Rz. 88
Jede Forderung, die auf Zahlung in Geld gerichtet ist, kann grds. gepfändet werden. Ob die Forderung betagt, bedingt, zeitbestimmt oder von einer Gegenleistung abhängig ist, bleibt hierbei unerheblich. Der eventuelle Schadensersatzanspruch eines Prozessbeteiligten gegen seinen Prozessbevollmächtigten (wegen von vornherein offensichtlich keine Erfolgsaussichten versprechender Rechtsverfolgung/-verteidigung) kann durch den Prozessgegner – aus dem zu dessen Gunsten ergangenen Kostenfestsetzungsbeschluss – entsprechend §§ 851, 852 ZPO, § 399 BGB nur gepfändet werden, wenn der Prozessbeteiligte selbst diese Schadensersatzansprüche geltend macht oder den Prozessgegner hierzu ermächtigt.
Rz. 89
Der BGH hat entschieden, dass nach dem Erbfall auch ein Pflichtteilsanspruch bereits vor vertraglicher Anerkennung oder Rechtshängigkeit entgegen § 852 Abs. 1 ZPO gepfändet werden kann. Eine Pfändung von Erbteilen oder Pflichtteilsansprüchen vor Eintritt des Erbfalls ist nicht zulässig. Der BGH bezeichnet den Anspruch "als in seiner zwangsweisen Verwertbarkeit aufschiebend bedingt". Bei einer derart eingeschränkten Pfändung erwirbt der Gläubiger bei Eintritt der Verwertungsvoraussetzungen ein vollwertiges Pfandrecht, dessen Rang sich nach dem Zeitpunkt der Pfändung bestimmt. Dies bedeutet für den Gläubiger eine vollwertige Vollstreckungsmöglichkeit ab dem Zeitpunkt des Erbfalls, jedoch bleibt es nach wie vor dem Schuldner überlassen, ob er seinen Pflichtteilsanspruch gegen die Erben durchsetzen will oder nicht. In seinem Pfändungsantrag muss der Gläubiger zu den Voraussetzungen des § 852 Abs. 1 ZPO keine Ausführungen machen. Der Anspruch ist dann ohne Einschränkung mit einem Pfandrecht belegt, darf aber erst verwertet werden, wenn die Voraussetzungen des § 852 Abs. 1 ZPO vorliegen. Daher müssen der Antrag des Gläubigers auf Erlass eines Pfändungsbeschlusses und dieser Beschluss keine Angaben dazu enthalten, ob vertragliche Anerkennung oder Rechtshängigkeit vorliegen. Im Hinblick auf die missverständliche Formulierung des § 852 Abs. 1 ZPO empfiehlt der BGH den Vollstreckungsgerichten bis zu einer gesetzlichen Regelung, in den Pfändungsbeschluss in allgemein verständlicher Form einen Hinweis aufzunehmen, dass die Verwertung des Anspruchs erst erfolgen darf, wenn diese Voraussetzungen erfüllt sind. Der gepfändete Pflichtteilsanspruch darf dem Gläubiger erst zur Einziehung überwiesen werden, wenn die Voraussetzungen des § 852 Abs. 1 ZPO vorliegen.
Sonstige Einkünfte, die kein Erwerbseinkommen sind, können nur für unpfändbar erklärt werden, soweit dies erforderlich ist, damit dem Schuldner ein unpfändbares Einkommen in Höhe der von § 850c Abs. 1–3 ZPO bestimmten Grundbeträge verbleibt. Sonstige Einkünfte sind nur eigenständig erwirtschaftete Einkünfte. Ansprüche aus einem Pflichtteilsanspruch zählen nicht hierzu.
Rz. 90
Auch eine zukünftige Forderung kann gepfändet werden, sofern diese hinreichend bezeichnet bzw. hinreichend bestimmbar ist. Künftig fällig werdende Ansprüche können gepfändet werden, wenn zur Zeit der Pfändung eine Rechtsbeziehung zwischen Schuldner und Drittschuldner besteht und damit eine rechtliche Grundlage vorhanden ist, die die Bestimmung der Forderung entsprechend ihrer Art und dem Drittschuldner nach ermöglicht.
Rz. 91
Bedeutungslos ist hierbei auch, dass etwa die Höhe der Forderung noch ungewiss oder unbestimmt ist. Zum Zeitpunkt der Pfändung muss nur ein Rechtsverhältnis oder zumindest eine Rechtsgrundlage für die Möglichkeit der Entstehung der zukünftigen Forderung zwischen Schuldner und Drittschuldner vorhanden sein. Zur bis dahin streitigen Frage der Pfändung zukünftig entstehender oder fällig werdender laufender Geldansprüche gegen einen Träger der gesetzlichen Rentenversicherung wurde klar entschieden, dass diese pfändbar sind, sofern die Ansprüche in einem bereits bestehenden Sozialversicherungsverhältnis wurzeln. Das noch nicht rentennahe Alter des Schuldners steht einer solchen Pfändung grds. nicht entgegen. Mit dieser Grundsatzentscheidung hat der BGH die unendliche Diskussion zur Pfändung künftiger Renten beendet. Der BGH beanstandet sehr deutlich die Auffassung des Beschwerdegerichts, künftige Rentenansprüche von Arbeitnehmern seien unpfändbar, falls der Schuldner das 60. Lebensjahr noch nicht vollendet hat und keine besonderen Gründe für einen vorzeitigen Rentenbeginn vorliegen. Diese Rechtsfortbildung des Beschwerdegerichts steht – so der BGH – mit der Bindung der Rechtsprechung an Gesetz und Recht (Art. 20 Abs. 3 GG) nicht im Einklang. Die Pfändung künftiger gesetzlicher Altersrenten eines Schuldners ist spätestens seit der Neufassung von § 54 SGB I durch das Zweite Gesetz zur Änderung des Sozialgesetzbuchs in der Rechtsprechung allgemein grds. zulässig. Das Gesetz enthält in § 54 SGB I keine Regelungslücke für die Pfändung künftiger Geldleistungen. Nach Abs. 4 dieser Vorschrift können (sozialrechtliche) Ansprüche auf laufende Geldleistungen wie Ar...