Rz. 263

Der Anwalt erhält die 1,2-Terminsgebühr auch dann, wenn Besprechungen ohne Beteiligung des Gerichts zur Vermeidung oder Erledigung eines Verfahrens geführt werden, soweit er bereits einen Klageauftrag hat (vgl. zur Abgrenzung von der Geschäftsgebühr Rdn 79 ff.). Die Besprechung muss der Anwalt nicht selbst aktiv führen. Ausreichend ist es, wenn er an der Besprechung teilnimmt und jederzeit in der Lage ist, in den Verlauf des Gesprächs einzugreifen.[180] Auch eine bestimmte Anwesenheits- oder Mitwirkungsdauer wird man nicht festlegen können. Von einer Mitwirkung kann man aber nur dann sprechen, wenn die Teilnahme des Rechtsanwalts inhaltlich oder zeitlich so umfassend war, dass er überhaupt in der Lage war, dem Gespräch eine gewisse Richtung zu verleihen.

 

Rz. 264

Die Besprechung kann bei einem persönlichen Treffen oder auch telefonisch erfolgen.[181] Es reicht auch aus, dass der Rechtsanwalt an dem Termin lediglich telefonisch teilnimmt, während sein Mandant mit dem Gegner persönlich zusammensitzt. Soweit das OLG Koblenz sogar den Austausch anwaltlicher E-Mails für eine Besprechung hat ausreichen lassen,[182] hat der BGH dieser sehr weitgehenden Auslegung zutreffend eine Absage erteilt.[183] Nach dem allgemeinen Sprachgebrauch erfordere eine Besprechung die mündliche oder fernmündliche Äußerung von Worten in Rede und Gegenrede, so dass der Austausch von Schriftzeichen per Brief, Telefax, SMS oder E-Mail nicht genügen könne.

 

Rz. 265

Das Gespräch muss nicht unmittelbar mit dem Gegner geführt werden. Vielmehr genügt auch eine Besprechung mit dem gegnerischen Anwalt oder auch dem (nicht mitverklagten) Versicherer.[184]

 

Rz. 266

Inhaltlich kann die Besprechung im Austausch von Sachargumenten, in Ausführungen zur Rechtslage oder auch nur aus dem "Abfragen" der Vergleichsbereitschaft bestehen. Eine streitige Auseinandersetzung ist nicht erforderlich.

 

Rz. 267

 

Hinweis

Nach einer Entscheidung des OLG Koblenz[185] wird die Terminsgebühr schon dadurch ausgelöst, dass der Beklagtenanwalt die Zahlung der Forderung ankündigt und um Rücknahme der Klage bittet.[186]

 

Rz. 268

Erschöpft sich das Gespräch allerdings in Belanglosigkeiten oder gar Beleidigungen oder ist der Gesprächspartner von vornherein weder besprechungs- noch einigungsbereit, wird man nicht davon ausgehen können, dass es sich um eine Besprechung im Sinne von Abs. 3 handelt. Denn schließlich wäre ein solches Gespräch nicht geeignet, das Verfahren zu erledigen oder zu vermeiden.[187]

 

Rz. 269

Die Besprechung muss auf die Vermeidung oder Erledigung des Verfahrens gerichtet sein, wobei ein entsprechender Erfolg des Gesprächs nicht Voraussetzung für das Entstehen der Terminsgebühr ist.[188] Auf die Erledigung des Verfahrens ist eine Besprechung auch schon dann gerichtet, wenn sie nur dazu dient, das Verfahren abzukürzen.

 

Rz. 270

 

Beispiel

F klagt nach einem Verkehrsunfall auf Zahlung von Schmerzensgeld. Der Beklagte bestreitet sowohl die unfallursächliche Verletzung als auch die von F behaupteten Verletzungsfolgen. Die Prozessbevollmächtigten einigen sich in einer Besprechung, dass die Verletzung dem Grunde nach nicht mehr bestritten wird. Damit wird eine gerichtliche Beweisaufnahme (Einholung eines Sachverständigengutachtens) vermieden.

 

Rz. 271

Ziel und/oder Inhalt des Gesprächs müssen nicht notwendigerweise auf eine vergleichsweise Regelung des Verfahrens gerichtet sein. Die Besprechung kann auch mit dem Ziel geführt werden, den Kläger zur Klagerücknahme oder den Beklagten zu einem Anerkenntnis/einer freiwilligen Zahlung zu veranlassen.[189] Auch ein Gespräch über die Modalitäten einer einvernehmlichen Erledigung des Rechtsstreits mit der Kostenfolge des § 91a ZPO können ausreichen. Es geht vorrangig darum, den Gerichten Aufwand zu ersparen.

 

Rz. 272

 

Beispiel

F erwägt nach einem Verkehrsunfall eine Klage auf Zahlung von Schmerzensgeld und erteilt A einen entsprechenden Prozessauftrag. Dieser fordert den gegnerischen Versicherer V zunächst außergerichtlich zur Zahlung auf. Als dieser sowohl die Verletzung als auch die geltend gemachten Verletzungsfolgen bestreitet, legt A in einer Besprechung ein privates medizinisches Sachverständigengutachten vor. Daraufhin zahlt V die geforderte Summe.

 

Rz. 273

Soweit in Vorb. 3 Abs. 3 VV RVG a.F. davon die Rede war, dass die Terminsgebühr durch Besprechungen ohne Beteiligung des Gerichts anfällt, war damit nicht gemeint, dass eine Beteiligung des Gerichts an der Besprechung gebührenschädlich ist. Es entsteht gleichwohl die Terminsgebühr in Höhe von 1,2.[190] Inzwischen ist dies durch die Neufassung der Vorschrift ("auch ohne Beteiligung des Gerichts") auch vom Gesetzgeber klargestellt worden.

 

Rz. 274

Ob der Mandant sich zuvor mit der Durchführung einer Besprechung einverstanden erklärt hat, ist für die Entstehung der Terminsgebühr unbeachtlich. Die Durchführung einer Besprechung liegt im pflichtgemäßen Ermessen des Anwalts. Zur Vermeidung von Diskussionen sollte allerdings der Auftrag auch zur Führung solcher Gespräche berechtigen, da ...

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