Bernd Kuckenburg, Renate Perleberg-Kölbel
Rz. 194
Die Einkünfte eines Mitunternehmers können als Unterhaltseinkünfte nur dann vollständig beurteilt werden, wenn auch das Ergebnis aus dem Sonderbetriebsvermögen (entsprechende Vorgehensweise bei der EÜR mit Anlagen SE 2015 und Anlage AVSE 2015; siehe auch Rdn 136, 445) herangezogen wird (vgl. Rdn 493 ff.).
Sonderbetriebsvermögen (SBV) ist ein steuerrechtlicher Begriff für Wirtschaftsgüter, die im Privateigentum von einem, mehreren oder allen Mitunternehmern einer Personengesellschaft stehen. Die Wirtschaftsgüter gehören zum Sonderbetriebsvermögen I, wenn sie unmittelbar dem Betrieb der Mitunternehmerschaft dienen. Zum Sonderbetriebsvermögen II gehören Wirtschaftsgüter, die unmittelbar zur Begründung oder Stärkung der Beteiligung des Mitunternehmers an der Personengesellschaft eingesetzt werden und damit die Beteiligung des Gesellschafters fördern. Gewillkürtes Sonderbetriebsvermögen ist möglich, wenn das Wirtschaftsgut geeignet ist, dem Gewerbebetrieb der Mitunternehmerschaft oder der Beteiligung zu dienen. Die Willkürung erfolgt durch Aktivierung in der Sonderbilanz. Die Sonderbilanz weist aktive und passive Wirtschaftsgüter des Sonderbetriebsvermögens I und II aus. Die Sonder-Gewinn- und Verlustrechnung weist Sonderbetriebseinnahmen und Sonderbetriebsausgaben aus. Hierunter fallen bspw. Sondervergütungen der Mitunternehmerschaft an den Mitunternehmer, sonstige Sonderbetriebseinnahmen aus dem Sonderbetriebsvermögen oder Sonderbetriebsausgaben beim Sonderbetriebsvermögen.
Als Sonderbetriebseinnahmen bezeichnet man die neben den Gewinnanteilen auch alle zufließenden Vergütungen. Diese Sonderbetriebseinnahmen werden ebenfalls den Einkünften aus Gewerbebetrieb hinzugerechnet. Als Aufwand mindern sie zwar den Handelsbilanzgewinn der Gesellschaft, nicht aber den steuerlichen Gewinn (damit auch Beispiel für das Auseinanderfallen von Handels- und Steuerbilanz).
Beispiel
A und B sind jeweils mit 50 % an der Up and Away KG beteiligt. Der Handelsbilanzgewinn wird nach dem Gesellschaftsvertrag in dem Verhältnis 1:1 verteilt.
Nach den handelsrechtlichen Vorschriften wird der Bilanzgewinn der KG ermittelt und beträgt 500.000 EUR für das Kalenderjahr 2012.
A ist gleichzeitig als Geschäftsführer der KG tätig und erhält für seine Tätigkeit in 2012 einen Betrag in Höhe von 60.000 EUR.
B hat der KG ein Darlehen in Höhe von 150.000 EUR zur Verfügung gestellt, für das er im Jahr 2012 15.000 EUR Zinsen erhalten hat. Außerdem hat B der KG Räumlichkeiten gegen Zahlung einer Jahresmiete von 30.000 EUR überlassen.
Gehalt sowie Zinsen und Miete von insgesamt 105.000 EUR haben den Handelsbilanzgewinn gemindert.
Lösung
A und B haben folgende Einkünfte aus Gewerbebetrieb:
Handelsbilanzgewinn |
500.000 EUR |
+ Vergütung für Tätigkeit |
60.000 EUR |
+ Vergütung für Hingabe eines Darlehens |
15.000 EUR |
+ Vergütung für Überlassung eines Hauses |
30.000 EUR |
= steuerlicher Gewinn (§ 15 Abs. 1 Nr. 2 EStG) |
605.000 EUR |
|
|
Gesellschafter |
Vorweggewinn |
Handelsbilanz (1:1) |
Einkünfte aus Gewerbebetrieb |
A |
60.000 EUR |
250.000 EUR |
310.000 EUR |
B |
45.000 EUR |
250.000 EUR |
295.000 EUR |
Summen |
105.000 EUR |
500.000 EUR |
605.000 EUR |
Rz. 195
Hinweis
Mitunternehmer haben den auf sie entfallenden Gewinnanteil in dem Veranlagungszeitraum zu versteuern, in dem sie den Gewinn erzielt haben.
Der Auskunfts- und Beleganspruch bezieht sich auf das steuerliche Ergebnis ausweislich der "Erklärung zur gesonderten und einheitlichen Feststellung von Grundlagen für die Einkommensbesteuerung" und dem daraus folgenden Feststellungsbescheid gemäß § 180 AO (Formular: ESt 1B).
Auf die gesellschaftsvertragliche bzw. schuldvertragliche Regelung bezüglich des Sonderbetriebsvermögens, der Sonderbetriebseinnahmen und der Sonderbetriebsausgaben besteht zur vollständigen Beurteilung der Unterhaltseinkünfte ein Auskunfts- und Beleganspruch.
Gleiches gilt für die bei Personengesellschaften fakultativen Ergebnisverwendungsbeschlüssen. Hier besteht eine Haftungsfalle, weil Beteiligung an der Gesellschaft und Gewinnbeteiligung nicht identisch sein müssen.
Beispiel für den Besteuerungszeitraum
A erhält seinen Gewinnanteil für 2012 (Wirtschaftsjahr = Kalenderjahr) in 2013 ausgezahlt.
Lösung
Weil der Gewinn im Veranlagungszeitraum 2012 erzielt worden ist, hat A seinen Gewinnanteil im Veranlagungszeitraum 2012 zu versteuern.
Rz. 196
Bei abweichendem Wirtschaftsjahr wird der Gewinn bei Gewerbetreibenden in dem Kalenderjahr bezogen, in dem das Wirtschaftsjahr endet (§ 4a Abs. 2 Nr. 2 EStG).
Beispiel
A ist Gesellschafter der X-OHG. Der Gewinnanteil für das Wirtschaftsjahr 2012/2013 (1.4.2012 bis 31.3.2013) beträgt 10.000 EUR.
Lösung
Hier gilt, dass der Gewinn in Höhe von 10.000 EUR für A im Kalenderjahr 2013 als bezogen gilt, weil das Wirtschaftsjahr auch 2013 endet.
Hinweis
Die Rechtsprechung des IV. Senats des BFH stärkt die Möglichkeit der Buchwertübertragung von Sonderbetriebsvermögen bei Schenkung des Mitunternehmeranteils, bei Übertragung auf Schwesterpersonengesellschaften und bei Übertragung in das Gesamtha...