Dr. Julia Bettina Onderka, Dr. Michael Pießkalla
Rz. 186
Nach der Anm. zu Nr. 2300 VV RVG darf der Gebührensatz von 1,3 nur überschritten werden, wenn die Tätigkeit umfangreich oder schwierig ist. Gilt dies auch in den Fällen, in denen der Anwalt für mehrere Auftraggeber tätig ist? Dagegen spricht entscheidend, dass es sich dann in durchschnittlich schwierigen oder umfangreichen Fällen überhaupt nicht auswirken würde, dass der Anwalt mehrere Auftraggeber hat. Diese Überlegung hat der Gesetzgeber im Rahmen des 2. KostRMoG einer ausdrücklichen Regelung zugeführt. In VV 1008 Anm. Abs. 4 ist angeordnet, dass sich im Fall der Anmerkungen zu den Gebühren 2300 und 2302 der Gebührensatz oder Betrag dieser Gebühren entsprechend erhöht. Der Schwellenwert von 1,3 bezieht sich daher nur auf die Tätigkeit für einen Auftraggeber. Wird der Anwalt dagegen für mehrere Auftraggeber in einer durchschnittlichen Angelegenheit tätig, ist von einer Geschäftsgebühr von 1,3 auszugehen und diese dann entsprechend der Zahl der Auftraggeber um jeweils 0,3 zu erhöhen.
Rz. 187
Beispiel
Anwalt A wird von Fahrer, Halter und Versicherer beauftragt, die außergerichtliche Forderung des Unfallgegners (7.000 EUR) abzuwehren. Die Angelegenheit ist durchschnittlich umfangreich und schwierig.
Der Rechtsanwalt erhält bei drei Auftraggebern aus einem Gegenstandswert von 7.000 EUR:
1. 1,9-Geschäftsgebühr, VV 2300, 1008 |
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847,40 EUR |
2. Auslagenpauschale, VV 7002 |
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20,00 EUR |
Zwischensumme |
867,40 EUR |
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3. Umsatzsteuer, VV 7008 |
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164,81 EUR |
Gesamt |
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1.032,21 EUR |
Rz. 188
Kann der Schwellenwert überschritten werden, weil die Angelegenheit überdurchschnittlich umfangreich oder überdurchschnittlich schwierig ist, wird zunächst die Geschäftsgebühr berechnet und sodann entsprechend der Zahl der Auftraggeber erhöht. Zur Frage der Haftung mehrere Auftraggeber für die Gebührenansprüche des Anwalts vgl. die Ausführungen unten (siehe § 3 Rdn 10 ff.).
Rz. 189
Beispiel
Anwalt A wird von Halter, Fahrer und Versicherer mit der Abwehr von Ansprüchen in Höhe von 100.000 EUR aus einem Verkehrsunfall beauftragt.
Aufgrund der Beurteilung eines sehr komplizierten Unfallverlaufs ist eine 1,5-Geschäftsgebühr angemessen. Der Anwalt erhält unter Berücksichtigung der Erhöhung für zwei weitere Auftraggeber aus einem Wert von 100.000 EUR:
1. 2,1-Geschäftsgebühr, VV 2300, 1008 |
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3.475,50 EUR |
2. Auslagenpauschale, VV 7002 |
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20,00 EUR |
Zwischensumme |
3.495,50 EUR |
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3. Umsatzsteuer, VV 7008 |
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664,15 EUR |
Gesamt |
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4.159,65 EUR |