Dr. Julia Bettina Onderka, Dr. Michael Pießkalla
Rz. 246
Beauftragt ein rechtsschutzversicherter Mandant seinen Anwalt mit der Einholung einer Deckungszusage bzw. mit der weiteren Wahrnehmung der versicherungsrechtlichen Interessen gegenüber dem Rechtsschutzversicherer, so erhält der Anwalt für diese Tätigkeit eine eigene Geschäftsgebühr. Die Einholung der Deckungszusage ist eine eigene Angelegenheit und daher, soweit der Anwalt dies nicht ausdrücklich als kostenlose Regulierungshilfe übernimmt, gesondert zu vergüten. Eine Studie des Soldan Instituts für Anwaltsmanagement e.V. hat ergeben, dass 87 % aller befragten Rechtsanwälte die versicherungsrechtliche Abwicklung mit dem Rechtsschutzversicherer für den Mandanten kostenlos vornehmen. Diese Praxis sollte jedenfalls dann überdacht werden, wenn sich die Regulierungshilfe als zeitraubende Angelegenheit herausstellt, weil die Regulierungspraxis des Versicherers von unberechtigten Nachfragen und Rechnungskürzungen geprägt ist.
Rz. 247
Gegenstandswert sind die Kosten, von denen der Mandant befreit werden möchte, also die eigenen Anwaltskosten sowie diejenigen des Gegners und die Gerichtskosten.
Rz. 248
Beispiel
Fahrer F hat einen Verkehrsunfall verursacht und wird auf Schadensersatz in Höhe von 5.000 EUR in Anspruch genommen. Er wendet sich an Anwalt A, der ihn im Prozess vertreten soll. F teilt mir, dass er eine Verkehrsrechtsschutzversicherung habe, bei der A eine Deckungszusage einholen möge.
A kann für die Einholung der Deckungszusage – durchschnittliche Tätigkeit – folgende Gebühren aus einem Wert von 2.517,90 EUR (Kostenstufe: bis 3.000 EUR) in Rechnung stellen:
1. 1,3-Geschäftsgebühr, VV 2300 |
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288,60 EUR |
2. Auslagenpauschale, VV 7002 |
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20,00 EUR |
Zwischensumme |
308,60 EUR |
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3. Umsatzsteuer, VV 7008 |
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58,63 EUR |
Gesamt |
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367,23 EUR |
Der Gegenstandswert setzt sich zusammen aus: den Gerichtskosten erster Instanz (3 Gebühren aus 5.000 EUR nach Nr. 1210 KV GKG: 483,00 EUR) sowie den Anwaltskosten für Mandant und Gegner bei einem Gegenstandswert von 5.000 EUR (jeweils 1,3-Verfahrensgebühr (434,20 EUR), 1,2-Terminsgebühr (400,80 EUR), Auslagenpauschale (20,00 EUR), 19 % Umsatzsteuer = 2.517,90 EUR).
Rz. 249
Teilweise wird allerdings auch die Ansicht vertreten, dass ohne den anwaltlichen Hinweis auf das entstehende Honorar die Einholung der Deckungszusage nur einen "Annex" des jeweiligen Mandates darstelle. Insofern sollte der Mandant vorsorglich darauf hingewiesen werden, dass er die Kosten für die Deckungsanfrage selbst bezahlen muss.
Rz. 250
Der Rechtsschutzversicherer ist nicht eintrittspflichtig, weil das Vorgehen gegen ihn selbst nicht vom Versicherungsschutz umfasst ist und Verzug nicht vorliegt. Durch die Deckungszusage an sich wird auch kein Gebührenanspruch des Anwalts begründet. Auch der Gegner bzw. sein Haftpflichtversicherer haben für die Kosten der Deckungsanfrage regelmäßig nicht aufzukommen. Denn den Mandanten trifft insoweit eine Obliegenheit zur Schadensminderung, in deren Rahmen er die Deckungsanfrage selbst vorzunehmen hat.
Rz. 251
Hinweis
Eine Erstattungspflicht des gegnerischen Haftpflichtversicherers für diese Kosten wird dann bejaht, wenn dieser zu Unrecht die Zahlung verweigert und in Verzug gerät.