Rz. 372
Für Eheleute gilt die Norm des § 1362 BGB. Nach der wird zugunsten des Gläubigers eines Ehegatten vermutet, dass die im Besitz eines oder beider Ehegatten befindlichen beweglichen Sachen dem jeweiligen Schuldner gehören. Diese Eigentumsvermutung gilt nach § 739 ZPO gerade auch im Fall der Zwangsvollstreckung gegen einen Ehegatten. Eine unmittelbare oder auch nur analoge Anwendung auf die Partner nichtehelicher Lebensgemeinschaften scheidet aber aus.
Rz. 373
Das hat im Fall der Sachpfändung gegen einen der Partner weitreichende Konsequenzen. Würde nämlich ein Gläubiger eines der Partner aus einem gegen diesen erstrittenen Titel in solche Sachen vollstrecken, die sich in der Wohnung der Partner befinden, so würde dann, wenn beide verheiratet wären, nach §§ 1362 BGB, 739 ZPO die Vermutung für Eigentum und Gewahrsam des Schuldners sprechen. Da beide Vorschriften hier nicht gelten, könnte der Partner, der nicht Schuldner ist, gegen die Pfändung die Drittwiderspruchsklage erheben mit der Folge, dass der Gläubiger den zumeist nicht zu führenden Nachweis des Alleineigentums des Schuldners zu führen hätte. Miteigentum oder Mitgewahrsam ermöglichen die Pfändung nur dann, wenn seitens des Miteigentümers die Bereitschaft zur Herausgabe besteht (§ 809 ZPO).
Rz. 374
Da Leistungen an den Partner – abgesehen vom Fall der Unterhaltspflicht nach § 1615l BGB – nicht in Erfüllung einer gesetzlichen Unterhaltspflicht erfolgen, führen diese – anders als Unterhaltsleistungen unter Ehegatten – auch nicht zu einer Erhöhung der Pfändungsfreigrenzen nach §§ 850c oder 850f Abs. 1c ZPO oder auch nur zur Berücksichtigung als besonderer Umstand im Sinne des § 765a ZPO. Die genannten Vorschriften sind auf die nichteheliche Lebensgemeinschaft auch nicht entsprechend anwendbar.
Rz. 375
Andererseits führt die Führung eines gemeinsamen Haushalts aber auch nicht dazu, dass dem haushaltsführenden Partner ein verschleiertes Arbeitseinkommen im Sinne des § 850h ZPO angerechnet werden kann, in das hinein die Vollstreckung betrieben werden könnte. Das wäre nur dann der Fall, wenn zwischen den Partnern ein Arbeitsvertrag bestände, was regelmäßig nicht der Fall ist, oder wenn die Haushaltsführung üblicherweise vergütet würde. Die Haushaltsführung ist jedoch der Beitrag des Partners zur gemeinsamen Lebensführung, der auf der anderen Seite entsprechende Gegenleistungen gegenüber stehen.
Rz. 376
Der Pfändung unterliegt, soweit dies der Billigkeit entspricht, der gesetzliche Taschengeldanspruch eines Ehegatten gegen den anderen (§ 850b ZPO). Der Taschengeldanspruch ist Teil des nach §§ 1360, 1360a BGB gesetzlich geschuldeten Unterhalts. Da es innerhalb der nichtehelichen Lebensgemeinschaft gesetzliche Unterhaltsansprüche gerade nicht gibt, besteht auch kein pfändbarer Anspruch auf Zahlung eines Taschengeldes.
Rz. 377
Ist wegen der Räumung einer Mietwohnung zu vollstrecken, die die Partner genutzt haben, so ist zwischen dem Fall der Vermietung an beide Partner oder an nur einen von beiden zu differenzieren.
1. Beide Partner sind Mitmieter
Rz. 378
Ist die Wohnung an beide Partner vermietet oder ist einer der beiden im Verlauf des Mietverhältnisses mit Zustimmung des Vermieters in die Wohnung aufgenommen worden, so ist auch dieser Partner Mitbesitzer und Gewahrsamsinhaber, weshalb die Herausgabevollstreckung einen Vollstreckungstitel gegen beide Partner voraussetzt. Der Mitbesitz muss sich dabei allerdings aus den Umständen klar und eindeutig ergeben.
2. Nur einer der Partner ist Mieter
Rz. 379
Ist nur einer der Partner Mieter, so stellt sich die Frage, ob der Vermieter im Fall der Räumungsvollstreckung einen Räumungstitel gegen beide Partner benötigt. Einerseits wird darauf abgestellt, dass nur der Mieter über die alleinige Sachherrschaft verfügt, so dass ein Titel allein gegen ihn genügt, ein Räumungstitel gegen den Mieter allein also ausreicht. Das ist insbesondere dann der Fall, wenn der Partner, der nicht Mitmieter geworden ist, ohne oder gar gegen den Willen des Vermieters in die Wohnung aufgenommen worden ist und dort auch erst kurze Zeit gelebt hat.
Rz. 380
Andererseits wird darauf abgestellt, dass auch der nicht mietende Partner Gewahrsam im Sinne des Vollstreckungsrechts besitzt, weshalb ein Räumungstitel auch gegen ihn erwirkt werden muss.
Rz. 381
In keinem Fall ist der nicht mietende Partner schutzlos. Im Räumungsverfahren gegen den Mieter kann er sich als Nebenintervenient (§ 66 ZPO) beteiligen, weil er durch einen möglichen Räumungstitel betroffen sein könnte. Auch kann er aus eigenem Recht Besitzschutzanträge nach § 721 ZPO stellen.
Rz. 382
Befinden sich in der Wohnung auch noch minderjährige Kinder, so sind diese wegen des über sie bestehenden Sorgerechts der Eltern und der sozialen Abhängigkeit zu diesen Besitzdiener und keine Mitbesitzer, weshalb gegen sie kein eigenständiger Räumungstitel erwirkt werden muss.
Rz. 383