Dr. iur. Thomas Eder, Petra Gartz
Rz. 241
Die Ehegatten M und F haften als Gesamtschuldner für Verbindlichkeiten in Höhe von 100.000 EUR im Zeitpunkt der Rechtshängigkeit des Ehescheidungsantrags. M bedient das Darlehen mit einer monatlichen Zahlung in Höhe von 600 EUR, wobei 400 EUR auf den Zins und 200 EUR auf die Tilgung entfallen. Beide Ehegatten hatten ein Anfangsvermögen von 0 EUR. Zum Stichtag für das Endvermögens ist M Alleineigentümer einer Immobilie mit einem Wert in Höhe von 200.000 EUR, F verfügt über einen Bausparvertrag mit angespartem Wert in Höhe von 50.000 EUR. M erzielt ein unterhaltsrechtlich relevantes, bereits boni-bereinigtes Einkommen in Höhe von 3.000 EUR; F ist ohne Einkommen.
aa) Unterhaltsanspruch der F ab Rechtshängigkeit der Scheidung
Rz. 242
Rechenbeispiel
Unterhaltsrechtlich relevantes Einkommen des M |
3.000 EUR |
Schuldendienst |
600 EUR |
= |
2.400 EUR |
Anspruch F nach Halbteilung |
1.200 EUR |
bb) Zugewinnausgleich Variante 1
Rz. 243
Rechenbeispiel
Endvermögen des M |
|
Immobilie |
200.000 EUR |
./. Darlehen |
0 EUR |
Zugewinn M |
200.000 EUR |
Endvermögen der F |
|
Bausparguthaben |
50.000 EUR |
Differenz der beiderseitigen Zugewinne |
150.000 EUR |
Zugewinnausgleichsanspruch der F |
75.000 EUR |
Diese Berechnung berücksichtigt das Doppelverwertungsverbot, weil beide Ehegatten zu gleichen Teilen über den Ehegattenunterhalt die Verbindlichkeiten tilgen, die demnach nicht mehr im Zugewinn angesetzt werden dürfen.
cc) Zugewinnausgleich Variante 2
Rz. 244
Im Rahmen der Bemessung des Unterhaltsanspruchs der F ab Rechtshängigkeit der Scheidung wird die Tilgungsleistung nicht mehr berücksichtigt.
Rechenbeispiel
Endvermögen des M |
|
Immobilie |
200.000 EUR |
./. Darlehen |
100.000 EUR |
Zugewinn M |
100.000 EUR |
Endvermögen der F |
|
Bausparguthaben |
50.000 EUR |
Differenz der beiderseitigen Zugewinne |
50.000 EUR |
Zugewinnausgleichsanspruch der F |
25.000 EUR |
F ist dringend anzuraten, bezüglich der Mithaftung aus der Gesamtschuld den nebengüterrechtlichen Freistellungsanspruch nach Auftragsrecht durchzusetzen.
dd) Zugewinnausgleich Variante 3
Rz. 245
Der nebengüterrechtliche Freistellungsanspruch wird in die Zugewinnbilanz eingestellt:
Rechenbeispiel
Endvermögen des M |
|
Immobilie |
200.000 EUR |
./. Darlehen |
100.000 EUR |
Zugewinn M |
100.000 EUR |
Endvermögen der F |
|
Bausparguthaben |
50.000 EUR |
./. Mithaftung Gesamtschuld |
100.000 EUR |
+ Freistellungsanspruch nach Auftragsrecht |
100.000 EUR |
|
0 EUR |
Differenz der beiderseitigen Zugewinne |
50.000 EUR |
Zugewinnausgleichsanspruch der F |
25.000 EUR |
Rz. 246
Hinweis
Die Tilgungsleistungen des M sind nur bis Rechtshängigkeit des Scheidungsantrags als Stichtag für das Endvermögen bei diesem einkommensmindernd im Rahmen der Unterhaltsberechnung zu berücksichtigen, ansonsten die noch bestehenden Schulden im Rahmen des Zugewinnausgleichs nicht mehr. Ab Rechtshängigkeit nimmt F an der Vermögensmehrung des M durch die Tilgung nicht (mehr) teil, so dass ab Rechtshängigkeit nur noch die Zahlung auf den Zins in Höhe von 400 EUR das unterhaltsrechtliche Einkommen des M mindert.