Entscheidungsstichwort (Thema)
Nachehelicher Unterhalt: Verwirkung des Unterhaltsanspruchs wegen einer verfestigten Lebensgemeinschaft
Leitsatz (amtlich)
Zur Frage der Verwirkung des Unterhaltsanspruchs wegen verfestigter Lebensgemeinschaft, § 1579 Nr. 2 BGB.
Normenkette
BGB § 1579 Nr. 2
Verfahrensgang
AG Oldenburg (Oldenburg) (Urteil vom 26.08.2008; Aktenzeichen 55 F 95/06 S) |
Tenor
Auf die Berufung des Antragsstellers wird das am 26.8.2008 verkündete Urteil des AG - Familiengericht - Oldenburg unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels zu Ziff. II geändert:
Der Antragsteller wird verurteilt, an die Antragsgegnerin nachehelichen Ehegattenunterhalt jeweils bis zum 3. eines Monats im Voraus i.H.v. 1.225 EUR bis einschließlich April 2009 zu zahlen.
Der weitergehende Antrag wird zurückgewiesen.
Die Kosten der Berufung haben der Antragsteller zu 15 % und die Antragsgegnerin zu 85 % zu tragen. wegen der Kosten des ersten Rechtszuges bleibt es bei der angefochtenen Entscheidung.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Gründe
I. Die Antragsgegnerin begehrt nachehelichen Ehegattenunterhalt im Scheidungsverbundverfahren.
Die Parteien haben 1995 geheiratet und leben seit Sommer 2005 getrennt. Aus der Ehe sind zwei Kinder hervorgegangen, 10 und 11 Jahre alt. Die Antragsgegnerin lebt mit den beiden Kindern in dem in ihrem Alleineigentum stehenden Wohnhaus in der ... in ... Im Jahr 2003 hatten die Parteien in einem notariellen Ehevertrag Gütertrennung vereinbart, um eine Trennung zwischen Betriebsvermögen des Antragstellers und Privatvermögen herbeizuführen. Dabei war der hälftige Miteigentumsanteil des Antragstellers an dem Wohnhaus in der ... auf die Antragsgegnerin übertragen worden, samt der dinglichen Belastungen. Für die Verbindlichkeiten, die auf dem Haus lasteten, haften beide Ehegatten gemeinsam weiter. Da die Antragsgegnerin in der Ehe keiner Erwerbstätigkeit nachgegangen ist, wurden sämtliche Zins und Tilgungslasten i.H.v. insgesamt 1.234, EUR bis April 2008 von dem Antragsteller getragen.
Der Antragsteller verfügt als Gesellschafter und Geschäftsführer eines Unternehmens über ein unstreitiges Nettoeinkommen von 6.000, EUR monatlich. Davon zahlt er 210, EUR monatlich an ein Legastheniezentrum für den jüngeren Sohn Tammo und je 20,60 EUR auf eine Risikolebensversicherung der Kinder. Die Antragsgegnerin ist gelernte Erzieherin und war zuletzt vor 10 Jahren als Gruppenleiterin tätig.
Die Antragsgegnerin hat die Auffassung vertreten, die Betreuungsbedürftigkeit der Kinder lasse eine Berufstätigkeit von ihr zurzeit nicht zu. Mit ihrem jetzigen Lebensgefährten lebe sie seit Juli 2007 überwiegend bei ihr zusammen. Da dieser wiederum Unterhalt i.H.v. 1.900, EUR für seine von ihm getrennt lebende Ehefrau und drei Kinder zahle, sei er bei einem Nettoeinkommen von 2.400, nicht leistungsfähig.
Der Antragsteller hat die Auffassung vertreten, der Unterhaltsanspruch sei verwirkt, weil die Antragsgegnerin schon seit April 2006 mit ihrem neuen Lebensgefährten zusammenlebe. Außerdem könne sie mindestens halbschichtig arbeiten und rund 1.320 EUR als Gruppenleiterin nach der Gehaltstabelle TVL verdienen. Zudem müsse sie sich einen Vorteil aus Haushaltsführung i.H.v. mindestens 213, EUR anrechnen lassen sowie den vollen Wohnwert von 900, EUR. Schließlich sei der Unterhaltsanspruch zu befristen.
Das AG - Familiengericht - Oldenburg hat mit Urteil vom 26.8.2008 den Antragsteller zur Zahlung von 1.818 EUR ab Rechtskraft der Scheidung und von 1.600, EUR ab 1.1.2009 verurteilt. Es hat keine Verwirkung des Unterhaltsanspruchs angenommen, da eine Kürzung des Anspruchs unmittelbar auf die Kinder durchschlagen würde. Eine halbschichtige Erwerbsverpflichtung bestehe ab 1.1.2009, daraus könne sie 800, EUR netto erzielen. Außerdem müsse sie sich ein Haushaltsführungsentgelt i.H.v. 213, EUR anrechnen lassen, nicht hingegen einen Wohnvorteil, da sie die Belastungen seit April 2008 trage. Eine Befristung komme angesichts einer unklaren Entwicklung von T ... und seiner Betreuungsbedürftigkeit nicht in Betracht.
Gegen dieses Urteil richtet sich die zulässige und fristgerecht begründete Berufung des Antragstellers. Der Unterhaltsanspruch sei verwirkt, da die Antragsgegnerin schon seit April 2006 mit ihrem Lebensgefährten zusammenlebe. Er meint, darüber hätte das AG Beweis erheben müssen. Der Lebensgefährte der Antragsgegnerin habe schon im Mai 2008 ein Grundstück erworben. Im April 2009 beabsichtige die Antragsgegnerin einen Umzug ins gemeinsame Eigenheim. Zumindest aber hätte das AG den Unterhaltsanspruch herabsetzen müssen. Die Antragsgegnerin könne 1.320 EUR aus halbschichtiger Tätigkeit verdienen. Dies sei auch nicht unbillig im Hinblick auf die Kinder, da der Mindestbedarf gedeckt sei. Außerdem sei ihr ein Wohnwert anzurechnen, da die Antragsgegnerin die Zins und Tilgungsbelastungen nicht trage und nun er von der Bank als Gesamtschuldner in Anspruch genommen werde. Schließlich habe das AG eine monatlich Ratenzahlung von 400, EUR auf einen Kredit ...