Rz. 251

Der Ehegatte ist nach § 1931 BGB gesetzlicher Erbe des Verstorbenen neben den Verwandten. Über das Erbrecht soll dem Ehegatten die Teilhabe an dem gemeinsam erwirtschafteten Vermögenszuwachs gesichert werden. Die Teilhabe der Verwandten an dem Nachlass bestimmt sich nach der Nähe der Verwandten zu dem Verstorbenen. Das Erbrecht im Zuge der Verwandtschaft bestimmt sich deshalb nach Ordnungen. Erben erster Ordnung sind die Abkömmlinge gem. § 1924 BGB, Eltern sind Erben zweiter Ordnung gem. § 1925 BGB, Großeltern sind Erben dritter Ordnung gem. § 1925 BGB. Es gilt grundsätzlich das Prinzip der Erbfolge nach Stämmen, d.h., Abkömmlinge des Erben nehmen dessen Erbposition ein. Das Erbrecht bleibt also dieser Ordnung erhalten, sollte der gesetzlich bestimmte Erbe vorverstorben sein und Abkömmlinge hinterlassen. Dieses Prinzip wird, sollten neben dem Ehegatten keine Erben der ersten oder zweiten Ordnung und keine Großeltern vorhanden sein, nach § 1931 Abs. 2 BGB aufgegeben. Aufgrund des dann relativ entfernten Verwandtschaftsgrades wird in dieser Situation das Erbrecht des Ehegatten als vorrangig gesehen.

 

Rz. 252

Das gesetzliche Erbrecht des Ehegatten ist in den §§ 19311934 BGB geregelt und besteht neben dem Erbrecht der Verwandten. Die Quote seiner Erbbeteiligung ist abhängig davon, wer neben ihm Erbe wird. Die Anzahl der weiteren Erben verändert jedoch grundsätzlich seine Erbbeteiligung nicht. Nach der Gesetzessystematik ist der Ehegatte als Erbe privilegiert und erhält zunehmendes Gewicht, je entfernter die mit ihm gemeinsam zur Erbfolge berufenen Verwandten des Erblassers mit diesem verwandt sind. Der Ehegatte wird wie die anderen Erben neben diesen Vollerbe und erhält nicht nur ein bloßes Nießbrauchsrecht am Nachlass oder eine Vorerbenstellung.

 

Rz. 253

Der Ehegatte erbt neben den Abkömmlingen des verstorbenen Ehegatten oder neben den Verwandten höherer Ordnung, den Eltern, Großeltern oder Seitenverwandten des Erblassers. Der Ehegatte erhält die ganze Erbschaft, wenn weder Verwandte der ersten oder der zweiten Ordnung, noch Großeltern des Erblassers vorhanden sind, § 1931 Abs. 2 BGB.

 

Rz. 254

Neben der Frage, wer mit dem Ehegatten zum Erben berufen ist, beeinflusst das Güterrecht die Erbquote. Die Anzahl der Kinder hat nur für den Fall der Gütertrennung Bedeutung, anderenfalls beeinflusst die Anzahl der Kinder nicht die Erbquote des überlebenden Ehegatten.

 

Rz. 255

Das Erbrecht der Lebenspartner entspricht dem Erbrecht der Ehegatten. Im Weiteren wird begrifflich nur noch auf Ehegatten abgestellt, die Ausführungen gelten jedoch auch für Lebenspartner. Lebenspartner haben gem. §§ 10 Abs. 1 bis Abs. 3 LPartG ebenso ein gesetzliches Erbrecht, das dem Ehegattenerbrecht nachgebildet ist.

 

Rz. 256

Nicht ehelichen Lebensgefährten steht kein gesetzliches Erbrecht zu. § 1931 BGB ist auch nicht analog anwendbar. Es besteht insoweit keine planwidrige Regelungslücke, sodass eine Analogie nicht gebildet werden kann und es dabei verbleibt, dass Lebensgefährten einer nicht ehelichen Lebensgemeinschaft keine gesetzlichen Erben sind.[199]

a) Bestehen einer wirksamen Ehe

 

Rz. 257

Der Ehegatte ist nur dann erbberechtigt, wenn er mit dem verstorbenen Ehegatten in einer wirksamen Ehe gelebt hat. Ob die Ehe wirksam ist, bestimmt sich nach § 1310 BGB. Für das Ehegattenerbrecht ist es unerheblich, wie lange die Ehe zum Zeitpunkt des Todes bereits bestanden hat oder ob man getrennt lebte. Das Ehegattenerbrecht ist erst dann ausgeschlossen, wenn die Ehe vor dem Tod des Erblassers rechtskräftig geschieden wurde, § 1564 BGB oder aufgehoben war, § 1313 BGB.

b) Nicht- oder Scheinehe und Doppelehe

 

Rz. 258

Eine Nichtehe entfaltet keine erbrechtlichen Wirkungen. Eine Ehe besteht nicht im gesetzlichen Sinne, wenn schwerwiegende formelle oder materielle Mängel bestehen und die Eheschließung deshalb ohne familienrechtliche Wirkungen bleibt. Dies ist beispielsweise dann der Fall, wenn die Ehe nicht vor einem Standesbeamten, sondern nur vor einem Geistlichen geschlossen wird. Hierunter fällt nicht die Scheinehe, da diese formell wirksam geschlossen wurde und nur gem. § 1313 BGB auf Antrag aufgehoben werden kann. Eine Scheinehe besteht gem. § 1314 Abs. 1 Nr. 5 BGB, wenn die Eheleute zwar formell wirksam heiraten, aber sich einig sind, keine eheliche Lebensgemeinschaft gem. § 1353 BGB begründen zu wollen. Auch der Ehegatte einer Scheinehe ist aufgrund der formell wirksamen Ehe erbberechtigt.

 

Rz. 259

Davon abzugrenzen ist die Doppelehe. Wenn der Erblasser mehrfach verheiratet war, sind beide überlebenden Partner erbberechtigt. Für jeden Ehegatten ist gesondert seine Erbquote zu prüfen. Der höhere Ehegattenerbteil ist in Ansatz zu bringen und dann unter den mehreren Ehegatten im Verhältnis der ihnen eigentlich zustehenden Erbteile zu verteilen.

 

Rz. 260

Wurde ein Ehegatte für tot erklärt und hat der andere Ehegatte eine neue Ehe geschlossen, so gilt die frühere Ehe mit der Schließung der neuen Ehe gem. § 1319 Abs. 2 BGB als aufgelöst. Dabei bleibt es gem. § 1319 Abs. 2 S. 2 BGB auch für den Fall, dass die...

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