Dr. Julia Bettina Onderka, Dr. Michael Pießkalla
Rz. 42
Verfügt der Mandant über eine Rechtsschutzversicherung, die auch Mandate aus dem Verkehrszivilrecht abdeckt, so sind zwei Punkte zu beachten:
a) Eingeschränkter Leistungsumfang nach ARB
Rz. 43
Die Vergütung für eine Beratung – mag sie nun auf einer Gebührenvereinbarung oder auf den Vorschriften des BGB beruhen – ist in erster Linie vom Mandanten zu tragen. Dieser wiederum kann seine Anwaltskosten, soweit sie nicht der Unfallgegner erstattet, bei seinem Rechtschutzversicherer geltend machen. Dabei ist allerdings eine mögliche Einschränkung des Leistungsumfangs durch die Allgemeinen Rechtsschutzbedingungen zu beachten. Nach Ziff. 2.3.1.2 der Muster-ARB 2019 (herausgegeben vom Gesamtverband der Versicherungswirtschaft, GDV) kann der Rechtsschutzversicherer in Fällen wie z.B. der Beratung, für die das RVG keine der Höhe nach bestimmte Gebühr festsetzt, seine Einstandspflicht begrenzen. Einige Unternehmen haben die erstattungsfähige Vergütung für eine Beratung auf die gesetzliche Kappungsgrenze beschränkt.
Rz. 44
Hinweis
Soweit der Mandant bei einem Unternehmen rechtschutzversichert ist, das eine solche Beschränkung in seine ARB aufgenommen hat, sollte der Anwalt bei Übernahme des Mandates darauf hinweisen, dass ggf. ein Teil der Vergütung vom Mandanten selbst getragen werden muss. Er erspart sich damit Diskussionen und Zahlungsschwierigkeiten nach Abschluss der Angelegenheit, wenn der Mandant im Rahmen der Abrechnung erfährt, dass sein Versicherer eben nicht – wovon gemeinhin ausgegangen wird – sämtliche Kosten übernimmt.
b) Rationalisierungsabkommen
Rz. 45
Einige Rechtsschutzversicherer bieten Anwälten für die außergerichtliche Tätigkeit den Abschluss sog. Rationalisierungs- oder Kooperationsabkommen an, in denen die Beratung pauschal mit einem Festbetrag abgerechnet wird. Dieser liegt je nach Versicherungsunternehmen zwischen 60 und 150 EUR. Der Abschluss eines solchen Abkommens führt zu einem unmittelbaren Anspruch des Anwalts gegen den Versicherer, während im Normalfall nur der Versicherungsnehmer aufgrund seiner vertraglichen Beziehungen Freistellung von bzw. Erstattung der Anwaltsgebühren verlangen kann.
Rz. 46
Ob der Anwalt eine solche Festgebühr mit dem Versicherer vereinbart, bleibt ihm überlassen. Die Gebührenreferenten der Rechtsanwaltskammern halten diese Vereinbarungen aus berufs- und gebührenrechtlichen Gründen zumindest teilweise für unzulässig.
Folgendes ist darüber hinaus zu bedenken: Die von den Versicherern angebotenen Gebührensätze liegen mitunter deutlich unterhalb der gesetzlich vorgesehenen Kappungsgrenze für die Beratung von Verbrauchern (250 EUR) und sogar unterhalb der Kappungsgrenze für die – im Verhältnis zur Beratung weniger aufwendige – Erstberatung (190 EUR). Die damit zwangsläufig verbundene Gebühreneinbuße versuchen Rechtsschutzversicherer der Anwaltschaft mit einem verringerten Verwaltungsaufwand und der Perspektive schmackhaft zu machen, die Kooperationsanwälte ihren Versicherungsnehmern aktiv zu empfehlen. Abgesehen davon, dass sowohl die Zeitersparnis als auch konkrete Vorteile aus einer Steigerung der Mandatszahlen oftmals ausbleiben, bestehen gegen solche Abkommen auch weitergehende Bedenken: Die Vergütung für eine Beratung wird – soweit der Anwalt keine Gebührenvereinbarung abschließt – nach den Vorschriften des BGB bestimmt. Sollte sich der Abschluss von sog. Rationalisierungs- und Kooperationsabkommen auch nur für einen bestimmten Rechtsbereich auf breiter Ebene durchsetzen, besteht die Gefahr, dass die dort eingesetzten Pauschalgebühren künftig als "übliche Gebühr" angesehen werden, die sich auch derjenige Anwalt entgegenhalten lassen muss, der ein solches Abkommen ganz bewusst nicht unterzeichnet hat.