A. Einführung
Rz. 1
Mit dem Gesetz für faire Verbraucherverträge vom 24.6.2021 – wobei der Titel des Gesetzes leicht irreführend ist – soll unseriösen Geschäftspraktiken begegnet und die Position von Verbrauchern gegenüber Unternehmern sowohl beim Vertragsschluss als auch bei den Vertragsinhalten verbessert werden (Reduzierung bestehender Defizite beim Verbraucherschutz). Es beruht nicht auf europarechtlichen Vorgaben.
Im BGB kommt es zu ganz unterschiedlichen, nicht unmittelbar miteinander zusammenhängenden Neuregelungen (die aber letztlich aufgrund von "Entwicklungen im Zusammenhang mit der Digitalisierung" bedingt sind), nämlich einer
▪ |
Änderung der Bestimmungen über stillschweigende Vertragsverlängerungen (Neuregelung der Zulässigkeit von AGB, die die Kündigung und automatische Verlängerung von Dauerschuldverhältnissen zum Inhalt haben, unter Rdn 5 ff.), |
▪ |
einem Verbot benachteiligender Abtretungsklauseln in AGB (Erweiterung der Liste der Klauselverbote in § 308 BGB, Rdn 14 ff.) und |
▪ |
einer Online-Kündbarkeit per Kündigungsbutton bei Verträgen, die über eine Website geschlossen worden sind (Kündigung von Verbraucher-Dauerschuldverhältnissen im elektronischen Rechtsverkehr, Rdn 23 ff.), womit eine Erweiterung der Verbraucherschutzrechte auf den E-Commerce erfolgt. |
Rz. 2
Das Gros der Regelungen sollte ursprünglich im Quartal nach der Verkündung (Folgequartal) in Kraft treten, d.h. zum 1.10.2021. Das Abtretungsverbot ist dann auch schon zum 1.10.2021 in Kraft getreten, die neuen Kündigungsregeln gelten erst ab dem 1.3.2022, die Möglichkeit der Online-Kündigung (§ 312k BGB) ab dem 1.7.2022 (gesplittetes Inkrafttreten). Dann erfasst § 312k BGB aber alle Verträge, d.h. auch solche, die vor dem Inkrafttreten der Regelung abgeschlossen worden sind (Art. 229 § 60 Satz 3 EGBGB). Das zeitlich spätere Inkrafttreten der Regelungen über den Kündigungsbutton hat der Gesetzgeber damit begründet, dass die Erfüllung der damit einhergehenden Vorgaben für die Unternehmer zum Teil einen erheblichen organisatorischen und zeitlichen Aufwand bedeuten.
Materialien:
▪ |
RegE, BT-Drucks. 19/26915, |
▪ |
BT-Drucks. 19/26915. |
B. Klauselverbote
Rz. 3
Mit § 308 Nr. 9 BGB (Abtretungsausschluss) wird ein neues Klauselverbot mit Wertungsmöglichkeit in das BGB aufgenommen (nachstehende Rdn 14 ff.). Danach ist eine Bestimmung ausgeschlossen, durch die die Abtretbarkeit für einen auf Geld gerichteten Anspruch des Vertragspartners gegen den Verwender ausgeschlossen wird.
Rz. 4
Mit § 309 Nr. 9 BGB (Klauselverbot ohne Wertungsmöglichkeit) erfolgt eine umfassende Reform des bereits bestehenden Regimes der stillschweigenden Verlängerung von Dauerschuldverhältnissen (Rdn 9 ff.):
Nach Ablauf einer maximalen Vertragslaufzeit von zwei Jahren ist die automatische Verlängerung eines zunächst befristeten Vertrags nur noch auf unbestimmte Zeit möglich – mit der dem Vertragspartner eingeräumten Möglichkeit, den Vertrag jederzeit mit einer Frist von höchstens einem Monat zu kündigen. Die Kündigungsfrist zum Ende der vereinbarten Vertragslaufzeit wird im Übrigen auf einen Monat begrenzt.
I. Laufzeit von Dauerschuldverhältnissen
Rz. 5
§ 309 Nr. 9 BGB erfasst nur Dauerschuldverhältnisse – allerdings nicht alle, sondern solche, die die regelmäßige Lieferung von Waren oder die regelmäßige Erbringung von Dienst- oder Werkleistungen zum Gegenstand haben – wie bspw. Verträge eines Verbrauchers mit Mobilfunkanbietern, Streamingdiensten, Fitnessstudios, Stromlieferanten mit Online-Partnerbörsen sowie Zeitungs-Abos. Nicht erfasst werden damit aber Wohnraummietverträge, Arbeitsverträge, Versicherungsverträge oder Gebrauchsüberlassungsverträge.
Rz. 6
Insoweit gilt nunmehr, dass
▪ |
die Kündigungsfrist bei Verträgen mit fester Laufzeit über die regelmäßige Lieferung von Waren oder die regelmäßige Erbringung von Dienstleistungen nicht länger als ein Monat vor Ablauf der Mindestlaufzeit sein darf und |
▪ |
eine stillschweigende Verlängerung um eine weitere Mindestlaufzeit ausgeschlossen ist (Verbot von Verlängerungsklauseln in AGB). |
Beachte
Hingegen ist eine automatische Umwandlung des Dauerschuldverhältnisses in einen Vertrag mit unbestimmter Laufzeit zulässig. Dieser kann dann aber jederzeit – mit einer Frist von höchstens einem Monat – gekündigt werden.
Rz. 7
Die Reform ist nach Ansicht des Gesetzgebers erforderlich, weil die bisherigen Beschränkungen bei Laufzeiten nicht me...