Rz. 107

Bei jeder Teilungserklärung ist das Bestandsinteresse der gegenwärtigen oder zukünftigen Eigentümer gegen die erforderliche Zukunftsoffenheit abzuwägen. Handelt es sich um eine reine Vorratsteilung im eigenen Bestand, genügt zwar der Hinweis auf notwendige Anpassungen im Falle zukünftiger Veräußerungen. Sinnvoll ist es aber auch hier, anhand der Pläne und Gegebenheiten eine ausführliche Gemeinschaftsordnung zu erstellen. Hilfreich ist im Übrigen die Typenbildung: Kleinstaufteilungen, Quasi-Realteilungen, Mehrfamilienwohnhausaufteilungen mit/ohne Gewerbenutzung oder reine kommerziell genutzte Anlagen bergen jeweils unterschiedliche juristische Interessenlagen. Aber: Jede Aufteilung hat höchst individuelle Aspekte. Auch die Übernahme der folgenden Formulare oder die Übernahme von Musterformulierungen aus anderen Vorlagen sind im Einzelfall stets kritisch zu überprüfen.

 

Rz. 108

Die Sachverhaltsermittlung ist unabdingbar und setzt i.d.R. ein gründliches Studium der Pläne und des individuellen Charakters der Anlage voraus. Für eine gute Teilungserklärung nebst Gemeinschaftsordnung gilt im Grunde dasselbe wie für einen Ehevertrag: Keine Beurkundung ohne vorherige Besprechung, ausführliche Entwurfsarbeit und schlussendlich Beurkundung möglichst unter den (notfalls simulierten) Bedingungen der Vertragsparität.

 

Rz. 109

Wie weit die Teilrechtsfähigkeit der Gemeinschaft reichte, war auch vor der Einfügung des Abschnitts 3 über die "Rechtsfähige Gemeinschaft der Wohnungseigentümer" durch die WEG-Reform (fast) praktisch ohne größere Relevanz. Rechtsoziologisch ist aber davon unabhängig unbestreitbar, dass nahezu jede Teilung einen engen Bezug zu verbandsrechtlichen Phänomenen aufweist und als Mehrpersonenvertrag ein ähnliches gestalterisches Herangehen wie im Gesellschaftsrecht erfordert. Es ist daher für die Gestaltung notwendig, stets einen vergleichenden Blick auf das Gesellschaftsrecht zu haben.[190]

 

Rz. 110

Natürlich kommt man ohne eine spezifische Fachsprache nicht aus. Allerdings stellen Teilungserklärung und Gemeinschaftsordnung lange Zeit das "Grundgesetz" der Wohnungseigentümergemeinschaft dar. Sie sollten daher im Ansatz auch für den Laien verständlich sein. Anders als im Gesellschaftsrecht hat man es nicht durchgängig mit Kaufleuten oder geschäftsgewandten Personen zu tun. Wer formuliert "Als negative Komponente des Sondernutzungsrechtes wird hiermit bereits jetzt vereinbart, dass alle Miteigentümer vom Mitgebrauch ausgeschlossen sind; die positive Begründung wird vom aufteilenden Eigentümer in der Form des § 29 GBO erklärt.", der hat nichts falsch gemacht. Der durchschnittliche Wohnungseigentümer versteht dies allerdings mit hoher Sicherheit nicht und fragt sich möglicherweise, ob nicht die ganze Anlage eine gewisse "negative Komponente" aufweist.

 

Rz. 111

Zur Informationsfunktion: In vielen Formularbüchern findet sich die Empfehlung, wortgleiche Übernahmen von Vorschriften des Gesetzes zu vermeiden, insbesondere rein deklaratorische Abgrenzungskataloge von Gemeinschafts-/Sondereigentum, Nutzungsbefugnissen o.Ä. Das ist juristisch vernünftig. Nun hat aber nicht jeder Wohnungseigentümer ständig einen Gesetzestext des WEG zur Hand. Der Laie empfindet die Teilungserklärung nebst Gemeinschaftsordnung eben als Grundgesetz "seines" Eigentums. Es spricht daher nichts dagegen, in die Teilungserklärung nebst Gemeinschaftsordnung zur Gewährleistung der Informationsfunktion der Beteiligten auch den Gesetzeswortlaut und sonstige deklaratorische Umschreibungen mit aufzunehmen. Vorsicht ist allerdings bei Abweichungen vom Gesetz oder Ergänzungen geboten, die nicht durch höchstrichterliche Rechtsprechung gedeckt sind.

[190] Vgl. z.B. Armbrüster, in: FS Wenzel (2005), 85 ff., 101.

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