hat der BGH in derselben Entscheidung wie folgt erläutert:
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"Die Anforderungen an die Substantiierungspflicht des wegen unzureichender oder unrichtiger Belehrung in Anspruch genommenen Anwaltes werden durch die Umstände des Einzelfalls bestimmt. Keinesfalls kann sich der Anwalt damit begnügen, eine Pflichtverletzung zu bestreiten oder ganz allgemein zu behaupten, er habe den Mandanten ausreichend unterrichtet. Vielmehr muss er den Gang der Besprechung im Einzelnen schildern, insbesondere konkrete Angaben darüber machen, welche Belehrungen und Ratschläge er erteilt und wie darauf der Mandant reagiert hat."
Rz. 21
Praxistipp
Fehler werden nie zu vermeiden sein! Es gibt aber einen einzigen Fehler, den Rechtsanwälte (und Notare) unbedingt vermeiden sollten: nicht oder nicht ausreichend haftpflichtversichert zu sein!