Rz. 580
Im Fall des Todes eines der Partner einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft bestehen gesetzliche Erbansprüche des überlebenden Partners nicht. Insbesondere scheidet die direkte oder analoge Anwendung der Vorschriften der §§ 1931, 1932, 1371 BGB aus, so dass der gesamte Nachlass des Verstorbenen auch dann dessen gesetzlichen Erben anfällt, wenn darin wesentliche wirtschaftliche Werte des überlebenden Partners enthalten sind. Das gilt auch dann, wenn die Partner sich zusätzlich verlobt hatten.
Rz. 581
Ein Erbanspruch des überlebenden Partners kann deshalb nur dann entstehen, wenn zu seinen Gunsten eine Verfügung von Todes wegen errichtet worden ist. Wegen der möglicherweise bestehenden schuldrechtlichen Ansprüche des Überlebenden gegen die Erben oder auch umgekehrt vgl. oben Rdn 574 ff.
Rz. 582
Nach heute allgemeiner Meinung verstoßen Testamente zugunsten der Partner der nichtehelichen Lebensgemeinschaft regelmäßig nicht gegen die guten Sitten (§ 138 BGB). Insoweit hat sich seit den 70-er Jahren ein erheblicher Beurteilungswandel vollzogen. Während die Rechtsprechung in den 60-er Jahren des 20. Jahrhunderts noch davon ausging, dass Zuwendungen im Rahmen eines "Geliebtentestaments" im Zweifel eine Belohnung für geschlechtliche Hingabe darstellen, was gemäß § 138 Abs. 1 BGB ihre Nichtigkeit wegen Verstoßes gegen die guten Sitten zur Folge hatte, hat die neuere Rechtsprechung diese Vermutung aufgegeben. Es gilt zwar immer noch die Grundannahme, nach der eine Zuwendung sittenwidrig und damit nichtig ist, die ausschließlich den Zweck verfolgt, geschlechtliche Hingabe zu belohnen oder zu fördern. Jetzt hat aber derjenige, der sich auf die Sittenwidrigkeit der testamentarischen Regelung beruft, diese Zweckbestimmung zu beweisen. Da dieser Beweis schwer oder gar nicht zu führen sein wird, scheitern testamentarische Zuwendungen an den Partner der nichtehelichen Lebensgemeinschaft heute regelmäßig nicht mehr an § 138 BGB.
Rz. 583
Angesichts der in § 1 ProstG zum Ausdruck gekommenen Wertung können ohnehin Zweifel daran geboten sein, ob die Grundannahme der Rechtsprechung noch aufrecht zu erhalten ist. Dagegen spricht auch die Tatsache, dass im Fall langjährigen Zusammenlebens gar schon eine moralische Verpflichtung zur Unterhalts- und Alterssicherung angenommen worden ist.
Rz. 584
Die Erbeinsetzung des Partners oder der Partnerin kann sich jedoch unter dem Gesichtspunkt der damit verbundenen Benachteiligung von Familienangehörigen als sittenwidrig und nichtig erweisen. Das Erbrecht wird aber von dem Grundsatz der Testierfreiheit beherrscht, der seinerseits unter dem Schutz der Erbrechtsgarantie des Grundgesetzes steht. Deshalb wird der Wille des Erblassers grundsätzlich auch nicht durch moralische Pflichten gegenüber ihm nahe stehenden Personen oder durch das der gesetzlichen Erbfolge zugrunde liegende sittliche Prinzip begrenzt. Nur in besonders schwerwiegenden Ausnahmefällen kann im Einzelfall die Sittenwidrigkeit und damit die Nichtigkeit der letztwilligen Verfügung zugunsten des nichtehelichen Partners angenommen werden. Das kann beispielsweise der Fall sein, wenn die durch das Testament zum Ausdruck gekommene Gesinnung des Testators eine besonders familienfeindliche ist. Eine vorhandene Ehefrau und mit dieser gemeinsame Kinder dürfen durch die Erbeinsetzung nicht zu sehr benachteiligt werden.
Rz. 585
Um diese Feststellung treffen zu können, bedarf es einer genauen Abwägung aller Umstände des Einzelfalls, wobei die Dauer der Lebensgemeinschaft sowie der Ehe, die Verhältnisse während der Ehe und die Versorgung eventuell vorhandener Kinder gegeneinander abzuwägen sind.
Rz. 586
Verschlossen ist den Partnern indes die Möglichkeit der Errichtung eines gemeinschaftlichen Testaments. Denn dieses kann nach dem ausdrücklichen Willen des Gesetzes nur von Eheleuten errichtet werden. Ein gleichwohl errichtetes Testament kann aber in ein einseitiges umgedeutet werden, sofern nur die Formerfordernisse erfüllt sind und festgestellt werden kann, dass der Wille des Erblassers dahin ging, den anderen gegebenenfalls auch ohne wechselseitige Begünstigung zum Erben einzusetzen.
Rz. 587
Das kann etwa dann der Fall sein, wenn eine von beiden Partnern geplante wechselseitige Erbeinsetzung nicht zustande gekommen ist, weil der überlebende Partner (noch) nicht unterschrieben hat. Kann jetzt festgestellt werden, dass der Erblasser die Erbeinsetzung auch ohne entsprechende Verfügung des anderen vorgenommen hätte, so ist die von ihm eigenhändig geschriebene und unterschriebene Erklärung eines "gemeinschaftlichen Testaments" als ein einseitiges Testament wirksam.
Rz. 588
Wollten die gemeinsam testierenden Partner der nichtehelichen Lebensgemeinschaft jedoch die Erbfolge im Verhältnis zueinander unter beiderseitigem Ausschluss der gesetzlichen Erbfolge regeln, so ist vom Verhältnis der Wechselbezüglichkeit der Erbeinsetzungen auszugehen, die eine Umdeutung in wirksame Einzeltestamente ausschließt.