Dipl.-Kfm. Michael Scherer
Rz. 77
Gegen Entscheidungen des Rechtspflegers ist nach § 11 Abs. 1 RPflG grundsätzlich das Rechtsmittel gegeben, das nach den allgemeinen verfahrensrechtlichen Vorschriften der ZPO gestattet ist. Wenn man eine Entscheidung des Rechtspflegers anfechten will, muss man also in der ZPO nachsehen, welches Rechtsmittel für diesen Fall dort vorgesehen ist. Für den Kostenfestsetzungsbeschluss ist in § 104 Abs. 3 S. 1 ZPO das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde als zulässig erklärt, wobei es keinen Unterschied macht, ob man gegen den Erlass eines Kostenfestsetzungsbeschlusses oder gegen die Zurückweisung eines Kostenfestsetzungsantrages vorgehen will.
Rz. 78
Die sofortige Beschwerde ist speziell in den §§ 567 ff. ZPO geregelt. Insbesondere ist § 567 Abs. 2 ZPO zu beachten: Demnach ist die Beschwerde unzulässig, wenn der Beschwerdewert von mehr als 200,00 Euro, also 200,01 Euro, nicht erreicht ist. Der Beschwerdewert, auch "Beschwer" genannt, ist übrigens der Differenzbetrag zwischen dem, was die Partei verlangt hat, und dem, was sie tatsächlich im Kostenfestsetzungsbeschluss erreicht hat. Aus der Sicht des Gegners ist der Beschwerdewert, der Betrag, den er nicht zu zahlen gewillt ist.
Beispiel:
Die Partei beantragt die Festsetzung von 5.000,00 EUR Kosten. Im Beschluss erhält sie nur 4.800,00 EUR. Ihre Beschwer ist folglich 200,00 EUR und damit ist der Beschwerdewert um 1 Cent gerade nicht erreicht.
Hinweis:
Falls nach der ZPO für den betreffenden Sachverhalt kein Rechtsmittel vorgesehen ist (also bei einer Beschwer von weniger als 200,01 Euro), dann ist gegen die Entscheidung des Rechtspflegers immer noch die befristete Erinnerung gemäß § 11 Abs. 2 RPflG zulässig; siehe Rdn 85 ff.
Wenn übrigens eine Partei die sofortige Beschwerde eingelegt hat, darf die andere Partei, wenn sie den Beschwerdewert von 200,01 Euro nicht erreicht, die unselbstständige Anschlussbeschwerde erklären (§ 567 Abs. 3 ZPO).
Rz. 79
Die sofortige Beschwerde ist binnen einer Notfrist von zwei Wochen seit Zustellung des Kostenfestsetzungsbeschlusses einzulegen (§ 569 Abs. 1 ZPO). Die Frist läuft für jede Partei gesondert und zwar ab dem Tag, an dem ihr jeweils der Beschluss zugestellt wurde. "Beschwert" ist übrigens jede Partei, für die eine gerichtliche Entscheidung ungünstig ist.
Eine Notfrist kann übrigens weder verkürzt noch verlängert werden (§ 224 ZPO), sie ist unbedingt einzuhalten. Die Frist für die Erinnerung ist dagegen keine Notfrist.
Rz. 80
Über die eingelegte sofortige Beschwerde darf der Rechtspfleger selbst entscheiden (§ 11 Abs. 1 RPflG, § 572 Abs. 1 ZPO), wenn er die Beschwerdebegründung als richtig – und damit seinen Kostenfestsetzungsbeschluss als unrichtig – erkennt, also abhilft. Also ist durch den Rechtspfleger nur Abhilfe zulässig, aber keine für den Beschwerdeführer ungünstige Entscheidung. Eine mündliche Verhandlung muss nicht stattfinden (§ 128 Abs. 4 ZPO), sie kommt auch praktisch nicht häufig vor. Wenn der Rechtspfleger nicht abhilft, entscheidet das Beschwerdegericht durch Beschluss über die sofortige Beschwerde, also das im Rechtszug nächsthöhere Gericht. Auch hier wird keine mündliche Verhandlung stattfinden. Es gilt ein Verschlechterungsverbot, d. h., in dem Beschluss darf der Beschwerdesteller nicht schlechter gestellt werden als in dem angefochtenen Kostenfestsetzungsbeschluss (wie §§ 528, 557 Abs. 1 ZPO).
Rz. 81
Gegen den Beschluss des Beschwerdegerichts ist bei Vorliegen der Voraussetzungen eine Rechtsbeschwerde zulässig (§ 574 ZPO, siehe oben).
Merke:
Wenn der Beschwerdewert mehr als 200 Euro beträgt, ist gegen Entscheidungen des Rechtspflegers im Kostenfestsetzungsverfahren die sofortige Beschwerde binnen einer Notfrist von zwei Wochen seit Zustellung des Kostenfestsetzungsbeschlusses gegeben, über die das nächsthöhere Gericht entscheidet, falls der Rechtspfleger nicht selbst abhilft.
Hinweis:
An dieser Stelle des Buches werden die sofortige Beschwerde und die befristete Erinnerung nach den Vorschriften der ZPO und des RPflG dargestellt. Verwechseln Sie diese nicht mit der sofortigen Beschwerde und der Rechtsbeschwerde nach dem FamFG; dort ersetzen im Familienverfahren die Beschwerde und die Rechtsbeschwerde sozusagen die Berufung und die Revision des gewöhnlichen Zivilprozesses. Deswegen beträgt z. B. der Beschwerdewert in § 61 Abs. 1 FamFG ebenso 600 Euro wie für die Berufung gemäß § 511 Abs. 2 ZPO. Auch entspricht z. B. die Beschwerdefrist nach § 63 Abs. 1 FamFG mit einem Monat der Berufungsfrist gemäß § 517 ZPO.
Rz. 82
Nachstehend finden Sie ein Muster für das Beschwerdeschreiben:
Muster: Beschwerdeschreiben
An das Amtsgericht/Landgericht _________________________
Sofortige Beschwerde
Aktenzeichen des Gerichts _________________________
In Sachen _________________________/_________________________
lege ich namens des Klägers (bzw. Beklagten) gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss des Amts-/ Landgerichts _________________________ vom _________________________, zugestellt am _________________________,
sofortige Beschwerde
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