Leitsatz
Der Zeitpunkt der Verfestigung einer Lebensgemeinschaft beginnt nicht zwingend mit dem Zusammenleben der Partner in einem Haushalt. Das OLG Oldenburg hat sich in dieser Entscheidung mit den Voraussetzungen für das Vorliegen einer verfestigten Lebensgemeinschaft auseinandergesetzt und Kriterien hierfür aufgestellt.
Sachverhalt
Die Parteien hatten im Jahre 1995 geheiratet und lebten seit Sommer 2005 getrennt. Aus der Ehe waren zwei 10 und 11 Jahre alte Kinder hervorgegangen. Die Antragsgegnerin lebte mit den beiden Kindern in einem in ihrem Alleineigentum stehenden Wohnhaus. Im Jahre 2003 hatten die Parteien in einem notariellen Ehevertrag Gütertrennung vereinbart, um eine Trennung zwischen Betriebsvermögen des Antragstellers und Privatvermögen herbeizuführen. Dabei war der hälftige Miteigentumsanteil des Antragstellers an dem Wohnhaus auf die Antragsgegnerin übertragen worden, einschließlich der dinglichen Belastungen. Für die Verbindlichkeiten i.H.v. insgesamt 1.234,00 EUR kam bis April 2008 allein der Antragsteller auf.
Er verfügte als Gesellschafter und Geschäftsinhaber eines Unternehmens über ein unstreitiges Nettoeinkommen von 6.000,00 EUR monatlich. Die Antragsgegnerin war gelernte Erzieherin und zuletzt vor 10 Jahren als Gruppenleiterin tätig.
Die Antragsgegnerin hat die Auffassung vertreten, die Betreuungsbedürftigkeit der Kinder lasse eine Berufstätigkeit von ihr nicht zu. Mit ihrem jetzigen Lebensgefährten lebte sie seit Juli 2007 überwiegend in ihrem Haus zusammen. Da dieser wiederum Unterhalt in Höhe von 1.900,00 EUR für seine von ihm getrennt lebende Ehefrau und drei Kinder zahle, sei er bei einem Nettoeinkommen von 2.400,00 EUR nicht leistungsfähig.
Der Antragsteller hat die Auffassung vertreten, der Unterhaltsanspruch sei verwirkt, weil die Antragsgegnerin bereits seit April 2006 mit ihrem neuen Lebensgefährten zusammenlebe. Im Übrigen könne sie mindestens halbtags erwerbstätig sein und rund 1.320,00 EUR als Gruppenleiterin erzielen. Außerdem müsse sie sich einen Vorteil aus Haushaltsführung anrechnen lassen sowie den vollen Wohnwert von 900,00 EUR.
Das AG hat den Antragsteller mit Urteil vom 26.8.2008 zur Zahlung von 1.818,00 EUR ab Rechtskraft der Ehescheidung von 1.600,00 EUR ab 1.1.2009 verurteilt. Von einer Verwirkung des Unterhaltsanspruchs wurde nicht ausgegangen, da eine Kürzung des Anspruchs unmittelbar auf die Kinder durchschlagen würde. Eine halbschichtige Erwerbsverpflichtung bestehe ab 1.1.2009. Hieraus könne die Antragsstellerin 800,00 EUR netto erzielen.
Außerdem müsse sie sich ein Haushaltsführungsentgelt i.H.v. 213,00 EUR anrechnen lassen, nicht hingegen einen Wohnvorteil, da sie die Belastungen seit April 2008 trage. Eine Befristung des Unterhaltsanspruchs komme angesichts der unklaren Entwicklung des Sohnes T. und seiner Betreuungsbedürftigkeit nicht in Betracht.
Gegen dieses Urteil wandte sich der Antragsteller mit der Berufung und berief sich nach wie vor auf die Verwirkung des Unterhaltsanspruchs wegen einer verfestigten Lebensgemeinschaft der Antragsgegnerin.
Das Rechtsmittel des Antragstellers hatte teilweise Erfolg.
Entscheidung
Das OLG ging von einer Verwirkung des Unterhaltsanspruchs der Ehefrau für die Zeit ab 1.5.2009 aus.
Von einer verfestigten Lebensgemeinschaft i.S.d. § 1579 Nr. 2 BGB sei in der Regel auszugehen, wenn der Unterhaltsberechtigte zu einer Partei ein auf Dauer angelegtes Verhältnis aufgenommen habe und das nichteheliche Zusammenleben gleichsam an die Stelle einer Ehe getreten sei (BGH FamRZ 2002, 23). Voraussetzung für eine Verfestigung sei ein Zeitablauf von zwei bis drei Jahren des Zusammenlebens (BGH FamRZ 1997, 671). Das Zusammenleben müsse eine Form angenommen haben, die die Lebensgemeinschaft einer Ehe vergleichbar mache. Nach der Begründung des Regierungsentwurfs sei entscheidend der Umstand des "Herauslösens" des geschiedenen Ehegatten aus der nachehelichen Solidarität. Dabei komme es auf die objektiven nach außen getretenen Umstände an.
Nach Auffassung des OLG war bei Zugrundelegung dieser Kriterien bei der Antragsgegnerin von einer verfestigten Lebensgemeinschaft zu ihrem neuen Partner auszugehen. Dies gelte selbst bei einem Zusammenleben erst ab Juli 2007, da der Zeitpunkt der Verfestigung nicht zwingend mit dem Zusammenleben in einem Haushalt beginne. Nach dem eigenen Vortrag der Antragsgegnerin habe die Beziehung zu ihrem neuen Partner im August 2006 begonnen und bestehe seit nunmehr zweieinhalb Jahren. Zwar habe der neue Lebensgefährte eine eigene Wohnung unterhalten, nach eigenen Angaben der Antragsgegnerin lebe er jedoch in den letzten 1 1/2 Jahren überwiegend bei ihr und habe lediglich die Besuchswochenenden seiner Kinder in seiner Wohnung verbracht.
Als Indiz für die verfestigte Lebensgemeinschaft wertete das OLG auch ein zur Akte gelangtes Familienfoto, das von der Antragsgegnerin zu Weihnachten 2007 verschickt worden war. Nach außen hin dokumentiere dieses Foto eine gewisse Verfestigung. Eine endgültige Verfestigung sei aber spätest...