Rz. 8
Neben den förmlichen Änderungswünschen hat der Bundesrat noch eine Entschließung gefasst, die schon darauf hinweist, wie sich der Bundesrat die Fortentwicklung der ZVFV und letztlich die Fortentwicklung des Formularwesens in der Zwangsvollstreckung vorstellt. Die neue ZVFV stellt also nicht den Beginn, aber eben auch nicht das Ende der Entwicklung dar. Der Bundesrat hat danach folgende Entschließung gefasst:
Zitat
Entschließung
a) Das Anliegen, die gesetzlichen Regelungen auf den elektronischen Rechtsverkehr und die elektronische Aktenführung anzupassen, ist ausdrücklich zu begrüßen.
Dabei muss insbesondere berücksichtigt werden, dass die Bearbeitung der betroffenen Vordrucke ein absolutes Massengeschäft der Amtsgerichte darstellt. Im Jahr 2020 gab es bei den Amtsgerichten bundesweit 2 273 940 Vollstreckungssachen, davon 28 949 Anträge auf Erlass einer Anordnung der Durchsuchung der Wohnung des Schuldners. Die Verordnung selbst geht von 2 000 000 Anträgen auf Pfändungs- und Überweisungsbeschlüsse aus.
b) Es müssen daher Regelungen getroffen werden, die sicherstellen, dass die eingehenden Formulare schnell und effektiv weiterbearbeitet werden können. Dies ist eine notwendige Voraussetzung dafür, dass die nach PEBB§Y für diese Verfahren vorgesehenen Bearbeitungszeiten auskömmlich sind.
c) Die Formulare gehen zukünftig nicht wie bisher ausschließlich in Papier ein, sondern müssen gemäß § 130d ZPO, der auch im Vollstreckungsrecht gilt, von Anwälten, Behörden etc. elektronisch eingereicht werden. Spätestens mit der verpflichtenden Führung von E-Akten ab dem 1.1.2026 muss die Bearbeitung unabhängig von der Einreichungsart elektronisch erfolgen können; vorzugsweise sollten hierfür mit Standardtools genügen. Diese Möglichkeit der einfachen Weiterbearbeitung gewährleistet die Verordnung in der vorliegenden Fassung nicht. Denn eine elektronische Einreichung kann auch mittels Scan eines händisch ausgefüllten Formulars erfolgen. Auch gibt es bei der Verwendung von Line-Signaturen Fälle, in denen die Formularfelder "eingebrannt" werden und eine Weiterbearbeitung des Dokuments kaum noch möglich ist.
In beiden Fällen wird dem Gericht die Bearbeitung oftmals erheblich erschwert sein, da die im Formular eingetragenen Angaben händisch in ein anderes Dokument, in dem das Gericht seine Entscheidung vorbereitet, übertragen werden müssen. Es ist abzusehen, dass es dann nicht zu Einsparungen, sondern zu einem Mehrbedarf an Arbeitszeit pro Fall kommen dürfte.
d) Abhilfe kann eine Regelung schaffen, nach der die mit den Formularen einzureichenden Beschlussentwürfe als durch das Gericht weiterbearbeitbare Datei und ohne qualifizierte elektronische Signatur übermittelt werden sollen.
Sofern es an einer gesetzlichen Grundlage für eine solche Regelung bislang fehlt, müsste eine solche geschaffen werden.
Die Entschließung des Bundesrats entspringt einem Dilemma. Zum einen ist die Zwangsvollstreckung noch nicht im Zeitalter der Digitalisierung angekommen. Seit Jahren wehrt sich das Bundesministerium der Justiz gegen ein zentrales Titelregister oder aber gegen die Umkehrung der vereinfachten Vollstreckung nach § 754a ZPO und § 829a ZPO in dem Regelfall: Der Gläubiger oder sein Vertreter versichern, im Besitz des Originaltitels zu sein, übersenden ein Dokument mit der Kopie des Titels und das Vollstreckungsorgan fordert den Originaltitel nur an, wenn es begründete Zweifel gibt. Diese Grundvoraussetzung muss erfüllt sein, um zu einem vollständigen elektronischen Verfahren zu gelangen.
Hinweis
Das aktuelle Verfahren, dass insbesondere Rechtsanwälte die Anträge elektronisch einreichen müssen, § 130d ZPO, dann aber der Vollstreckungstitel nachgesandt wird, ist nicht nur antiquiert, sondern hat die Verlustgefahr erheblich vergrößert und verzögert die Verfahren durchgängig, was auch Fragen des Pfändungszeitpunkts und der Reihenfolge der Gläubiger i.S.d. § 804 Abs. 3 ZPO berührt. Dem Autor zu Ohren gekommene Fälle des Titelverlustes sowie der Verfahrensverzögerung mit Rangverlusten lassen dabei schon an Fragen der Amtshaftung denken.
Allerdings scheint der Gesetzgeber hier noch kurz vor Redaktionsschluss dieser Auflage zu reagieren. Das BMJ hat eine Umfrage unter den Ländern zu einer "kleinen" und einer "großen" Lösung gestartet, nach denen § 754a ZPO und § 829a ZPO auf alle Vollstreckungstitel mit der leicht veränderten Bezugsgröße zur Wertgrenze von 5.000 EUR erstreckt werden (kleine Lösung) oder die Erstreckung auch ohne Wertgrenze erfolgt (große Lösung).
Ist diese Hürde genommen, liegt es an den Ländern, ihre Hausaufgaben zu machen und erst einmal eine einheitliche elektronische Plattform zu schaffen. Während die Gerichte mit unterschiedlichen eigenentwickelten Softwaresystemen arbeiten, greifen die Gerichtsvollzieher noch immer auf Software der Privatwirtschaft zurück. Dies gilt es zu harmonisieren.
Sodann gibt die ZVFV in § 5 die Möglichkeit, dass die Länder – koordiniert – die Formulare als strukturierte Datensätze fortentwickeln. Diese können d...