Bernd Kuckenburg, Renate Perleberg-Kölbel
Rz. 315
Der BGH hat in seiner überkommenen Rechtsprechung eine AfA für Wohngebäude für unterhaltsrechtlich unbeachtlich erachtet, weil hier – unter Berücksichtigung der Marktentwicklung – ein tatsächlicher Werteverzehr nicht zu beobachten sei.
Die genannte Entscheidung aus 1984 erging zur Einkunftsart "Vermietung und Verpachtung" bei einem Einfamilienhaus. Zu jener Zeit konnte der BGH argumentieren, der tatsächliche Substanzverlust werde durch einen steigenden Verkehrswert von Immobilien stets aufgefangen. So wurde von der Literatur schon stets zu Recht eingewandt, dass sowohl der Substanzverlust als auch der Erhaltungsaufwand nicht gänzlich außer Acht bleiben dürften. Hierfür müssen Rücklagen gebildet werden.
Weiter wird man noch differenzieren müssen,
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ob das Objekt eigengenutzt oder vermietet ist, |
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ob es sich um ein Einfamilienhaus oder ein Mehrfamilienhaus handelt und insbesondere |
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wie sich die Lage des Gebäudes auf die Marktpreisentwicklung auswirkt |
Dies gilt insbesondere auch bei gewerblicher Nutzung von Gebäuden.
Rz. 316
Liegen negative Einkünfte vor, ist zunächst weiter zu überprüfen, ob diese nicht auf steuerlichen Sonderabschreibungen beruhen, so dass diese ohnehin zu eliminieren wären. Zudem wird die Frage zu prüfen sein, ob nicht Vermögensbildung zum Nachteil des Unterhaltsberechtigten vorliegt. Auch die obergerichtliche Rechtsprechung scheint sich einig zu sein, dass die unterhaltsrechtliche Berücksichtigung von steuerlicher AfA für Gebäudeabschreibungen ausscheidet.
Die Literatur vertritt – die Rechtsprechung des BGH aufgreifend – teilweise die Ansicht, Abschreibungen für Gebäudeabnutzung berühren, ebenso wie Tilgungsbeträge, das unterhaltsrechtlich maßgebliche Einkommen nicht.
Diese Rechtsprechung hat der BGH präzisiert und seine ältere Rechtsprechung eingeschränkt. In dieser Entscheidung will der BGH Abschreibungen bei der Einkommensermittlung nur dann unberücksichtigt lassen, wenn es gleichwohl bei negativen Einkünften aus Vermietung und Verpachtung verbleibt. Damit gibt es auch keine Möglichkeit, durch Nichtberücksichtigung der Abschreibungen zu geringeren, negativen Einkünften zu gelangen mit der Folge, dass ein Teil der auf die negativen Einkünfte entfallenden Steuervorteile dem Unterhaltsberechtigten zugutekommen.
Der BGH hebt weiter darauf ab, dass die Abschreibungen im Zusammenhang mit den Zinszahlungen gesehen werden müssen und darauf beruhende negative Einkünfte insgesamt unberücksichtigt zu bleiben haben, wobei in diesem Fall auch die gesamten Steuervorteile dem Unterhaltspflichtigen zugutekommen.
Dies soll aber nur dann gelten, wenn durch die Nichtberücksichtigung der Abschreibungen aus Verlusten aus Vermietung und Verpachtung positive Mieteinnahmen werden. In diesem Falle sind die positiven Einnahmen als Einkommen zu berücksichtigen, ohne dass eine fiktive Steuerberechnung durchzuführen ist.
In der Entscheidung wird auch nochmals der Unterschied zwischen notwendigen Erhaltungsmaßnahmen und wertsteigernden Aufwendungen deutlich gemacht. Während notwendige Erhaltungsmaßnahmen unterhaltsrechtlich zu berücksichtigen sind, braucht sich der Unterhaltsberechtigte wertsteigernden Maßnahmen nicht entgegenhalten zu lassen, da es sich bei derartigen Aufwendungen um einseitige Vermögensbildung handelt.
In seiner neuesten Rechtsprechung lässt der BGH ausdrücklich offen, ob er seine Ansicht der Nichtabzugsfähigkeit der Abschreibungen bei Gebäuden aufrechterhalten will, weil diese grundsätzliche Frage zur Entscheidung nicht anstand. Die Gebäude-AfA ist aber dann zu berücksichtigen, wenn sich z.B. durch Veräußerungsvorgang konkret feststellen lässt, dass die Immobilie einem Wertverlust in Höhe des Abschreibungsbetrages erfahren hat (stichtagsnaher Veräußerungspreis oder Wertgutachten).
Bei der Abzugsfähigkeit der Gebäudeabschreibung ist der BGH also klar positioniert. Bei Einkünften aus Vermietung Verpachtung, die mittels kreditfinanzierter Immobilien erzielt werden, ist nach neuester Rechtsprechung des BGH bis zur erzielten Miete nicht nur die Zins-, sondern auch die Tilgungsleistungen unterhaltsrechtlich zu berücksichtigen.
Hinweis
Auch wegen der geringen Höhe der Abschreibungssätze des Steuerrechts, die oben dargestellt worden sind, ist eine familienrechtliche Anerkennung der Abzugsfähigkeit der steuerlichen AfA geboten. Eine Rezeption der Abschreibungssätze des Steuerrechts ist möglich, weil auch diese Steuersätze langjähriger Erfahrung der Finanzverwaltung entsprechen. Dies muss wenigstens für die lineare Gebäudeabschreibung gelten.
Rz. 317
Daraus ergibt sich folgende Prüfungsfolge:
Beruhen die Verluste aus Vermietung und Verpachtung ausschließlich auf der Abschreibung, sind diese in Fortführung der bisherigen Rechtsprechung unbeachtlich. Daraus lässt sich umgekehrt schließen, dass bei positiven Einkünften die AfA abzugsfähig sein dürfte. Dabei bleibt aber zu differenzieren, ob es sich um notwendigen Erhaltungsaufwand oder um wertsteigernde Verbesserungen ...