Rz. 35
Die grundsätzliche Entscheidung des Arbeitgebers darüber, ob er seinen Arbeitnehmern die private Nutzung von Internet und E-Mail neben der dienstlichen Nutzung erlaubt oder diese verbietet, hat wesentliche Auswirkungen auf seine Kontrollbefugnis. Da der Arbeitgeber als Gläubiger der Arbeitsleistung ein berechtigtes Interesse an der Überwachung des Nutzungsverhaltens seiner Arbeitnehmer hinsichtlich seiner Internet- und E-Mail-Nutzung hat, ist es wichtig, die Auswirkungen eines Verbots oder einer Erlaubnis der privaten Nutzung zu kennen. Ebenso wichtig ist es zu wissen, dass den äußerst weit reichenden technischen Kontrollmöglichkeiten eine Vielzahl rechtlicher Grenzen gesetzt sind. Diese rechtlichen Grenzen werden im Wesentlichen vom allgemeinen Persönlichkeitsrecht, dem Datenschutzrecht, dem Fernmeldegeheimnis und den Mitbestimmungsrechten des Betriebsrats (vgl. auch § 2 Rdn 3 ff.) gesetzt.
Rz. 36
Die Kontrolle von Internet- und E-Mail-Nutzung spielt sich auf der Grundlage widerstreitender Grundrechtspositionen ab. Das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Arbeitnehmers einerseits ist abzuwägen gegen das Persönlichkeitsrecht des Arbeitgebers sowie dessen Grundrecht aus Art. 14 GG andererseits. Dabei sind die formale Seite der Datenübermittlung und die damit zusammenhängende Überwachung immer vom Persönlichkeitsrecht des Arbeitgebers und dessen Grundrecht aus Art. 14 GG gedeckt. Hierzu gehören Schutzvorkehrungen zur Sicherung der ungestörten dienstlichen Kommunikation, wie z.B. die Verwendung von Passwörtern oder Zahlencodes, die Verschlüsselung von E-Mails und die Installierung von besonderen Virenschutzprogrammen.
Rz. 37
Eine inhaltliche Kontrolle dagegen scheitert in vielen Fällen am allgemeinen Persönlichkeitsrecht des Arbeitnehmers. Das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Arbeitnehmers aus Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG umfasst nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts neben dem Recht auf Schutz des gesprochenen Wortes insbesondere auch das Recht auf informationelle Selbstbestimmung, d.h. das Recht des Betroffenen auf den Schutz aller seiner persönlichen Daten. Die Beantwortung der Frage, ob durch die Kontrolle von Internet- und E-Mail-Nutzung ein Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht vorliegt, hängt davon ab, ob die berechtigten Interessen des Arbeitgebers die Interessen des Arbeitnehmers am Schutz seiner Daten bzw. Dateninhalte überwiegen. Das allgemeine Persönlichkeitsrecht gewährt ein umfassendes objektives Recht auf Achtung und Entfaltung der Persönlichkeit und wirkt sich als Ausfluss der Grundrechte aus Art. 2 Abs. 1 bzw. Art. 1 Abs. 1 GG auf das gesamte Privatrecht, demzufolge auch auf das Arbeitsrecht aus. Einfachgesetzlich ist der Schutz des allgemeinen Persönlichkeitsrecht in § 75 Abs. 2 BetrVG verankert. Dieser regelt, dass Arbeitgeber und Betriebsrat die Persönlichkeit der im Betrieb beschäftigten Arbeitnehmer zu schützen und zu fördern haben (vgl. auch § 2 Rdn 20).
Rz. 38
Ob die Kontrolle von Internet- und E-Mail-Nutzung eine rechtswidrige Persönlichkeitsverletzung des Betroffenen darstellt, kann im Grunde nur anhand der Besonderheiten jedes Einzelfalls beurteilt werden. Die Reichweite des allgemeinen Persönlichkeitsrechts ist zum einen sehr groß, die Beschränkungsmöglichkeiten sind zum anderen äußerst vielseitig. Da es sich beim allgemeinen Persönlichkeitsrecht um ein sog. Rahmenrecht handelt, kann bei der Prüfung, ob eine Überwachung der Internet- und E-Mail-Nutzung eine Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts darstellt, nicht wie bei anderen Rechtsnormen unter feste Tatbestandsmerkmale subsumiert werden. Deswegen ist meist eine einzelfallbezogene Interessenabwägung erforderlich. Eine Überwachungs- und Kontrollmaßnahme ist normalerweise dann zulässig, wenn sie nach Inhalt, Form und Begleitumständen das gebotene und schonendste Mittel zur Erreichung des verfolgten Ziels darstellt.
Rz. 39
Der Arbeitnehmer hat schon mit dem Abschluss des Arbeitsvertrages akzeptiert, dass er im Rahmen seines Arbeitsverhältnisses gewissen Einflüssen auf seine Privat- und Eigensphäre ausgesetzt ist. Deshalb ist es weitgehend unbestritten, dass der Arbeitnehmer im Rahmen des Arbeitsverhältnisses Beeinträchtigungen seines Persönlichkeitsrechts in einem gewissen Umfang hinnehmen muss. Beeinträchtigungen nur geringfügiger Natur muss der Arbeitnehmer deshalb dulden, insbesondere wenn sie in Zusammenhang mit der Kontrolle der von ihm tatsächlich erbrachten und dem Arbeitgeber geschuldeten Arbeitsleistung stehen.
Im Zusammenhang mit der Internet- und E-Mail-Nutzung ist eine Protokollierung der äußeren Verbindungsdaten zulässig. Hierzu gehören die Daten, die die Art des genutzten Dienstes beschreiben sowie den Umfang des Datenverkehrs und die zeitlichen Eckdaten der Verbindungsaufnahmen. Diese Zulässigkeit der Datenfeststellung besteht selbst dann, wenn dem Arbeitgeber durch die Verbindungsaufnahme zum Internet keine separaten Kost...