1. Auskunftsanspruch des durch heterologe Insemination gezeugten Kindes gegen den Arzt

 

Rz. 14

Das Interesse des durch eine heterologe Insemination gezeugten Kindes, seine genetische Abstammung zu erfahren, kann im Rahmen der vorzunehmenden Abwägung höher zu bewerten sein als die Interessen des beklagten Arztes und der Samenspender an einer Geheimhaltung der Spenderdaten. In diesem Fall kann das Kind vom behandelnden Arzt Auskunft über seine genetische Abstammung verlangen. Eine Einigung zwischen den Eltern und dem behandelnden Arzt, die Anonymität des Samenspenders zu wahren, stellt im Verhältnis zu dem ungeborenen Kind einen unzulässigen Vertrag zu Lasten Dritter dar. Die Auskunftserteilung ist dem beklagten Arzt erst dann unmöglich, wenn er die benötigten Informationen auch nach einer umfassenden Recherche nicht mehr beschaffen kann.[27]

[27] OLG Hamm FamRZ 2013, 637 = NJW 2013.

2. Auskunftsanspruch des durch heterologe Insemination gezeugten Kindes gegen Reproduktionsklinik

 

Rz. 15

Ein Kind, das durch eine künstliche heterologe Insemination gezeugt wurde, kann grundsätzlich von der Reproduktionsklinik Auskunft über die Identität des anonymen Samenspenders verlangen. Ein bestimmtes Mindestalter des Kindes ist dafür nicht erforderlich. Machen die Eltern den Anspruch als gesetzliche Vertreter ihres Kindes geltend, setzt dies voraus, dass die Auskunft zum Zweck der Information des Kindes verlangt wird. Außerdem muss die Abwägung aller rechtlichen Belange – auch derjenigen des Samenspenders – ein Überwiegen der Interessen des Kindes an der Auskunft ergeben.

 

Rz. 16

Dem verfassungsrechtlich geschützten Recht eines Kindes auf Kenntnis von seiner Abstammung steht, so lange keine dagegen sprechenden Gründe geltend gemacht werden, keine Rechtsposition gegenüber, die den Auskunftsanspruch zu Fall bringen könnte. Der von den Eltern erklärte Verzicht auf die Auskunft zur Abstammung wirkt nicht zu Lasten des Kindes. Im Rahmen der Zumutbarkeit ist eine Abwägung der zu berücksichtigenden rechtlichen Interessen eines Kindes einerseits und des Samenspenders andererseits vorzunehmen.[28]

[28] BGH ErbR 2015, 337 = FamRZ 2015, 642 = NJW 2015, 1098.

3. Auskunftsanspruch des nichtehelichen Kindes auf Benennung der Großmutter

 

Rz. 17

Zum Recht eines nichtehelichen Kindes auf Benennung seiner Großmutter das AG Lüdinghausen:[29]

Zitat

1. Aus der beiderseitigen allgemeinen Beistands- und Rücksichtnahmepflicht zwischen Eltern und Kindern nach § 1618a BGB leitet sich ein Anspruch des Kindes gegen seinen Vater auf Nennung von Namen und Anschrift seiner Großmutter ab.

2. Das Interesse des Kindes auf Kenntnis der eigenen Abstammung überwiegt das Interesse der Großmutter auf Geheimhaltung ihrer Personalien.

[29] AG Lüdinghausen, Beschl. v. 6.7.2012 – 14 F 76/12, FamRZ 2013, 633 = NJW-RR 2012, 1412.

4. Gesetz zur Errichtung eines Samenspenderregisters und zur Regelung der Auskunftserteilung über den Spender nach heterologer Verwendung von Samen (Samenspenderregistergesetz – SaRegG)

 

Rz. 18

Das Gesetz ist am 1.7.2018 in Kraft getreten.[30] Ziel des Gesetzes ist es, Personen, die durch eine heterologe Verwendung von Samen gezeugt wurden, zu ermöglichen, durch Nachfrage bei einer zentralen Stelle Kenntnis über ihre Abstammung zu erlangen. Zu diesem Zweck wird ein zentrales Samenspenderregister beim Deutschen Institut für Medizinische Dokumentation und Information (DIMDI) eingerichtet.

Um die rechtlichen Wirkungen einer rechtlichen Vaterschaft abzumildern, wurde das BGB in Bezug auf die gesetzliche Unterhaltspflicht sowie das gesetzliche Erb- und Pflichtteilsrecht geändert. Nach § 1600d Abs. 3 wurde folgender Absatz 4 eingefügt:[31]

 

Ist das Kind durch eine ärztlich unterstützte künstliche Befruchtung in einer Einrichtung der medizinischen Versorgung im Sinne von § 1a Nummer 9 des Transplantationsgesetzes unter heterologer Verwendung von Samen gezeugt worden, der vom Spender einer Entnahmeeinrichtung im Sinne von § 2 Absatz 1 S. 1 des Samenspenderregistergesetzes zur Verfügung gestellt wurde, so kann der Samenspender nicht als Vater dieses Kindes festgestellt werden.

Der bisherige Absatz 4 wurde Absatz 5.

 

Rz. 19

Keine Vaterschaftsfeststellung, § 1600d Abs. 4 BGB n.F. Mit dieser gesetzlichen Neuregelung besteht kein gesetzlicher Unterhaltsanspruch i.S.v. §§ 1601 ff. BGB und kein gesetzliches Erb- und Pflichtteilsrecht, weil dieses ein Verwandtschaftsverhältnis voraussetzt.

 

Rz. 20

Änderung des EGBGB: Dem Artikel 229 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuch wurde folgender § 46 angefügt:[32]

 

§ 46 Überleitungsvorschrift zum Gesetz zur Regelung des Rechts auf Kenntnis der Abstammung bei heterologer Verwendung von Samen

§ 1600d Absatz 4 des Bürgerlichen Gesetzbuchs ist nicht anzuwenden, wenn der Samen, mithilfe dessen das Kind gezeugt wurde, vor Inkrafttreten des Gesetzes zur Regelung des Rechts auf Kenntnis der Abstammung bei heterologer Verwendung von Samen vom 17.7.2017 (BGBl I S. 2513) verwendet wurde.

[30] Art. 1 des Gesetzes zur Regelung des Rechts auf Kenntnis der Abstammung bei heterologer Verwendung von Samen v. 17.7.2017, BGBl I 2017, 2513; BT-Drucks 18/11291; BR-Drucks 454/17. Vgl. Spickhoff, Vaterschaftsfeststellung, Vaterschaftsanfechtung und das Recht auf Kenntnis der Abstammung nach heterologer Insemination, ZfPW 2017, 257.
[31] Art. 2 G v. 17.7.2017, BGBl I 2017, 2513, 2517.
[32] Art. 3 G v. 17.7.2017, BGBl I 2017, 2513, 2518.

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