Dr. Jörg Kraemer, Frank-Michael Goebel
Rz. 129
Auskünfte über Grundvermögen des Schuldners können durch eine Anfrage beim Grundbuchamt erreicht werden. Dabei sollte sich die Anfrage nicht auf den Schuldner beschränken, sondern auch nahestehende Personen umfassen. In der Krise liegt es nahe, Grundvermögen auf solche Personen zu übertragen.
Rz. 130
Hinweis
Hier ist eine Vollstreckung insbesondere bei Schuldnern rund um das Baugewerbe interessant. Ist der Bauherr der Schuldner, so verfügt er ebenso regelmäßig über Grundbesitz, wie der Bauunternehmer, der als Teil der Altersvorsorge versucht das "eine oder andere mitzubauen". Auch wenn der Grundbesitz des Schuldners auf den ersten Blick vollständig belastet sein sollte, finanziert die Bank nicht selten auch den Schuldenausgleich, weil sie in einem Zwangsvollstreckungsverfahren mehr Geld verlieren würde. Insoweit muss auch dann die Eintragung einer Zwangssicherungshypothek nach §§ 866 Abs. 3, 867 ZPO in Betracht gezogen werden.
Rz. 131
Die Grundbücher werden nach § 1 GBO bei den Amtsgerichten geführt. Grundsätzlich ist jedes Amtsgericht für die in seinem Bezirk liegenden Grundstücke zuständig. Allerdings können die Länder die Zuständigkeit eines Amtsgerichtes für die Grundstücke in den Bezirken mehrerer Amtsgerichte begründen. Insoweit bedarf es der Rückversicherung bezüglich des jeweiligen Landesrechts.
Rz. 132
Hinweis
Im Normalfall wird es allerdings ausreichen, wenn der Gläubiger sich mit seinem Auskunftsersuchen an das Amtsgericht wendet, in dessen Bezirk die postalische Anschrift des Grundstücks liegt. Er kann hier hilfsweise die Weitergabe des Auskunftsersuchens an das zuständige Amtsgericht – Grundbuchamt – verlangen. Anders sollte allerdings dann verfahren werden, wenn sich der Gläubiger erkennbar im Wettlauf mit anderen Gläubigern befindet. In diesem Fall kann, ggf. sogar fernmündlich, mit dem jeweiligen Justizministerium geklärt werden, welches Amtsgericht zuständig ist, wenn das Landesrecht nicht unmittelbar, ggf. über das Internet, zur Verfügung steht.
Rz. 133
Tipp
Die Grundbücher werden inzwischen elektronisch geführt. Notare und Banken haben dabei regelmäßig die Möglichkeit am elektronischen Grundbuchabrufverfahren teilzunehmen und hier Grundbucheinsichten zu fertigen, soweit ein berechtigtes Interesse entsprechend den gesetzlichen Vorgaben begründet werden kann. Über diese Quellen kann also innerhalb kürzester Zeit eine Grundbucheinsicht erfolgen.
Rz. 134
Tipp
Die Suche sollte allerdings nicht auf den aktuellen Wohnsitz des Schuldners beschränkt werden, da Grundbesitz nicht immer nur an diesem Ort, sondern unter dem Gesichtspunkt der unternehmerischen Tätigkeit oder des Erbrechtes auch an anderen Orten angetroffen werden kann. Deshalb sollte die Anfrage auch gerichtet werden an das zuständige Amtsgericht für:
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den aktuellen Wohnsitz des Schuldners |
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den früheren Wohnsitz des Schuldners |
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den Sitz der bisherigen Betriebsstätten oder Unternehmen des Schuldners |
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den Wohnsitz der Familie (Eltern und Großeltern) des Schuldners |
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den Wohnsitz naher Angehöriger des Schuldners |
Rz. 135
Zunächst kann durch eine Anfrage an das Grundbuchamt geklärt werden, ob der Schuldner überhaupt über Grundbesitz verfügt. Beim Grundbuchamt wird nach § 12a GBO ein Grundstückseigentümerverzeichnis geführt. In dieses besteht nach § 12a Abs. 1 S. 3 GBO ein Einsichtsrecht, wenn ein berechtigtes Interesse dargelegt werden kann. Das rechtliche Interesse ergibt sich aus dem Vollstreckungstitel.
Rz. 136
In gleicher Weise können die Länder nach § 12a GBO bestimmen, dass ein Grundstücksverzeichnis in Verbindung mit der postalischen Adresse geführt wird. Hier kann der Gläubiger in Erfahrung bringen, ob ein Grundstück, auf dem der Schuldner wohnt oder eine Betriebsstätte unterhält, auch sein Eigentum ist.
Rz. 137
Ergibt sich aus der Einsicht in das Grundstückseigentümerverzeichnis oder in das Grundstücksverzeichnis, dass der Schuldner über Grundbesitz verfügt, gibt § 12 GBO ein Einsichtsrecht in das Grundbuch und die diesem zugrunde liegenden Urkunden, sofern ein rechtliches Interesse dargelegt werden kann. Das rechtliche Interesse ergibt sich ohne weiteres aus dem Vollstreckungstitel, der entsprechend vorzulegen ist, kann aber auch aus der materiellen Forderung begründet werden. § 12 Abs. 2 GBO gibt über das Einsichtsrecht hinaus auch ein Recht, Abschriften zu verlangen.
Rz. 138
Tipp
Kann nicht ausgeschlossen werden, dass der Schuldner das Grundstück angesichts der drohenden Zwangsvollstreckung in einer nach den Bestimmungen des Anfechtungsgesetzes (AnfG) anfechtbaren Weise an einen Dritten übertragen hat, so sollte auch dies zur Begründung des rechtlichen Interesses an der Einsicht in das Grundbuch des Dritten herangezogen werden, um so zu ermitteln, ob der Schuldner früher Eigentümer des Grundstückes war. Ein berechtigtes Interesse zur Einsicht des Grundbuchs und der Grundakten bzw. zur Erteilung entsprechender Abschriften beschränkt sich auch nicht auf die aus dem Grundbuch ersichtlichen Eigentums- und anderen Rechtsverhältnis...