Rz. 160
Grundsätzlich stellt allein der Umstand, dass der Unterhaltsberechtigte nach der Scheidung seiner Ehe eine intime Beziehung oder auch eine nichteheliche Lebensgemeinschaft aufnimmt, noch keinen Härtegrund im Sinne des § 1579 BGB dar, der zur Verwirkung des Unterhaltsanspruchs führt. Es müssen vielmehr besondere Umstände hinzutreten, die dazu führen, dass die Unterhaltszahlungen dem Unterhaltspflichtigen unzumutbar sind.
Rz. 161
Ein solcher Umstand wird dann angenommen, wenn sich die nichteheliche Lebensgemeinschaft als verfestigte Lebensgemeinschaft im Sinne § 1579 Nr. 2 BGB darstellt. Lebt der getrennt lebende oder geschiedene Ehegatte in einer solchen verfestigten Lebensgemeinschaft, so hat er sich aus der früheren ehelichen Solidarität heraus gelöst und gezeigt, dass er sie nicht mehr benötigt.
Rz. 162
Voraussetzung ist allerdings, dass diese Annahme durch objektive, nach außen tretende Umstände begründet ist. Solche können sein:
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Die Gemeinschaft wird über einen längeren Zeitraum von 2 bis 3 Jahren in einem gemeinsamen Haushalt gelebt. |
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Es werden gemeinsame Investitionen in eine gemeinsame Immobilie getätigt. |
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Gemeinsame Urlaube, gemeinsames Auftreten bei Familienfeiern und Festen, |
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Die Geburt eines gemeinsamen Kindes. |
Rz. 163
Die zeitliche Komponente ist jedoch nur eines von mehreren Beurteilungskriterien. So gibt es auch Entscheidungen, die eine Eheähnlichkeit schon vor Ablauf von zwei Jahren annehmen, wenn sich nämlich aus einer Gesamtschau der objektiven Umstände auf das Bestehen einer verfestigten Lebensgemeinschaft schließen lässt. Im konkreten Fall ist ab dem Moment des Einzuges der Lebensgefährtin bei ihrem Partner der Anspruch auf Unterhalt nach § 1361 BGB als verwirkt angesehen worden, da auf die Verfestigung der Lebensgemeinschaft aus gemeinsamen Urlauben, gemeinsamem Auftreten bei Familienfeiern und Teilnahme des Partners an Gesprächen mit Mitarbeitern sowie dem Umstand geschlossen wurde, dass die Kinder aus der Ehe den neuen Partner als "Papa" ansprachen.
Rz. 164
Ähnlich wurde in dem Fall entschieden, dass die Partner sich gegenüber dem Jobcenter als Bedarfsgemeinschaft bezeichnet haben.
Rz. 165
Praxistipp
Der Anspruch eines Partners oder einer Partnerin auf Zahlung von Ehegattenunterhalt kann verwirkt sein, wenn sich die nichteheliche Lebensgemeinschaft als verfestigte Lebensgemeinschaft i.S. § 1579 Nr. 2 darstellt.
Das kann auch vor Ablauf eines längeren Zeitraums der Fall sein.
Voraussetzung ist allerdings, dass aus objektiven Umständen auf das Bestehen einer verfestigten Lebensgemeinschaft geschlossen werden kann.