Rz. 99
In Strafsachen wird grundsätzlich nach Betragsrahmengebühren abgerechnet. Allerdings sind hier auch Wertgebühren vorgesehen.
Rz. 100
Zunächst ist zu fragen, ob der Anwalt als Verteidiger oder Vertreter eines Beteiligten i.S.d. Teil 4 Abs. 1 VV beauftragt worden war oder nicht.
aa) Nicht als Verteidiger oder Vertreter eines Beteiligten i.S.d. Vorbem. 4 Abs. 1 VV bestellter Anwalt
Rz. 101
War der Anwalt nicht als Vollverteidiger oder Vertreter eines Beteiligten i.S.d. Vorbem. 4 Abs. 1 VV beauftragt, so kommen für ihn nur die Beratungsgebühr nach § 34 Abs. 1 RVG sowie die Prüfungsgebühr nach Nr. 2102 VV in Betracht und Verfahrensgebühren für Einzeltätigkeiten nach Nrn. 4300 ff. VV, Ausnahme Adhäsionsverfahren (Vorbem. 4.3 Abs. 2 VV).
bb) Als Verteidiger oder Vertreter eines Beteiligten i.S.d. Vorbem. 4 Abs. 1 VV bestellter Anwalt
Rz. 102
War der Anwalt (Voll-)verteidiger oder Vertreter eines Beteiligten i.S.d. Vorbem. 4 Abs. 1 VV, so ist in jeder Angelegenheit wie folgt vorzugehen:
(1) Grundgebühr
Rz. 103
Zunächst einmal kommt die Grundgebühr nach Nr. 4100 VV in Betracht (ausgenommen in der Strafvollstreckung). Diese entsteht allerdings nur einmal je Rechtsfall für die erste Einarbeitung. Sie kann also nur in der ersten Angelegenheit entstehen, später nicht mehr.
Rz. 104
Befindet sich der Beschuldigte (oder der Vertretene) während der ersten Einarbeitung nicht auf freiem Fuß (Vorbem. 4 Abs. 4 VV), entsteht diese Gebühr mit Zuschlag (Nr. 4101 VV).
Rz. 105
Eine eventuell wegen derselben Tat vorangegangene Grundgebühr im Bußgeldverfahren ist anzurechnen (Anm. Abs. 2 zu Nr. 4100 VV).
(2) Betriebsgebühr
Rz. 106
Neben der Grundgebühr entsteht in jeder Angelegenheit – auch in der Strafvollstreckung, in der eine Grundgebühr nicht entstehen kann – immer eine Betriebsgebühr. In der Regel handelt es sich um eine Verfahrensgebühr, die für das Betreiben des Geschäfts entsteht und bereits mit Entgegennahme der Information ausgelöst wird (Vorbem. 4 Abs. 2 VV). Nur für die Vorbereitung eines Wiederaufnahmeverfahrens entsteht eine Geschäftsgebühr (Nr. 4136 VV), was in der Sache jedoch keinen Unterschied ausmacht.
Rz. 107
Die Verfahrensgebühr erhält der Anwalt im vorbereitenden Verfahren, in gerichtlichen Verfahren in jeder Instanz, in der Zwangsvollstreckung und für Einzeltätigkeiten, die nicht durch die Verteidigergebühren abgegolten sind.
Rz. 108
Zu beachten ist, dass im erstinstanzlichen gerichtlichen Verfahren die Höhe der Verfahrensgebühr von der Zuständigkeit des Gerichts abhängt.
Rz. 109
Befindet sich der Beschuldigte (oder der Vertretene) auch nur zu irgendeinem Zeitpunkt während des jeweiligen Verfahrensabschnitts nicht auf freiem Fuß (Vorbem. 4 Abs. 4 VV), entsteht die Verfahrensgebühr mit Zuschlag (ausgenommen Wiederaufnahmeverfahren und Einzeltätigkeiten des Verteidigers).
Rz. 110
Vertritt der Anwalt mehrere Auftraggeber, etwa mehrere Nebenkläger oder Privatkläger, dann erhöhen sich die Gebührenrahmen der jeweiligen Verfahrensgebühren oder der Geschäftsgebühr (Nr. 4136 VV) um 30 % je Auftraggeber, höchstens um 200 %. Eine Identität des Gegenstands ist hier nicht erforderlich.
(3) Termine außerhalb der Hauptverhandlung
Rz. 111
Hat der Anwalt an Terminen außerhalb der Hauptverhandlung teilgenommen, erhält er nach Nr. 4102 VV eine Terminsgebühr. Diese deckt bis zu drei Termine je Verfahren ab (Anm. zu Nr. 4102 VV).
Rz. 112
Befindet sich der Beschuldigte (oder der Vertretene) während einem der abgegoltenen Termine nicht auf freiem Fuß, entsteht die Terminsgebühr mit Zuschlag (ausgenommen Termine im Wiederaufnahmeverfahren, Nr. 4140 VV) und Termine als Einzeltätigkeiten des Verteidigers.
(4) Teilnahme an der Hauptverhandlung
Rz. 113
Darüber hinaus erhält der Anwalt für jeden Kalendertag, an dem er an einem Hauptverhandlungstermin teilnimmt, eine Terminsgebühr.
Rz. 114
Diese Gebühr entsteht auch dann, wenn der Termin ausfällt (Vorbem. 4 Abs. 3 S. 2 VV).
Rz. 115
Zu beachten ist, dass im erstinstanzlichen gerichtlichen Verfahren die Höhe der Verfahrensgebühr von der Zuständigkeit des Gerichts abhängt.
Rz. 116
Befindet sich der Beschuldigte (oder der Vertretene) während eines Termins nicht auf freiem Fuß (Vorbem. 4 Abs. 4 VV), entsteht diese Terminsgebühr mit Zuschlag. Der Zuschlag ist für jede Terminsgebühr gesondert zu prüfen.
(5) Zusätzliche Gebühr nach Nr. 4141 VV
Rz. 117
Erledigt sich das Verfahren ohne Hauptverhandlung, so kann der Anwalt bei entsprechender Mitwirkung eine Zusätzliche Gebühr nach Nr. 4141 VV verdienen. Diese Gebühr entsteht immer in Höhe der jeweiligen Verfahrensmittelgebühr, wobei allerdings hier eine Erhöhung nach Nr. 1008 VV nicht zu berücksichtigen ist, wenn der Anwalt mehrere Auftraggeber vertritt.
Rz. 118
Ein Haftzuschlag (Vorbem. 4 Abs. 4 VV) bleibt bei der Zusätzlichen Gebühr nach Nr. 4141 VV ebenfalls außer Ansatz.
(6) Zusätzliche Verfahrensgebühr nach Nr. 4142 VV
Rz. 119
Ist der Anwalt auch mit der Einziehung oder verwandten Maßnahmen beauftragt, so entsteht nach Nr. 4142 VV zusätzlich eine 1,0-Wertgebühr aus dem Wert des betreffenden Gegenstands, sofern dieser nicht niedriger ist als 30,00 EUR (Anm. Abs. 2 zu Nr. 4142 VV).
Rz. 120
Im vorbereitenden Verfahren und im gerichtlichen Verfahren entsteht die Gebühr insgesamt nur einmal (Anm. Abs. 3 zu Nr. 4142 VV).
Rz. 121
Mehrere Auftraggeber sind auch hier erhöhend zu berücksichtigen, wobei hier wieder...