Bernd Kuckenburg, Renate Perleberg-Kölbel
Rz. 1113
Anders als beim Inneren Betriebsvergleich werden beim Äußeren Betriebsvergleich nicht Kennzahlen bestimmter Art desselben Betriebes gegenübergestellt, sondern die maßgeblichen Zahlen des zu prüfenden Betriebes werden mit denjenigen in der Branche, Größe und Struktur gleichartiger Betriebe verglichen.
Der Abgleich mit anderen Betrieben setzt eine Vergleichbarkeit voraus.
Rz. 1114
Hinweis
Auch der externe Betriebsvergleich kann vom familienrechtlichen Berater ohne Sachverständige durchgeführt werden.
Rz. 1115
Zudem zieht die Finanzverwaltung den Äußeren Betriebsvergleich unter Anwendung der Richtsatzsammlung vor. Die Richtsatzsammlung weist die üblichen Spannen für Rohgewinnaufschlag auf den Wareneinsatz, Rohgewinn, Reingewinn und Halbreingewinn auf. In der Regel wird eine Verprobung des Rohgewinnaufschlags auf den Wareneinsatz vorgenommen. Die Abweichung des Rohgewinnaufschlags des geprüften Betriebes von der Bandbreite der amtlichen Richtsatzsammlung rechtfertigt für sich allein keinen Zweifel an der formellen Buchführung.
Kommen allerdings weitere Aspekte hinzu, kann dies Zweifel an der Richtigkeit der Buchführung begründen, wenn erhebliche Abweichungen gegeben sind und diese außerhalb aller Unschärfen der Verprobung liegen oder weil bei der Höhe der getätigten Privatentnahmen aus steuerfreien Einnahmen dem Steuerpflichtigen keine ausreichenden Mittel für die private Lebensführung mehr zur Verfügung ständen.
Hier handelt es sich wie beim internen Betriebsvergleich um ein Prüfungsmittel, das der Berater des Unterhaltsgläubigers eigenständig anwenden muss.
Es ist ein einfaches Verprobungsmittel, indem ein Arbeitspapier oder eine Excel-Tabelle erstellt werden kann.
Rz. 1116
Woher erhält man die einschlägigen Vergleichszahlen?
Auskünfte erteilen z.B. über das Internet das Statistische Bundesamt, Industrie- und Handelskammern, Handwerkskammern und allen berufsständischen Pflichtverbände bzw. freiwillige Organisationen, die entsprechende Zahlen veröffentlichen. Auf die Richtsatzsammlung der Finanzverwaltung, die regelmäßig im Stollfuß-Verlag oder im NWB-Verlag veröffentlicht wird, ist ebenfalls zu verweisen.
Derartige Vergleichszahlen liefern Relationsgrößen von Aufwand zu Umsatz der relevanten Branche. Auch werden Positionen wie kalkulatorische Mieten, kalkulatorische Zinsen und kalkulatorischer Unternehmerlohn genannt, die auch bei der Unternehmensbewertung erforderlich sind.
Hervorzuheben ist noch das Material des Statistischen Bundesamtes, das in vierjährigen Abständen Kostenstrukturstatistiken auf freiwilliger und repräsentativer Grundlage veröffentlicht.
Weitere Informationen erteilt das Institut der Handelsforschung an der Universität zu Köln.
Informationsquelle kann beispielsweise auch das Buch von Kottke mit detaillierter Aufteilung von Praxiskosten gemessen an Umsätzen bei Ärzten sein:
Allgemeinärzte |
57 % bis 65 % |
Augenärzte |
58 % bis 61 % |
Orthopäden |
64 % bis 70 % |
Bei diesen Kostengrößen lassen sich erhebliche Abweichungen schnell deutlich machen, so dass bei der niedrigen Darlegungslast ein entsprechendes Abweichen als substantiierter Vortrag zur Erlangung einer sachverständigen Untersuchung ausreichen dürfte.
Rz. 1117
Der Richtsatzvergleich ist demgegenüber ein Hilfsmittel und Anhaltspunkt der Finanzverwaltung. Umsätze und Gewinne der Gewerbetreibenden werden damit verprobt und ggf. bei Fehlen anderer Unterlagen Schätzungen vorgenommen. Derartige Schätzungen dürfen bei formal ordnungsgemäß erstellter Buchführung grundsätzlich nicht erfolgen.
Die Richtsätze werden alljährlich von den Oberfinanzdirektionen ermittelt, in Richtsatzgruppen zusammengefasst und in Form einer Richtsatzsammlung bekannt gegeben.
Die Richtsätze stellen auf die Verhältnisse in einem Normalbetrieb (Richtbetrieb) ab.
Bei der Richtsatzsammlung sind daher die Ergebnisse eines geprüften Betriebes normalisiert, d.h. vergleichbar gemacht worden.
Die Richtsätze werden in Prozentzahlen vom wirtschaftlichen Umsatz für den Rohgewinn, den Halbreingewinn und den Reingewinn ermittelt. Bei den Handelsbetrieben wird daneben der Rohgewinnaufschlagsatz angegeben. Zu den Handelsbetrieben in diesem Sinne gehören auch Bäckereien, Konditoreien, Gast- und Speisewirtschaften, Imbiss-Gaststätten, Fleischereien, Metzgereien, Schlachtereien und Optikerbetriebe. Die Richtsätze bestehen aus einem oberen und einem unteren Rahmensatz sowie einem Mittelsatz. Die Rahmensätze tragen den unterschiedlichen Verhältnissen Rechnung.
Auch im Familienrecht kann eine Zuschätzung nach Richtsatzsammlungen bei nicht deklarierten Einkünften geboten sein.
Rz. 1118
Beispiel
Die Richtsatzsammlung des maßgebenden Jahres enthält für eine bestimmte Branche einen Rohgewinnrahmen in Höhe von 38 % bis 41 %.
Bei der Verprobung des zu prüfenden Betriebes kommt der Betriebsprüfer/Sachverständige im unterhaltsrechtlichen Verfahren auf einen Rohgewinn von nur 20 %. Aufgrund dieser Abweichungen schöpft der Sachverständige Verdacht und geht der Abweichung nach. Dabei stellt er...