Rz. 71
Die selbstständige Haftung der Erben (auch der Erben des vorverstorbenen Ehe- bzw. Lebenspartners) bietet Anlass für Gestaltungsüberlegungen, wie etwaiges Vermögen, das zu Lebzeiten des Hilfeempfängers als Schonvermögen galt – regelmäßig eine Immobilie –, der Einsatzgemeinschaft bestmöglich erhalten und einem Regress des Sozialhilfeträgers entzogen werden kann.
Rz. 72
In einem ersten Schritt kann die Verwertung von Schonvermögen im Rahmen des Erbenregresses durch Verteilung des Vermögens auf den nicht leistungsberechtigten Partner effizient gestaltet werden. Überlebt der Partner den Hilfeempfänger (was etwa bei Pflegebedürftigkeit als Hauptanwendungsfall des § 102 SGB XII wahrscheinlich ist), wird nur der Anteil des Hilfeempfängers am Schonvermögen für den Regressanspruch beansprucht, wohingegen der Partneranteil am Schonvermögen auch nach dem Ableben des Partners unbeansprucht und erhalten bleibt. Es verbleiben damit 100 % der Anteile des Schonvermögens. Liegt das Vermögen bei dem Hilfeempfänger oder auf beide Partner verteilt, bleibt es nur anteilig bzw. nicht erhalten.
Rz. 73
Für den ebenso möglichen Fall, dass der Partner vor dem Hilfeempfänger ablebt, wird zunächst nur der Anteil des Partners am Schonvermögen für den Regress beansprucht und nach dem Tod des Hilfeempfängers sodann auch dessen Anteil. Verbleiben wird somit im Grundsatz in keiner Konstellation etwas. In der Bilanz ist die Aussicht auf den Erhalt aller Anteile des Schonvermögens damit bei der Übertragung des Schonvermögens auf den nicht leistungsberechtigten Partner am höchsten.
Rz. 74
In einem zweiten Schritt lässt sich u.U. sodann das unabhängig von der Vermögensverteilung bestehende Risiko der letztlich restlosen Aufzehrung des Schonvermögens bei Vorversterben des nicht leistungsberechtigten Partners und darauffolgendem Tod des Hilfeempfängers schmälern. Sofern es sich bei dem Schonvermögen um unteilbare Gegenstände handelt, kann es vorteilhaft sein, dieses aus der Einsatzgemeinschaft zu Lebzeiten durch Übertragung auf Dritte, z.B. Kinder, auszubringen, ohne ein vertragliches Rückforderungsrecht vorzubehalten. Zwar kann der Sozialhilfeträger gem. § 93 SGB XII dann den schenkungsrechtlichen Rückforderungsanspruch aus § 528 Abs. 1 BGB auf sich überleiten und für den Schenker geltend machen, was den Beschenkten zur Herausgabe des Geschenkes nach Bereicherungsrecht zwingt. Ausgeschlossen ist dies allerdings, wenn die Übertragung mindestens zehn Jahre vor der Hilfsbedürftigkeit vollzogen wurde, § 529 Abs. 1 BGB.
Rz. 75
Geschah die Übertragung vor weniger als zehn Jahren vor der Hilfsbedürftigkeit, kann der Beschenkte die Herausgabe allerdings nur verweigern, wenn er dadurch selbst bedürftig und unfähig wird, seinen standesgemäßen Unterhalt zu bestreiten und seinen sonstigen Verpflichtungen nachzukommen, § 529 Abs. 2 BGB. Nicht einwenden kann der Beschenkte, das übertragene Vermögen stelle Schonvermögen i.S.d. sozialrechtlichen Vorschriften dar. Indes kann es trotz dann entstehendem Rückforderungsanspruch effizient sein, diesen zu riskieren und die Übertragung dennoch durchzuführen: Denn nach bereicherungsrechtlichen Grundsätzen ist bei unteilbaren Gegenständen statt der Herausgabe Wertersatz gem. § 818 Abs. 2 BGB zu leisten bis zur Grenze des Schenkungswerts. Der Wertersatzanspruch aus §§ 528 Abs. 1, 818 Abs. 2 BGB ist jedoch im Gegensatz zum sozialrechtlichen Erbenregress aus § 102 Abs. 1 S. 1 SGB XII nicht gerichtet auf Ersatz der vollen vergangenheitsbezogen Kosten der letzten zehn Jahre, sondern auf die zukünftigen Bedarfslücken des Schenkers infolge der Schenkung für die Dauer des Bedarfs. Im Ergebnis kann eine Übertragung des Schonvermögens zu Lebzeiten und kurz vor dem Tod des Hilfsbedürftigen und die Erfüllung des Bedarfsdeckungsanspruchs damit erbenhaftungsrechtlich günstiger sein als der vollständigen Beanspruchung des Schonvermögens i.R.d. § 102 SGB XII ausgesetzt zu sein.
Rz. 76
Bei teilbaren Gegenständen oder vertraglich vorbehaltenem Rückforderungsrecht des Veräußerers ist diese Strategie indes dadurch verwehrt, dass der Gegenstand nach §§ 812 ff. BGB grundsätzlich in natura herauszugeben ist und die Überleitung auf den Sozialhilfeträger und Verwertung durch Geltendmachung des Rückforderungsanspruchs nach Beendigung der Schonvermögenseigenschaft möglich wird.
Hinweis
Nach alledem ist zu beachten, dass das Übertragungsgeschäft nicht allein dazu dienen darf, dem Sozialhilfeträger verwertbares Vermögen zu entziehen, da es ihm anderenfalls mit Blick auf § 138 Abs. 1 BGB an Wirksamkeit mangelt.