Rz. 360
Dass Streitigkeiten zwischen den Partnern einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft nicht in die Zuständigkeit der Familiengerichte fallen, folgt unmittelbar aus dem Gesetz, weil sie nicht unter den Katalog der Familiensachen in § 111 FamFG fallen. Ausnahmen gelten allein für Gewaltschutzsachen nach § 111 Nr. 6 FamFG, für die nach § 23a Abs. 1 Nr. 1 GewSchG auch dann die Familiengerichte zuständig sind, wenn die Beteiligten nicht miteinander verheiratet sind.
Rz. 361
Abgrenzungsprobleme ergeben sich aber dann, wenn beide Partner gemeinsam Mieter einer Mietwohnung sind und einer der beiden von dem anderen den Gesamtschuldnerausgleich wegen eines Anteils an der Wohnraummiete beansprucht. Hier könnte es sich es sich einerseits um eine in die Zuständigkeit der Amtsgerichte fallende Streitigkeit aus einem Mietverhältnis über Wohnraum handeln, andererseits aber auch um eine zivilrechtliche Streitigkeit, die bei entsprechendem Streitwert in die Zuständigkeit des Landgerichts fällt.
Rz. 362
Das OLG München hat mit seiner Entscheidung vom 15.5.2012 ausgeführt, dass der Streit nicht das zwischen beiden Parteien als Mieter und einem Dritten als Vermieter bestehende Wohnraummietverhältnis zum Gegenstand hat, sondern die davon zu trennende Rechtsbeziehung der Parteien untereinander als Mieter. Selbst dann, wenn man als Anspruchsgrundlage für die erforderliche Mitwirkung bei der Kündigung als eine Nebenpflicht aus dem abgeschlossenen Mietvertrag ansieht, ist der persönliche Anwendungsbereich des § 23 Nr. 2a GVG nicht eröffnet. Streitigkeiten von auf einer Seite als Mieter oder Vermieter stehenden Personen sind von Sinn und Zweck der Regelung nicht erfasst.
Rz. 363
Weitere Abgrenzungsprobleme können sich dann ergeben, wenn ein Partner während des Zusammenlebens in einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft Leistungen für den anderen erbringt und diese zurückfordert, nachdem die Ehe, die beide im weiteren Verlauf miteinander geschlossen haben, gescheitert ist. Das OLG Dresden mit einer Entscheidung vom 29.11.2013 die Zuständigkeit des Familiengerichts angenommen, weil es sich um eine sonstige Familiensache im Sinne § 266 FamFG handelt. Denn es werden Ansprüche zwischen ehemals miteinander verheirateten Parteien verfolgt, die im Zusammenhang mit der Scheidung stehen. Diese Bestimmung beschränkt die verfolgten Ansprüche ausdrücklich nicht auf solche aus der Ehezeit. Erforderlich ist nur der Zusammenhang mit der Trennung oder Scheidung. Der Zusammenhang mit der Beendigung der ehelichen Lebensgemeinschaft liegt vor, wenn der Rechtsstreit durch die familienrechtlichen Verhältnisse nicht unwesentlich mitgeprägt ist. Der erforderliche inhaltliche Zusammenhang kann rechtlicher oder wirtschaftlicher Art sein und ist vor allem bei naheliegenden und häufig vorkommenden Folgen oder Begleiterscheinungen der Beendigung einer Ehe gegeben. Insoweit ist das Tatbestandsmerkmal "im Zusammenhang mit der Trennung oder Scheidung" weit auszulegen.
Rz. 364
Ergebnis:
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Streitigkeiten zwischen den Partnern einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft sind keine Familiensachen |
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Streitigkeiten zwischen den Partnern einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft über Pflichten aus einem gemeinsam begründeten Mietverhältnis sind keine Streitigkeiten über Ansprüche aus einem Mietverhältnis im Sinne § 23 Nr. 2a GVG. |
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Werden Ausgleichsansprüche wegen solcher Leistungen geltend gemacht, die vor einer späteren Eheschließung erbracht worden sind, kann es sich um eine sonstige Familiensache nach § 266 FamFG handeln. |