Rz. 67
Es ist unbestritten, dass die Inkassodienstleister für die Wirtschaft in Deutschland im Sinne einer arbeitsteiligen Partnerschaft eine wichtige Aufgabe in der Liquiditätssicherung wahrnehmen, in dem die Gegenleistung des Schuldners für von ihm in Anspruch genommene Waren oder Dienste geltend gemacht und insoweit berechtigte Ansprüche des Gläubigers durchgesetzt werden. Aufgabe ist es dabei einerseits die Berechtigung der Forderung – als Inkassodienstleistung zumindest im Umgang der Schlüssigkeit – zu prüfen, wie andererseits dagegen erhobene aber unberechtigte Einreden und Einwendungen abzuwehren und insoweit die Bandbreite von der Inkassodienstleistung zur Rechtsdienstleistung (§ 2 Abs. 1 und 2 RDG) abzubilden. Weitere Aufgabe ist es dann, die Zahlungsziele des Gläubigers mit der Leistungsfähigkeit des Schuldners in Einklang zu bringen. Diese Leistungen erbringen Inkassodienstleister für kleine Handwerks- und Handelsunternehmen ebenso wie für Mittelständler und Großkonzerne.
Hinweis
Inkassodienstleister erhalten mithin eine Erlaubnis zur Einziehung fremder oder auf fremde Rechnung abgetretener Forderungen ohne im Übrigen in fremden Angelegenheiten tätig werden zu dürfen. Innerhalb dieses Tätigkeitsbereiches sind sie dann aber berechtigt, sowohl Inkassodienstleistungen als Regelfall als auch Rechtsdienstleistungen, die zusätzlich eine Prüfung im konkreten Einzelfall erfordern, als weitergehende Leistung zu erbringen. Bei den Rechtsdienstleistungen sind sie dahin beschränkt, dass sie diese nicht im streitigen Verfahren erbringen dürfen (§ 79 Abs. 2 S. 2 Nr. 4 ZPO), sehr wohl aber außergerichtlich, im gerichtlichen Mahnverfahren und partiell auch im Insolvenzverfahren (§ 3 RDG, § 79 Abs. 2 Nr. 4 ZPO und §§ 174, 305 InsO). Kostenrechtlich ist dann im Einzelfall zu unterscheiden, welche Leistung tatsächlich erbracht wurde.
Rz. 68
Ist der Rechtsanwalt der klassische Rechtsberater des Gläubigers in streitigen Verfahren, sehen Inkassodienstleister ihre Stärken in der rechtlichen Beratung zum Umgang mit unstreitigen Forderungen, ohne dass dies im Einzelfall eine weitergehende Vertretung, nicht selten auch in Kooperation mit Rechtsanwälten, ausschließt. Im Fokus steht die Anmahnung und Einziehung der Forderungen nach einer Schlüssigkeitsprüfung im Spannungsfeld der Zahlungsmotivation und dem Aufzeigen von Konsequenzen der fortgesetzten Nichtleistung mit einer darauf aufbauenden Zahlungseingangsüberwachung, insbesondere auch bei gütlichen Einigungen. Zu sehen ist auch die Beharrlichkeit, über längere Zeiträume die sich wandelnde Leistungsfähigkeit des Schuldners zu überwachen, statt vorschnell die bei mangelnder Leistungsfähigkeit nicht zielführende Titulierung und Vollstreckung zu wählen. Die rechtliche Beratung umfasst dabei insbesondere auch Aspekte der Informationsbeschaffung zum Aufenthalt und zum Einkommen- und Vermögen des Schuldners. Stellt der Schuldner die vom Inkassodienstleister aus der ex-ante-Sicht zunächst als unstreitig übernommene Forderung (Inkassodienstleistung) streitig, versuchen Inkassodienstleister – zulässigerweise – die Einreden und Einwendungen des Schuldners in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht zu entkräften (Rechtsdienstleistung), soweit die Prüfung die unbeschränkte Berechtigung der Forderung ergibt. In diesem Umfang sind Rechtsanwalt und Inkassodienstleister im Leitungsspektrum gleichgestellte Konkurrenten. Kommt es im weiteren Verlauf zum Streit zwischen Schuldner und Gläubiger, kooperieren Inkassodienstleister und Rechtsanwälte aber auch als Partner. Es erfolgt eine Übergabe in das streitige Klageverfahren, die § 13f S. 3 RDG auch als zulässigen Bearbeiterwechsel sieht.
Rz. 69
Während die Kernkompetenz des Rechtsanwaltes also neben der Rechtsberatung und der Titulierung originär streitiger Forderungen bei der anschließenden Durchsetzung der titulierten Forderungen liegt, beschäftigt sich ein Inkassodienstleister primär mit der Einziehung von – jedenfalls zunächst – unstreitigen Forderungen und deren Titulierung im gerichtlichen Mahnverfahren sowie – ebenso wie der Anwalt – deren Durchsetzung im Wege der Mobiliarzwangsvollstreckung.
Hinweis
Gerade kleinere Inkassodienstleister zeigen sich dabei vielfach als fachkompetenter in der Zwangsvollstreckung, so dass Rechtsanwälte vermehrt auch derart kooperieren, dass sie die Zwangsvollstreckung der von Ihnen erwirkten Vollstreckungstitel an den Inkassodienstleister abgeben.
Dabei ist aus der ex-ante-Sicht davon auszugehen, dass der Schuldner, der bis zur angedrohten Übergabe der Forderung an einen Inkassodienstleister keine Reaktion gezeigt hat, die Titulierung der unbestrittenen Forderung im gerichtlichen Mahnverfahren durch den Inkassodienstleister zulässt.
Rz. 70
Hinweis
Der Schuldner wird vor diesem Hintergrund von Inkassodienstleistern weniger als rechtlicher Gegner betrachtet. Dass – entgegen den rechtlichen Begrifflichkeiten – er nicht selten als "Konsument" bezeichnet wird, ist zwar rechtlich unpräzise, aber Ausdru...