Dr. Julia Bettina Onderka, Dr. Michael Pießkalla
Rz. 31
Der Auftrag muss sich auf eine erste Beratung beziehen. Die Beratung kann dabei nur in einem mündlichen Rat oder in einer mündlichen Auskunft bestehen, da der Wortlaut auf ein Beratungsgespräch abstellt. Für eine schriftliche Erstberatung gegenüber einem Verbraucher – welche in der Praxis allerdings einen Ausnahmefall darstellen dürfte – ist die Kappungsgrenze von 190 EUR also auch ohne Gebührenvereinbarung nicht einschlägig.
Rz. 32
Eine erste Beratung liegt vor, wenn der Mandant sich wegen des Gegenstandes, auf den sich seine Bitte um Rat oder Auskunft bezieht, zum ersten Mal an den Rechtsanwalt wendet. Gemeinhin wird die Erstberatung als eine "Einstiegsberatung" bzw. als eine pauschale, überschlägige Beratung charakterisiert. Der Anwalt muss insoweit noch kein vollständiges Ergebnis präsentieren. Nach dem Willen des Gesetzgebers endet der Normbereich der Erstberatungsgebühr, wenn die erste Beratung beendet oder wenn die begonnene Beratung wegen ihres Beratungsgegenstandes unterbrochen ist, z.B. weil der Mandant weitere Unterlagen beibringen muss. Die dann folgende Fortsetzung der Beratung, bei der der Mandant weitere Unterlagen beibringt oder sich mit Zusatzfragen an den Anwalt wendet, ist keine Erstberatung mehr, es sei denn, die erste Besprechung ist lediglich wegen Terminschwierigkeiten vertagt worden.
Rz. 33
Beispiel
Fahrer F wendet sich noch am Unfallort telefonisch an Anwalt A und bittet um Rat, wie er sich gegenüber Polizei und Unfallgegner verhalten soll. Einige Tage später erscheint F dann in der Praxis des A und bringt die Kostenkalkulation seiner Werkstatt mit. Er fragt A unter nochmaliger Schilderung des Unfallverlaufs, ob und welche Schäden er vom Gegner ersetzt verlangen kann.
Die telefonische Beratung kann als Erstberatung eingestuft werden. Beim späteren Besuch in der Praxis macht F zwar erstmals mögliche Schadensersatzansprüche geltend. Es handelt es sich aber um eine weitere Beratung im Hinblick auf denselben Verkehrsunfall, womit der Bereich der Erstberatung verlassen wird.
Rz. 34
Die Abgrenzung der Erstberatung von einer Beratung muss im Einzelfall anhand der konkreten Umstände vorgenommen werden. Maßgeblich sind u.a. die Dauer des Gesprächs, die Bandbreite und Schwierigkeit der erörterten Rechtsfragen sowie der Umfang des Tatsachenmaterials, mit denen sich der Anwalt auseinander zu setzen hat. Verschiebt der Rechtsanwalt die Beratung ohne weitere Ausführungen auf einen späteren Termin, weil er sich zunächst sachkundig machen muss, ist der weitere Termin eine Erstberatung, da für die bloß vorläufige Auskunft im ersten Termin überhaupt kein Honorar anfällt. Andererseits kann auch schon innerhalb des ersten Besprechungstermins inhaltlich die Grenze dessen überschritten werden, was man unter pauschaler und überschlägiger Beratung versteht.