Bernd Kuckenburg, Renate Perleberg-Kölbel
Rz. 210
Nach dem Einkommensteuergesetz werden in § 18 EStG beispielhaft Tätigkeiten aufgezählt, die unter die Einkünfte aus selbstständiger Arbeit zu subsumieren sind.
Es gelten zunächst die gleichen Voraussetzungen wie bei den Einkünften aus Gewerbebetrieb. Jedoch muss ein Selbstständiger im Gegensatz zum Gewerbetreibenden auch bei Einsatz von Mitarbeitern aufgrund eigener Fachkenntnisse leitend und eigenverantwortlich tätig sein und der Arbeit sein Gepräge geben.
Rz. 211
Nach H 15.6 EStH 2012 müssen folgende Merkmale für eine selbstständige Arbeit vorliegen:
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Selbstständigkeit |
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Nachhaltigkeit |
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Gewinnerzielungsabsicht |
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Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr und |
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persönlicher Arbeitseinsatz des Steuerpflichtigen |
Rz. 212
▪ Freiberufliche und selbstständige Arbeit:
Unterschieden wird nach Einkünften aus freiberuflicher Arbeit nach § 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG sowie Einkünften aus sonstiger selbstständiger Arbeit nach § 18 Abs. 1 Nr. 3 EStG.
Im Gegensatz zu den gewerblichen Tätigkeiten wird die selbstständige Arbeit durch die Persönlichkeit des den Beruf Ausübenden geprägt (§ 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG).
Rz. 213
▪ Beispiele für eine freiberufliche Tätigkeit:
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selbstständige, wissenschaftliche, künstlerische, schriftstellerische, unterrichtende oder erzieherische Tätigkeit oder |
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selbstständige Arbeit bestimmter Berufsgruppen, der sog. Katalogberufe wie
- Ärzte,
- Rechtsanwälte und
- Steuerberater
oder |
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selbstständige Arbeit, die den Katalogberufen ähnlich sind wie
- Hebammen,
- Heilmasseure und
- EDV-Berater.
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Rz. 214
▪ Beispiele für Einkünfte aus sonstiger selbstständiger Arbeit (§ 18 Abs. 1 Nr. 3 EStG):
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Testamentsvollstrecker, |
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Vermögensverwalter und |
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Aufsichtsratsmitglieder. |
Zur Abgrenzung der selbstständigen zur gewerblichen Tätigkeit wird auf H 15.6 EStH 2012 verwiesen.
Demgegenüber sieht der BFH den selbstständigen Rentenberater nicht als freiberuflich tätig an.
Rz. 215
Besserstellung gegenüber Einkünften aus Gewerbebetrieb
Es besteht keine Gewerbesteuerpflicht (§ 2 Abs. 1 S. 1 GewStG). Dies stellt keinen Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 GG dar.
Sind aber Teile der Einkünfte gewerblich, kann das zur Gewerblichkeit aller Einkünfte führen (Gewerbebetrieb kraft Abfärbung). Ist beispielsweise ein zivilrechtlicher Mitgesellschafter nur weisungsgemäß für gewisse Aufgaben zuständig und nicht bei Ausscheiden an den stillen Reserven beteiligt, kann das bei einer Arztpraxis zur Gewerblichkeit bezüglich aller Einkünfte führen.
Steuerrechtlich ist nämlich eine Mitunternehmerstellung erforderlich, die mit Unternehmerinitiative und Mitunternehmerrisiko erfordert. Fehlt es an einer Vermögensbeteiligung und somit auch an einer Beteiligung an den stillen Reserven der Gesellschaft und liegt eine umsatzabhängige Gewinnbeteiligung vor, fehlt es am Unternehmerrisiko.
Alle Einkünfte sind infiziert und damit gewerbliche Einkünfte gemäß § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG.
Negative Einkünfte aus einer gewerblichen Tätigkeit führen nicht zur Umqualifizierung der vermögensverwaltenden Einkünfte eines GbR.
Dies ist durch das JStG 2019 mit der Neufassung des § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG geändert worden, wonach auch negative Einkünfte z.B. bei einer Besitzgesellschaft zur Gewerblichkeit führen können. Das Problem der Abfärbung stellt sich auch bei der vermögensverwaltenden Personengesellschaft, meistens in der Form der KG, so genannte Zebragesellschaft, die ebenfalls durch gewerbliche Beteiligungen in die Gewerbesteuerpflicht geraten kann. Dies soll nicht gelten, wenn ein "äußerst geringer Anteil" an gewerblicher Tätigkeit gegeben sein soll. Freiberufler können die Art der Gewinnermittlung wählen: entweder die EÜR gem. § 4 Abs. 3 EStG oder den Betriebsvermögensvergleich nach § 4 Abs. 1 EStG ohne allerdings die besonderen Vorschriften des Handelsgesetzbuches beachten zu müssen, da diese nur von Kaufleuten anzuwenden sind.
Rz. 216
Hinweis
Einkünfte aus selbstständiger Arbeit sind in die Anlage S der Einkommensteuererklärung sowie bei EÜR in der Anlage EÜR, AVEÜR, SZE, ER, SE, AVSE, (vgl. Rdn 163, 194, 217 ff.) Auskunfts- und Beleganspruch) einzutragen.