Rz. 1

Für das Unternehmen stellt sich zu Anfang die Frage, welcher Mitarbeiter für den Auslandseinsatz am geeignetsten ist. Vielfach wird eine Personalauswahl heute nicht mehr nach Kriterien der Geeignetheit durchgeführt, sondern in der Regel wird der Auslandseinsatz von Mitarbeitern dadurch bestimmt, dass zu einem bestimmten Zeitpunkt eine bestimmte Aufgabe im Ausland zu erledigen ist. Das Unternehmen bestimmt einen Mitarbeiter, der diese Aufgaben durchführen soll. Dies führt immer wieder zu erheblichen Verunsicherungen, da die Mitarbeiter möglicherweise für diesen Auslandseinsatz die fachliche Voraussetzungen mitbringen, aber hierfür persönlich nicht geeignet oder ausreichend vorbereitet sind. Im Folgenden wird für den Auslandseinsatz des Mitarbeiters der Begriff Transfer verwendet, da diese Begrifflichkeit die Auslandstätigkeit des Mitarbeiters neutraler beschreibt, als die Begrifflichkeiten Entsendung, Versetzung und Delegation/Abordnung.[1]

 

Rz. 2

Für den zu transferierenden Mitarbeiter stellt sich die Frage, welche arbeits-, sozialversicherungs- und steuerrechtlichen Konsequenzen sich für ihn durch den Auslandseinsatz ergeben. Er hat ein Interesse daran, zu erfahren, wie sichergestellt wird, dass sein sozialer Besitzstand im Inland erhalten bleibt, welche Vor- und Nachteile durch den Auslandsaufenthalt eintreten können und wie diese ausgeglichen werden sollen. Darüber hinaus ist es für ihn wesentlich, zu wissen, wie eine spätere Wiedereingliederung in den Heimatbetrieb erfolgen soll. Erfolgt der Auslandseinsatz auch zur Förderung der beruflichen Karriere des Mitarbeiters, ist es für diesen wesentlich, die Auswirkungen auf seine berufliche Karriere zu erfahren. Er wird ein Interesse daran haben, verbindliche Zusagen insb. zur Wiedereingliederung nach seiner Rückkehr in den Heimatbetrieb seines Arbeitgebers zu erhalten und diese schriftlich zu fixieren.

Selbst bei sog. Projekteinsätzen ist zu bedenken, dass sich der Arbeitnehmer nicht nur für ein oder zwei Wochen im Ausland aufhalten wird, sondern i.d.R. mehrere Monate. Auch für diese Fälle ist eine vertragliche Vorsorge zu treffen, indem festgelegt wird, welche Bedingungen während des Auslandseinsatzes gelten und zu welchen Bedingungen eine Rückkehr geplant ist. Auch bei Projekteinsätzen kann es dazu kommen, dass der Arbeitgeber den Arbeitnehmer nicht mehr auf dem Arbeitsplatz einsetzen kann, den dieser vor der Auslandstätigkeit innehatte. Wenn dies der Fall sein sollte, sollten hierüber klare Absprachen getroffen werden.

Es bietet sich für Unternehmen, die häufig Mitarbeiter ins Ausland transferieren, an, die Bedingungen, die für den Auslandseinsatz und die Wiedereingliederung gelten sollen, in "Entsenderichtlinien" festzuschreiben. Dies hat den Vorteil, dass die allgemeinen Bedingungen für Auslandsaufenthalte festgeschrieben und nicht mit jedem Arbeitnehmer auszuhandeln sind. Durch sie wird eine Gleichbehandlung aller in das Ausland transferierten Arbeitnehmer erreicht. I.R.d. Vertragsgestaltung für den konkreten Auslandseinsatz sind die Richtlinien als Vertragsbestandteil einzubeziehen.

 

Rz. 3

In der Praxis können mit solchen "Entsenderichtlinien" jedoch nicht alle individuellen Fallkonstellationen abgedeckt werden. Einzelheiten bedürfen daher gesonderter vertraglicher Regelungen, welche im Vertrag für den Transfer fixiert werden müssen. Soweit eine solche "Entsenderichtlinie" nicht besteht, sind sämtliche Besonderheiten des Auslandseinsatzes in die vertragliche Vereinbarung aufzunehmen, so dass diese Verträge meist umfangreiche Regelungswerke mit zahlreichen auf den Einzelfall zugeschnittenen Sonderregelungen darstellen.

Die nachfolgenden Ausführungen sollen einen Praxisleitfaden geben, mit dem erste Fälle eines Mitarbeitereinsatzes im Ausland gelöst werden können. Es hat sich gezeigt, dass die sich in der Praxis stellenden arbeitsrechtlichen Fragen am übersichtlichsten dargestellt werden können, wenn zwischen den Fällen des Mitarbeitereinsatzes von Arbeitnehmern deutscher Unternehmen im Ausland und umgekehrt unterschieden wird.

Das 3. Kapitel "Auslandseinsatz von Arbeitnehmern deutscher Arbeitgeber im Ausland" beschäftigt sich daher mit der Frage, was veranlasst und bedacht werden muss, wenn ein deutsches Unternehmen einen Mitarbeiter ins Ausland transferiert.

Das danach folgende 4. Kapitel "Auslandseinsatz von Arbeitnehmern ausländischer Arbeitgeber in Deutschland" befasst sich mit der Frage, woran ein deutsches Unternehmen denken muss, wenn ein ausländischer Arbeitgeber einen Arbeitnehmer in einem deutschen Betrieb einsetzt. Die Darstellung wird sich im Wesentlichen daran ausrichten, wie ein solcher Entsendeprozess im Unternehmen begleitet werden soll, welche Fallstricke auftauchen können und wie diese durch frühzeitige Vorkehrungen umgangen werden können.

Hierbei soll berücksichtigt werden, dass die Interessenlage bei einem Mitarbeitereinsatz eines deutschen Arbeitnehmers im Ausland eine wesentlich andere ist, als die eines ausländischen Mitarbeiters, de...

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