Rz. 46

Als nondum conceptus wird im Lateinischen der noch nicht Empfangene, der bislang noch gar nicht Gezeugte bezeichnet. Einen nondum conceptus hat beispielsweise vor Augen, wer in seinem Testament ein zukünftig erwartetes, erst zu zeugendes Enkelkind mit einem Vermächtnis bedenkt (vgl. § 2178 BGB). Auch über das Erbrecht hinaus werden in zahlreichen Rechtsgebieten noch nicht gezeugte Kinder berücksichtigt.[55] Zusätzliche Komplexität erfährt die Thematik durch die Möglichkeiten der künstlichen Befruchtung.[56]

 

Rz. 47

Kontrovers wird die gesetzliche Erbfolge von Kindern nach postmortaler Befruchtung beurteilt. Während kryokonservierte Embryonen bereits begrifflich von der extensiven Regelung der Erbfähigkeit gem. § 1923 Abs. 2 BGB erfasst werden, kann ein post mortem gezeugtes Kind nach dem Wortlaut der Norm nicht Erbe werden. Ihm würde also die Erbfähigkeit versagt, weil zum Zeitpunkt des Erbfalls Rechtssicherheit und Rechtsklarheit herrschen müssen. Deshalb wird vielfach eine analoge Anwendung von § 1923 Abs. 2 BGB gefordert.[57]

Ein Großteil dieser Fälle dürfte sich erledigt haben durch die Einführung des § 1600d Abs. 4 BGB durch Art. 2 des Gesetzes zur Regelung des Rechts auf Kenntnis der Abstammung bei heterologer Verwendung von Samen,[58] das zum 1.7.2018 in Kraft getreten ist.[59]

[55] Siehe rechtsvergleichend zum frz. u. engl. Recht Hermanns-Engel, Die rechtl. Berücksichtigung des Menschen vor der Zeugung, 1997, 73 ff., 138 ff.
[56] Vgl. hierzu ausführlich MüKo/Leipold, § 1923 Rn 21 m.w.N.
[57] Grdl. Leipold, FS Kralik, 1986, 467, 471 ff.; vgl. ausführlich Neuner, JuS 2019, 1.
[58] BGBl. I 2017, 2513, 2517.
[59] Vgl. Spickhoff, Vaterschaftsfeststellung, Vaterschaftsanfechtung und das Recht auf Kenntnis der Abstammung nach heterologer Insemination, ZfPW 2017, 257.

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