Bernd Kuckenburg, Renate Perleberg-Kölbel
Rz. 509
Im Gegensatz zur Bilanz, in der die am Bilanzstichtag vorhandenen Vermögensgegenstände und Schulden ausgewiesen werden, wobei das Zustandekommen des Jahresergebnisses und unter Umständen auch seine Höhe nicht ersichtlich werden, gibt die Gewinn- und Verlustrechnung als Zeitraumrechnung Auskunft über Art und Höhe der Erfolgsquellen. Die Gewinn- und Verlustrechnung bildet nach § 242 Abs. 3 HGB zusammen mit der Bilanz den Jahresabschluss. Bei Kapitalgesellschaften besteht der Jahresabschluss darüber hinaus aus dem "Anhang" gemäß der §§ 284, 264 HGB.
Im Folgenden braucht nicht mehr auf jede einzelne Position der Gewinn- und Verlustrechnung eingegangen werden, weil vieles schon im Kontext zur Bilanz erörtert wurde.
Die Erfolgswirksamkeit von Rückstellungen beispielsweise führt im Zuge der doppelten Buchführung natürlich auch zu einem Ansprechen von Aufwandskonten.
Im Zusammenhang mit Forderungen wurde weiter beispielsweise die Erfolgswirksamkeit durch die Auswirkung auf die Umsatzerlöse erklärt.
Rz. 510
Unterhaltsrelevanz
Alle Positionen der Gewinn- und Verlustrechnung haben unmittelbar Einfluss auf den ausgewiesenen Gewinn des Unternehmens und sind damit auch Basisgröße des Unterhaltseinkommens. Sie sind deshalb kritisch zu würdigen, d.h. substantiiert zu bestreiten oder zu erläutern. Die Differenz wird im Jahresergebnis ausgewiesen und als Gewinn bzw. Verlust bezeichnet.
Zum unterhaltsrelevanten Einkommen gehören dabei nicht Gewinne aus der Veräußerung von Vermögensgegenständen wie z.B. einer Immobilie. Anders als bei Überschüssen, die auf dem operativen Geschäft fußen, stammen die Mittel aus dem Vermögensstamm und müssen dabei eine planvolle Umschichtung von Vermögen darstellen.
Rz. 511
Hinweis
Dies bedeutet ein besonderes Haftungsrisiko für den Verfahrensvertreter, wenn die Rechtsprechung eine voll inhaltliche und familienrechtliche Überprüfbarkeit aller Positionen des Rechnungswesens annimmt.
Erfolgswirksam, und damit das betriebliche Ergebnis beeinflussend, sind nur betrieblich veranlasste Aufwendungen.
Definition der betrieblichen Aufwendungen:
Betriebliche Aufwendungen sind nur die Aufwendungen, die unmittelbar mit der Erzielung von Einkünften in Zusammenhang stehen.
Gemäß § 4 Abs. 4 EStG (Betriebsausgaben) und § 9 Abs. 1 EStG (Werbungskosten) werden also bei der Ermittlung der Einkünfte nur Aufwendungen berücksichtigt, die durch die Einkünfteerzielung veranlasst sind.
Bei der Frage der Abzugsfähigkeit wird eine Untergrenze dahin gehend definiert, dass bei untergeordneter betrieblicher/beruflicher Mitveranlassung (< 10 %) ein Abzug als Betriebsausgaben/Werbungskosten nicht zulässig ist.
Bei untergeordneter privater Mitveranlassung (< 10 %) sind die Aufwendungen im vollen Umfange als Betriebsausgaben/Werbungskosten abziehbar.
Unterhaltsrechtlich können z.B. nicht pauschal 30 % von den Betriebsausgaben, in denen angeblich Kosten privater Lebensführung versteckt sein sollen, abgezogen werden.
Beispiele: Abgrenzung gemischte private/betriebliche Aufwendungen
Fall 1
Rechtsanwalt R nimmt 2010 während eines 14-tägigen Urlaubs auf Mallorca an einem eintägigen Fachseminar zum Familienrecht in Calviá teil. Die Flugkosten betragen 115 EUR, die Kosten für das Hotel in Palma 1.190 EUR und die für das Seminar 150 EUR. Für Taxifahrten von Palma nach Calviá und zurück zahlt R 50 EUR.
Sind die Kosten Betriebsausgaben und wenn ja, in welcher Höhe?
Fall 2
Der niedergelassene Arzt A besucht 2010 einen Fachkongress in Dublin, Irland. Anreise ist Samstagfrüh. Die Veranstaltung findet ganztägig von Dienstag bis Donnerstag statt.
Am Sonntagabend reist er zurück nach Hause. Die Kosten betragen:
Hotel |
900 EUR |
Kongress |
400 EUR |
Flug |
500 EUR |
Wie hoch ist der Aufteilungsmaßstab der Kosten?
Wie hoch sind die Betriebsausgaben?
Fall 3
Steuerberater S begehrt die hälftige Anerkennung der Kosten für ein Abonnement einer überregionalen Zeitung in Höhe von 26 EUR, die er neben der regionalen Tageszeitung bezieht, als Betriebsausgabe. Diese überregionale Zeitung informiert umfassend auch über die steuerrechtliche Entwicklung.
Wie hoch ist die Betriebsausgabe?
Lösung Fall 1
R kann 212 EUR als Betriebsausgaben geltend machen.
Die Aufwendungen für die Urlaubsreise selbst sind nicht abziehbar.
Die Aufwendungen, die unmittelbar mit dem Fachseminar zusammenhängen, wie die Seminargebühren von 150 EUR, die Fahrtkosten vom Urlaubsort zum Tagungsort von 50 EUR und gegebenenfalls ein Pauschbetrag für Verpflegungsmehraufwendungen sind als Betriebsausgaben bzw. Werbungskosten abziehbar (Flugkosten < als 10 %).
Lösung Fall 2
3/9!
R hat Betriebsausgaben in Höhe von 908,66 EUR.
Entgegen der bisherigen Rechtsprechung ist die Reise nach Ansicht des BFH nicht mehr als Einheit zu betrachten. Die Kosten für zwei Übernachtungen – von Dienstag bis Donnerstag -, sowie die Kongressgebühren, sind ausschließlich dem betrieblichen Bereich zuzuordnen und daher vollständig als Betriebsausgaben abziehbar. Dies sind hier 700 EUR (Hotel: 3 Übernachtungen x 100 EUR +...