Rz. 134
Auch die Fähigkeit einer Gesellschaft, die Beteiligung an einer anderen Gesellschaft zu erwerben (aktive Beteiligungsfähigkeit), unterliegt grundsätzlich ihrem Gesellschaftsstatut. Im internationalen Vergleich wird ein derartiger Beteiligungserwerb regelmäßig möglich sein. Dies dürfte selbst bei uneingeschränkt fortgeltender ultra vires-Doktrin dann gelten, wenn die Geschäftsführung zur Verfolgung des statutarisch vorgegebenen Gesellschaftszwecks Anteile an einer anderen Gesellschaft erwirbt oder eine Tochtergesellschaft gründet. Anderes mag sich bei außergewöhnlich konstruierten Einschränkungen bei der Formulierung des Gesellschaftszwecks in der Satzung ergeben. Allenfalls in ganz seltenen Fällen untersagt das Gesellschaftsrecht einer Gesellschaft, Geschäftsanteile an einer anderen Gesellschaft zu erwerben. Das gilt z.B. in der VR China, weil dort verhindert werden soll, dass es über die Beteiligung an einer Personengesellschaft zu einer Haftungsbegründung durch Personen kommt, die nicht Organe der betroffenen Kapitalgesellschaft sind.
Rz. 135
Die Frage, ob ein Geschäftsanteil an einer GmbH von einer GmbH oder sonstigen juristischen Person übernommen werden kann (passive Beteiligungsfähigkeit), unterliegt dagegen dem Gesellschaftsstatut der Objektgesellschaft. Bei der GmbH ist dies meistens unproblematisch. Probleme können sich aber z.B. aus dem Verbot der "doppelstöckigen Ein-Personen-Gesellschaft" ergeben, wie es z.B. im bis zum 1.1.2014 geltenden tschechischen und weiterhin auch im polnischen Recht existiert. Demgemäß ist die Frage, ob eine deutsche Ein-Personen-GmbH sämtliche Anteile an einer tschechischen s.r.o. erwerben kann, nach dem tschechischen Recht zu beurteilen. Dieses verbietet den Erwerb unabhängig davon, ob es sich bei dem Gesellschafter um eine tschechische oder eine ausländische Ein-Personen-GmbH handelt. Demgegenüber könnte eine tschechische s.r.o. mit einem einzigen Gesellschafter in Deutschland ohne Beteiligung weiterer Gesellschafter Töchter in der Rechtsform einer GmbH errichten.
Rz. 136
Von größerer praktischer Bedeutung ist diese Frage bei Personengesellschaften. Hier führt die Beteiligung von juristischen Personen zu einer sog. Typenvermischung. In Deutschland ist eine derartige Gestaltung (GmbH & Co. KG) nach heftigem Streit durch die Rechtsprechung anerkannt worden. Allenfalls an puristischen Stellen in der Literatur werden teilweise noch Bedenken gegen die Beteiligung inländischer Kapitalgesellschaften an einer Personenhandelsgesellschaft erhoben. Ähnlich großzügig sieht man es in einigen weiteren Ländern, wie z.B. den Niederlanden, England, Ungarn und Dänemark. In anderen Ländern dagegen, wie z.B. der Schweiz, Spanien oder Japan, wird eine derartige Typenvermischung zwischen Personen- und Kapitalgesellschaft abgelehnt, da diese mit dem Wesen der Personengesellschaft nicht vereinbar sei. Entscheidend für die Zulässigkeit der Typenvermischung ist daher praktisch allein das Personalstatut der Personengesellschaft, an der sich die GmbH beteiligen möchte. Daher kann sich eine Schweizer AG an einer deutschen KG beteiligen, nicht aber eine deutsche GmbH an einer KG mit Sitz in der Schweiz.
Rz. 137
Das Gesellschaftsstatut der Beteiligungsgesellschaft (Objektgesellschaft) entscheidet dann nicht nur darüber, ob die Beteiligung einer Kapitalgesellschaft allgemein zulässig ist, sondern auch darüber, ob eine ausländische Kapitalgesellschaft hierbei ausgeschlossen ist. Dies wurde in der deutschen Literatur z.B. weiterhin noch von einigen Stimmen für die "Ltd. & Co. KG" vertreten. Die Praxis ist seit jeher großzügig gewesen, wie sich seit der Entscheidung des BayObLG im Fall Landshuter Druckhaus ergab. Soweit die Gegenauffassung mit Problemen bei der praktischen Bewältigung der grenzüberschreitenden Typenvermischung argumentiert, so ist dem entgegenzuhalten, dass eine verfehlte Rechtsformwahl deren Zulässigkeit nicht berührt – und die meisten Probleme durchaus zu bewältigen sind. Der Ausschluss einer EU-Gesellschaft von der Beteiligung an einer deutschen KG oder OHG – bei gleichzeitiger Zulassung einer inländischen GmbH – liefe überdies auf eine Diskriminierung der ausländischen Gesellschaft hinaus. Art. 49, 54 AEUV erzwingen damit die Zulässigkeit der "Europäischen Kapitalgesellschaft & Co. KG".
Rz. 138
Nachdem nun die im Vereinigten Königreich gegründete Limited Companies bei inländischem Verwaltungssitz ihre Rechtspersönlichkeit verloren haben, ist mit dem 1.1.2021 die Komplementärstellung den hinter der Limited stehenden Aktionären unmittelbar zugewachsen. Diese haften seit dem Brexit am 1.1.2021 für die Verbindlichkeiten der "Limited & Co. KG" also persönlich unbeschränkt. Die Limited & Co. KG in der Sonderform der Einheitsgesellschaft verwandelt sich in eine OHG, bei der sämtliche Kommanditisten die Stellung persönlich haftender Gesellschafter erhalten. Im Fall einer "one man show", also einer Limited & Co. KG, bei der der alleinige Aktionär d...