Was bei der Mitarbeiterüberwachung erlaubt ist
In seinem Logistikzentrum in Winsen erfasst der Onlineversandhändler Amazon mittels Handscannern ununterbrochen Daten zu Arbeitsschritten der Beschäftigten. Für die niedersächsische Datenschutzbehörde ein klarer Verstoß gegen datenschutzrechtliche Bestimmungen. Das Verwaltungsgericht (VG) Hannover hielt das Vorgehen von Amazon dagegen für zulässig. Die Mitarbeiterüberwachung erfolge nicht heimlich und sei aus logistischen Zwecken nötig.
Für Arbeitgeber stellt sich häufig die Frage: Wann und in welchem Rahmen ist eine Überwachung der Beschäftigten überhaupt erlaubt?
Arbeitsrecht: Wo die Mitarbeiterüberwachung ihre rechtlichen Grenzen findet
Der Arbeitgeber hat bei der Mitarbeiterüberwachung immer die individuellen Rechte von Arbeitnehmenden, die Mitbestimmung des Betriebsrats und den Datenschutz zu berücksichtigen. Grundsätzlich verstößt jede Art von Mitarbeiterüberwachung gegen das Persönlichkeitsrecht des Arbeitnehmenden aus Art. 2 Abs. 1 GG i. V. m. Art. 1 Abs. 1 GG in Gestalt des Rechts am eigenen Bild und der informationellen Selbstbestimmung. Ein solcher Grundrechtseingriff muss daher immer verhältnismäßig sein.
Mitarbeiterüberwachung und Datenschutz
Mit der Mitarbeiterüberwachung ist regelmäßig eine Datenverarbeitung verbunden. Für eine zulässige Datenerhebung, insbesondere von personenbezogenen Daten, ist grundsätzlich ein "Erlaubnisgrund" erforderlich, beispielsweise durch Einwilligung der Mitarbeitenden. Das bedeutet, dass Unternehmen verpflichtet sind, konkret und präzise über die Überwachungsmaßnahmen aufzuklären, zu denen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter einwilligen müssen. Die Erlaubnis kann sich darüber hinaus aus § 26 BDSG bei konkretem Verdacht einer Straftat oder aus anderen spezialgesetzlichen Vorschriften ergeben.
Mehr zum Datenschutz im Betrieb lesen Sie in unserem Beitrag: Grundsätze zum Beschäftigungsdatenschutz im Unternehmen.
Dürfen Arbeitgeber die E-Mail- und Internetnutzung am Arbeitsplatz überwachen?
Eine häufige Form der Mitarbeiterüberwachung ist die E-Mail- und Internetüberwachung, insbesondere durch den Einsatz sogenannter "Keylogger". Die Kontrolle ist regelmäßig am Persönlichkeitsschutz der Arbeitnehmenden oder auch an Datenschutzbestimmungen zu messen. Ist die private Nutzung von E-Mail oder Internet im Unternehmen erlaubt, dürfen Arbeitgeber private E-Mails und Internetnutzung aufgrund des Persönlichkeitsrechts und des Fernmeldegeheimnisses inhaltlich gar nicht kontrollieren. Eine Ausnahme besteht nur in Fällen des Straftatverdachts oder in Notfällen.
Auch wenn der Arbeitgeber die private Internetnutzung im Unternehmen verboten hat, darf er private E-Mails der Beschäftigten am Arbeitsplatz nur eingeschränkt überwachen. Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gilt auch dann, wenn private Mails am Arbeitsplatz verboten sind. (Lesen Sie dazu: EGMR erhöht Voraussetzung für Mitarbeiterüberwachung). Damit eine stichprobenartige Kontrolle der Internet- und E-Mail-Nutzung von Arbeitnehmenden zulässig erfolgen kann, empfiehlt es sich, das Verbot der Privatnutzung und zulässige Kontrollmaßnahmen in einer Betriebsvereinbarung festzulegen.
Der Einsatz von "Keyloggern" - also Softwareprogrammen, die bei Dienstcomputern ohne Einwilligung des oder der Mitarbeitenden Tastatureingaben erfassen und speichern oder Screenshots anfertigen - ist nur erlaubt, wenn ein konkreter Verdacht einer Straftat oder von schweren arbeitsvertraglichen Pflichtverletzungen besteht.
Kamera: Mitarbeiterüberwachung per Video
Um zu beurteilen, ob eine Videoüberwachung zulässig ist, muss unterschieden werden, ob der oder die Mitarbeitende von der Überwachung Kenntnis hat oder nicht. Eine offene Kameraüberwachung am Arbeitsplatz ist dann erlaubt, wenn sie einen legitimen Zweck verfolgt. Dieser liegt beispielsweise vor, wenn der Arbeitgeber im Einzelhandel seine Ware vor Diebstählen schützen will. Die Überwachung darf nach gängiger BAG-Rechtsprechung die Mitarbeitenden nicht lediglich schikanieren oder unter Beobachtungsdruck setzen, und sie muss im Einzelfall verhältnismäßig sein (BAG, Urteil v. 14.12.2004, 1 ABR 34/03).
Verdeckt installierte Videokameras darf der Arbeitgeber grundsätzlich nicht verwenden - weder, um das Eigentum und andere Rechtsgüter des Arbeitgebers präventiv vor unredlichen Arbeitnehmenden zu schützen, noch, um die Arbeitsleistung der Mitarbeitenden zu kontrollieren. In Ausnahmefällen kann eine heimliche Videoüberwachung gerechtfertigt sein – nämlich dann, wenn ein ganz konkreter Verdacht einer Straftat oder anderer schwerer Vertragsverletzung eines Mitarbeiters oder einer Mitarbeiterin am Arbeitsplatz besteht und die Überwachung die einzige Möglichkeit zur Aufklärung ist.
Mehr zur Videoüberwachung am Arbeitsplatz lesen Sie in unserem Beitrag: Wann eine Videoüberwachung zulässig sein kann.
Mitarbeiterüberwachung per GPS
Ob durch einen GPS-Peilsender oder durch die Ortung des Diensthandys: Der Aufenthalt des Arbeitnehmenden und die entsprechenden Bewegungsdaten sind vielfach geschützt - einerseits durch das Telekommunikationsgesetz, aber auch durch das Bundesdatenschutzgesetz (BDSG). Die Standortdaten von Mitarbeitenden dürfen daher nur unter sehr engen Voraussetzungen genutzt werden, beispielsweise mit Einwilligung des oder der Mitarbeitenden. Der Arbeitgeber darf sich die Standortdaten keinesfalls heimlich und ohne Wissen der Arbeitnehmenden verschaffen.
Mitarbeiterüberwachung im Homeoffice: Was ist erlaubt?
Grundsätzlich gilt bei der Mitarbeiterüberwachung im Homeoffice nichts anderes als am üblichen Arbeitsplatz: Technisch ist vieles möglich, aber nicht jede Form der Überwachung ist zulässig. Eine Mitarbeiterüberwachung ist grundsätzlich in Grenzen anerkannt, beispielsweise um Verstöße der Arbeitnehmenden gegen arbeitsvertragliche Pflichten festzustellen oder Leistungsverhalten zu beurteilen. Arbeitgeber müssen dabei jedoch immer die geltenden Datenschutzgesetze, die individuellen Rechte der Arbeitnehmenden sowie Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats beachten.
Für die Überwachung im Homeoffice heißt das: Der Arbeitgeber kann und muss die Arbeitszeit der Mitarbeitenden erfassen können. Daher ist eine Auswertung der Login-Daten als zulässig anzusehen. Seit dem Grundsatzurteil des BAG zur Arbeitszeiterfassung stellt sich die Frage nicht mehr, ob Arbeitgeber, die Arbeitszeit von Mitarbeitenden überprüfen dürfen. Arbeitgeber sind danach schon jetzt verpflichtet, die tägliche und wöchentliche Arbeitszeit systematisch zu erfassen.
Während Zeiterfassungssysteme sinnvoll sind, um der Zeiterfassungspflicht der täglichen Arbeitszeit zu genügen, sieht es anders mit dem Einsatz von Spionagesoftware auf dem PC aus, um die Aktivität von Beschäftigten aufzuzeichnen, oder dem Einsatz von Privatdetektiven, die kontrollieren, dass der oder die Mitarbeitende während der Arbeitszeit im Homeoffice bleibt. Beides ist nur bei einem dringenden Verdacht einer Straftat oder gravierenden Pflichtverletzung erlaubt.
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