Eberhard Rott, Dr. Michael Stephan Kornau
Rz. 31
Wie die empirischen Untersuchungen von Metternich gezeigt haben, werden gerade bei werthaltigen Nachlässen zu einem hohen Anteil Fachleuten als Testamentsvollstrecker bestimmt. Es ist daher nicht nur aus der Sicht des sich einer besonderen Qualifizierung unterziehen Testamentsvollstrecker wichtig, dass er die Möglichkeit hat, sachgerecht auf die erworbenen Fähigkeiten hinzuweisen, sondern auch aus der Sicht des Testierenden, der einen qualifizierten Testamentsvollstrecker sucht.
Rz. 32
Während Tätigkeiten, die darauf abstellen, individuelle erbrechtliche Gestaltungsmöglichkeiten aufzuzeigen, Nichtanwälten nach § 5 RDG untersagt sind, kann mit Zusatzqualifikationen im Bereich der Testamentsvollstreckung grundsätzlich durch jedermann geworben werden. Die allgemeinen wettbewerbsrechtlichen Anforderungen, insbesondere das Verbot des unlauteren Wettbewerbes nach § 5 UWG, sind jedoch unabhängig von den Restriktionen des Rechtsdienstleistungsgesetzes zu wahren. Hierzu gehören
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ein ausreichender Lehrgangsumfang in angemessener Schwierigkeit inkl. Leistungskontrolle |
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keine Kopplung von Verleihung und Mitgliedschaft |
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Trennung zwischen Lehrgangsanbieter und Zertifizierungsstelle |
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allgemeine Zugänglichkeit der Zertifizierungsrichtlinien, z.B. über das Internet. |
Rz. 33
Für die Fachberater (DStV e.V.) kann die Zulässigkeit der Werbung mit der von Ihnen erworbenen Bezeichnung mittlerweile als geklärt angesehen werden. Die Bezeichnung "Fachberater" stellt nach der Rechtsprechung keine Berufsbezeichnung dar, sondern eine erworbene Fortbildungsqualifikation. Eine sachliche Unterrichtung der Öffentlichkeit über eine erworbene Qualifikation wurde daher schon früh für möglich gehalten. Die Berufsordnung der Steuerberater (BOSt) führt die Testamentsvollstreckung sogar ausdrücklich als eine mit dem Beruf des Steuerberaters vereinbare Tätigkeit auf und lässt die Verwendung von Fachberaterbezeichnungen und anderweitigen Qualifikationshinweisen grundsätzlich zu.
Es lag nahe, diese Anforderungen auf zertifizierte Testamentsvollstrecker zu übertragen. Während von Seiten der Steuerberaterkammern dieser Gedankengang nachvollzogen wurde, konnten sich nicht sämtliche Rechtsanwaltskammern dieser Auffassung anschließen. Von Seiten dieser Kammern aus wurde im Wesentlichen vorgebracht, dass die Zertifizierung eine "amtliche Verleihung" suggeriere, die in Wirklichkeit nicht bestehe und es kein "Berufsbild" des Testamentsvollstreckers gebe. Dieser Auffassung schlossen sich, soweit bekannt geworden, zwei Anwaltsgerichtshöfe an. Die Zivilgerichte waren unterschiedlicher Auffassung. Das LG Regensburg erhob keine Beanstandungen. Das OLG Nürnberg als Berufungsgericht stellte das Erfordernis hinreichender praktischer Tätigkeit als Testamentsvollstrecker auf und ließ im konkreten Fall die langjährige Erfahrung als Rechtsanwalt sowie zwei durchgeführte Testamentsvollstreckungen als nicht ausreichend erscheinen. Der u.a. für das Wettbewerbsrecht zuständige 1. Senat des BGH bestätigte diese Entscheidung zwar letztendlich im Ergebnis, verwarf allerdings mit deutlichen Worten die von Seiten einiger Rechtsanwaltskammern gegen die Zertifizierung grundsätzlich erhobenen Bedenken. In der mündlichen Verhandlung stellte der Senatsvorsitzende deutlich klar, dass es ein "Zertifizierungsmonopol" der Rechtsanwaltskammern nicht gebe. In der Pressemitteilung des BGH vom 14.6.2011 heißt es wörtlich: "Gegen einen Hinweis auf die Zertifizierung im Zusammenhang mit der Tätigkeit als Testamentsvollstrecker bestehen danach aus berufs- und wettbewerbsrechtlicher Sicht allerdings keine Bedenken. Die Angabe enthält eine Information, die für das rechtssuchende Publikum durchaus von Bedeutung sei. Bei den Werbeadressaten wird dadurch nicht der unzutreffende Eindruck hervorgerufen, das Zertifikat sei von einer amtlichen Stelle ausgestellt worden. Auch die Verwendung der Bezeichnung "Testamentsvollstrecker" ist an sich nicht irreführend oder unsachlich. Der Verkehr erkennt, dass es sich hierbei nicht um eine besondere Berufsbezeichnung, sondern um eine Tätigkeitsbeschreibung handelt."
Rz. 34
Weiterhin setzt sich der BGH mit dem Postulat auseinander, dass die Führung der Bezeichnung "zertifiziert" neben vorhandenen besonderen theoretischen Kenntnissen auch praktische Erfahrungen auf dem Gebiet der Testamentsvollstreckung voraussetze und bejahte dies – wenngleich auch ohne nähere Begründung – aus dem Blickwinkel der angesprochenen Verbraucher. Im Leitsatz zu seiner Entscheidung formuliert der BGH wie folgt: "Der Verkehr erwartet von einem Rechtsanwalt, der sich als "zertifizierter Testamentsvollstrecker" bezeichnet, dass er nicht nur über besondere Kenntnisse, sondern auch über praktische Erfahrungen auf dem Gebiet der Testamentsvollstreckung verfügt."
In seinen Entscheidungsgründen bleibt der BGH jedoch sehr unverbindlich. Feststehen dürfte allein, dass keinerlei praktische Erfahrungen auf dem Gebiet der Testamentsvolls...