Dr. iur. Alexander Weinbeer
Rz. 9
Die vorstehende Aussage ist aber schon insoweit zu präzisieren, als weniger die Qualifikation des Beteiligten als Anwalt und mehr die Qualifizierung des zugrunde zu legenden Vertragsverhältnisses als anwaltlicher Geschäftsbesorgungsvertrag nach § 675 BGB, der die Rechtsberatung und Rechtsbesorgung i.S.d. § 3 BRAO, § 1 Abs. 3 BORA zum Gegenstand hat, von Bedeutung ist.
Rz. 10
Meist wird von Anwälten kein bestimmter Erfolg geschuldet, sodass das Anwaltsmandat als Dienstvertrag einzuordnen ist, der keine Gewährleistungsansprüche wie das Kauf- oder Werkvertragsrecht vermittelt. In Ausnahmefällen, etwa beim Auftrag zur Erstellung eines Vertrags, steht die Herbeiführung eines konkreten Erfolgs im Vordergrund – dann ist der Anwaltsvertrag ein Werkvertrag.
Rz. 11
Beim Werkvertrag stehen dem Mandanten im Gegensatz zum Dienstvertrag auch verschuldensabhängige Mängelansprüche zu. Primär ist der Rechtsanwalt bei Fehlern seines Werkes gem. § 635 Abs. 1 BGB zur Nacherfüllung, also zur Nachbesserung oder Neuherstellung seines Werkes verpflichtet, falls die Nacherfüllung nicht unmöglich oder unverhältnismäßig aufwendig ist. Außerdem besteht die Möglichkeit zur Selbstvornahme des Mandanten nach §§ 634 Nr. 2, 637 Abs. 1 BGB, wenn der Anwalt erfolglos zur Nacherfüllung in angemessener Frist aufgefordert wurde.
Rz. 12
Liegt ein Werkvertrag vor, besteht nach §§ 634 Nr. 3, 638 BGB die Möglichkeit der Honorarkürzung. Das Dienstvertragsrecht hält dagegen zwar keine Vorschriften über Minderungsrechte vor. Im Ergebnis ist dies häufig aber folgenlos, weil der fehlerhaft arbeitende Anwalt unter schadensersatzrechtlichen Gesichtspunkten auch keinen Anspruch auf Vergütung hat bzw. zu deren Erstattung verpflichtet ist.
Rz. 13
Wesentlich tiefer greifende Auswirkungen hat die Einordnung eines Vertragsverhältnisses von Anwälten als Anwaltsmandat aber mit Blick auf den Umstand, dass der Rechtsanwalt nach § 51 Abs. 1 BRAO verpflichtet ist, eine Berufshaftpflichtversicherung zur Deckung der sich aus seiner Berufstätigkeit ergebenden Haftpflichtgefahren für Vermögensschäden abzuschließen und die Versicherung während der Dauer seiner Zulassung aufrechtzuerhalten.
Rz. 14
Der Hinweis auf die sich aus der Berufstätigkeit ergebenden Gefahren bedeutet nach dem Willen des Gesetzgebers, der sich bei der Regelung von § 51 Abs. 1 BRAO von der Bestimmung des § 1 BRAGO – nun: § 1 RVG – hatte leiten lassen, dass die in § 1 Abs. 2 RVG genannten Tätigkeiten und gewerbliche oder private Aktivitäten von Anwälten nicht dem Bereich der Pflichtversicherung unterfallen.
Rz. 15
Denn nach dem Gesetzeswortlaut und dem gesetzgeberischen Willen soll sich der Deckungsschutz der Versicherung nach § 51 BRAO auf berufliche Aktivitäten beschränken, welche den Anwälten vorbehalten sind und von Personen außerhalb der Anwaltschaft nicht ausgeübt werden können.
Rz. 16
Vom Grundsatz her sind deshalb etwa die Beschäftigungen als Insolvenzverwalter, Testamentsvollstrecker oder Organmitglied in Unternehmen nicht über die Berufshaftpflichtversicherung nach § 51 BRAO versichert, auch wenn diese Ämter häufiger von Anwälten bekleidet sein sollten. Denn sie werden in § 1 Abs. 2 BRAO genannt, wo diese Tätigkeiten ausdrücklich als nicht anwaltlich eingestuft werden.
Rz. 17
Von der Rechtsprechung ist entschieden, dass für Schadensfälle im Zusammenhang
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mit der Geldanlegerkontrolle durch Anwälte, |
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mit der Beteiligung eines Anwalts an Finanztransaktionen oder mit Inkassoarbeiten, bei denen telefonische Kaufangebote über einen Vollstreckungstitel zu prüfen und ggf. nach Abklärung der Zahlungs- und Übergabemodalitäten anzunehmen waren, |
keine Deckung über die Berufshaftpflichtversicherung besteht.
Rz. 18
Es soll aber nicht unerwähnt bleiben, dass Versicherer die vorstehenden Tätigkeiten bisweilen auch mitversichern, wenn und weil sie typischerweise auch von Anwälten wahrgenommen werden.
Rz. 19
Praxistipp
Hier kann gerade Berufsanfängern nur empfohlen werden, sich eingehend mit dem Deckungsumfang ihrer Berufshaftpflichtversicherung zu befassen und unter Umständen ausdrücklich auch Versicherungsschutz für solche Aktivitäten bestätigen zu lassen, die nicht mehr ohne Weiteres dem Katalog anwaltstypischer Arbeiten zugeordnet werden können.