Rz. 357
Das Zusammenleben in einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft wirkt sich auf die Gewährung von Prozess- oder Verfahrenskostenhilfe nicht aus. Zwar erscheint es erwägenswert, dem vermögenslosen Partner die Leistungen des anderen – etwa den Wert der Haushaltsführung – als Einkommen zuzurechnen. Denn nach § 115 ZPO sind alle Einkünfte in Geld oder Geldeswert ohne Rücksicht darauf, ob hierauf ein Rechtsanspruch besteht, dem Einkommen zuzurechnen. Andererseits begründen die im Rahmen der nichtehelichen Lebensgemeinschaft dem Partner erbrachten Leistungen aber auch keinen Freibetrag im Sinne § 115 Abs. 1 Nr. 2b ZPO, weil der Freibetrag nur für unterhaltsberechtigte Personen anzuerkennen ist, die Partner einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft aber gegeneinander keine gesetzlichen Unterhaltsansprüche haben. Aus diesem Grund kommt die Zurechnung eines fiktiven Einkommens für den haushaltsführenden Partner einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft auch nicht in Betracht. Anderes gilt natürlich dann, wenn wegen des Vorhandenseins eines gemeinsamen Kindes ein Unterhaltsanspruch nach § 1615l BGB besteht.
Rz. 358
Lebt jedoch ein Partner in nichtehelicher Lebensgemeinschaft mit einer anderen Person zusammen, die kein eigenes Einkommen hat, so bestehen zwar gleichfalls über § 1615l BGB hinaus keine Unterhaltsansprüche dieser Person. Führt der das Einkommen beziehende Partner jedoch einen Rechtsstreit oder ein Verfahren, so dürfte es zutreffend sein, die im Rahmen der Bedarfsgemeinschaft gewährten Leistungen im Rahmen der Prüfung seiner Bedürftigkeit als besondere Belastung heranzuziehen. Denn die Verfahrens- oder Prozesskostenhilfe ist staatliche Fürsorge im Bereich der Rechtswahrnehmung, weshalb sich auch die Frage, welche Belastungen einem Beteiligten zumutbar sind, an sozialrechtlichen Grundsätzen orientiert, wie sich aus den Verweisungen auf das SGB XII in § 115 Abs. 1 und 3 ZPO ergibt. Steht also das Einkommen der Partei nicht in vollem Umfang für den eigenen Lebensbedarf zur Verfügung, dient es vielmehr auch dem Lebensunterhalt einer weiteren Person, so kann dies nicht unberücksichtigt bleiben, auch wenn eine gesetzliche Unterhaltspflicht nicht besteht und diese Person nicht unter den in § 115 ZPO erwähnten Personenkreis fällt. Soweit das Einkommen im Rahmen der Gewährung von SGB II Leistungen an die Lebensgefährtin herangezogen werden, ist das einzusetzende Einkommen um den sozialhilferechtlich berücksichtigten Betrag als besondere Belastung im Sinne des § 115 Abs. 1 Nr. 5 ZPO zu vermindern. Während allerdings das OLG Stuttgart eine Analogie zu § 115 Abs. 1 Nr. 2a ZPO herstellt und einen Abzug in Höhe des Freibetrages für einen Ehegatten vornimmt, ermittelt das OLG Frankfurt korrekterweise den von dem leistungsfähigen Partner im Rahmen der sozialrechtlichen Bedarfsberechnung aufzubringenden Betrag. Dieser Betrag kann den Berechnungen des Jobcenters entnommen werden. Wegen der Anrechnung im Übrigen vgl. oben Rdn 314 ff.
Rz. 359
Im Rahmen der Bedürftigkeitsprüfung ist gemäß § 115 Abs. 3 ZPO auch das Vermögen der Partei oder des Beteiligten einzusetzen, zu dem auch ein realisierbarer Anspruch auf Leistung eines Prozesskostenhilfevorschusses zählt. Der Anspruch basiert auf § 1360a Abs. 4 BGB und setzt eine gesetzliche Unterhaltspflicht voraus, Da eine Unterhaltspflicht im Rahmen der nichtehelichen Lebensgemeinschaft gerade nicht besteht, besteht auch kein Anspruch auf Leistung eines Prozesskostenvorschusses.