I. Die noch nicht als rechtsfähig anerkannte Stiftung
Rz. 48
Erbe kann gem. § 1923 Abs. 1 BGB nur werden, wer zur Zeit des Erbfalls lebt; sinngemäß kann eine juristische Person nur Erbin werden, wenn sie zur Zeit des Erbfalls rechtsfähig besteht. Die Erbfähigkeit wird aber für Stiftungen durch § 84 BGB erweitert, wenn die Anerkennung als rechtsfähig erst nach dem Tode des Stifters ausgesprochen wird. Auch wenn der Stifter das Stiftungsgeschäft unter Lebenden vorgenommen hat und die Stiftung alsdann außerhalb des Stiftungsgeschäfts zu seiner Erbin beruft oder mit einem Vermächtnis bedenkt, gilt die Regelung des § 84 BGB.
II. Die Stiftung von Todes wegen
Rz. 49
Macht ein Erblasser einer im Zeitpunkt der Errichtung der Verfügung von Todes wegen und im Zeitpunkt des Erbfalls noch nicht existenten Stiftung eine Zuwendung und wird diese Stiftung erst nach dem Tode des Stifters als rechtsfähig anerkannt, so gilt sie gem. § 84 BGB für die Zuwendungen des Stifters als schon vor dessen Tod entstanden. Ohne diese Regelung würde der Rechtserwerb von Todes wegen an § 1923 BGB scheitern, wonach der Erbe im Zeitpunkt des Erbfalls rechtsfähig sein muss. Somit komplettiert § 84 BGB die in § 83 BGB vorgesehene Möglichkeit, durch eine Verfügung von Todes wegen eine Stiftung zu gründen und ihr auf diesem Wege Vermögenswerte zuzuwenden. Nicht anwendbar ist die Vorschrift auf unselbstständige Stiftungen; deren Errichtung und gleichzeitige Erbeinsetzung wäre nichtig.
Rz. 50
Eine Stiftung erlangt erst durch die Anerkennung durch die Stiftungsbehörde Rechtsfähigkeit. Vor der Bekanntgabe der Anerkennung kann der später einzusetzende Stiftungsvorstand keine Rechtshandlungen vornehmen, die Wirkung für oder gegen die Stiftung entfalten; eine Vor-Stiftung, ähnlich der Vor-GmbH oder dem Vor-Verein, existiert nicht.
Auch eine ausländische Stiftung, die erst nach dem Eintritt des Erbfalls errichtet wird, kann grundsätzlich erbfähig im Sinne des deutschen Rechts, hier § 1923 i.V.m. § 84 BGB, sein, wenn sie nach ihrem Heimatrecht, also nach ausländischem Recht, Rechtsfähigkeit erlangt hat.
Rz. 51
§ 84 BGB ist nicht anwendbar auf Zuwendungen dritter Personen. Setzt ein Dritter die noch nicht als rechtsfähig anerkannte Stiftung zu seiner Erbin ein, so ist im Zweifel anzunehmen, dass die Stiftung (nach den gesetzlichen Erben als Vorerben) auf den Zeitpunkt ihrer Entstehung zur Nacherbin berufen sein soll. Lässt sich diese Auslegung mit dem Willen des Erblassers nicht in Einklang bringen, so ist die Erbeinsetzung gem. § 2101 BGB unwirksam. Wird die noch nicht als rechtsfähig anerkannte Stiftung von einem Dritten mit einem Vermächtnis bedacht, so gelten die §§ 2178, 2179 BGB, wonach die Stiftung den Anspruch auf den vermachten Gegenstand mit ihrer Anerkennung erwirbt.