Rz. 121
Die Aufhebung eines Immobilienkaufvertrags kann unter bestimmten Voraussetzungen formfrei erfolgen. Formfrei ist sie zum Beispiel möglich, wenn
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die Auflassung noch nicht erklärt wurde, |
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die Eintragung der Vormerkung zur Sicherung des Anspruchs auf Übertragung des Eigentums im Grundbuch noch nicht eingetragen ist und auch die Bewilligung nebst Antrag dem Grundbuchamt noch nicht vorgelegt wurde, |
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der Käufer noch keine Zahlung auf den Kaufpreis geleistet hat und |
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der Verkäufer auch noch keine Vorleistungen erbracht hat. |
Rz. 122
Formfrei erfolgen die Vertragsaufhebungen in der notariellen Praxis dennoch selten, schon weil zur Wahrung der Beweissicherung regelmäßig die Schriftform einzuhalten ist.
Rz. 123
Der Notar kann die Empfehlung, den Vertrag schriftlich aufzuheben, nur bedenkenlos aussprechen, wenn weder der Verkäufer noch der Käufer Leistungen zur Vertragserfüllung erbracht haben. Soweit jedoch für den Käufer ein Anwartschaftsrecht besteht, zu seinen Gunsten also z.B. eine Eigentumsvormerkung eingetragen oder beantragt ist und ohne Mitwirkung des Käufers der Antrag nicht zurückgenommen werden kann, ist die Vertragsaufhebung notariell zu beurkunden. Ebenfalls sollte die Beurkundung gewählt werden, wenn der Käufer eine Anzahlung geleistet hat oder wenn der Verkäufer Vorleistungen erbracht hat. Diese Vorleistungen bedürfen einer Rückabwicklung.
Rz. 124
Enthält der Notar von den Parteien eine schriftliche (wirksame) Vertragsaufhebung oder auch übereinstimmende schriftliche Briefe der Vertragsparteien mit der Bitte, den Vertrag nicht weiter abzuwickeln, wird der Notar die Aufhebungsvereinbarung in Kopie an das Finanzamt reichen oder sie dem Finanzamt mitteilen und bitten, die Grunderwerbsteuer nicht zu veranlagen. Wurde die Grunderwerbsteuer bereits gezahlt, wird der Notar bitten, den Steuerbetrag zu erstatten.
Rz. 125
Wird der Notar ersucht, die Aufhebung eines Kaufvertrags zu entwerfen und zu beurkunden und betrifft die Aufhebung eine Kaufvertragsurkunde eines anderen Notarkollegen, sollte der um die Aufhebung ersuchte Notar seine Tätigkeit verweigern, weil er nur schwer oder gar nicht beurteilt werden kann, welche Maßnahmen zur Rückabwicklung des bei dem Kollegen beurkundeten und in Abwicklung befindlichen Kaufvertrags zu ergreifen sind. Es ist ein nahezu ungeschriebenes Gesetz, nie die Urkunde eines Notarkollegen aufzuheben. Beurkundet der Notar dennoch eine entsprechende Aufhebungsurkunde, könnten dadurch Schäden entstehen, weil Rückabwicklungsschritte aufgrund von ggf. vorliegenden Treuhandaufträgen falsch eingeschätzt oder gar nicht bedacht werden. Der Notar kann über die wirtschaftlichen Gefahren aufklären und warnen und seine Hinweise in der Aufhebungsurkunde festhalten. Er kann ebenso anregen, dass der Notar, der den Kaufvertrag beurkundet hatte, die Aufhebung seines Vertrags selbst beurkunden sollte.
Im Einzelfall kann der Notar in Absprache mit dem anderen Notar die Aufhebung und Rückabwicklung abstimmen.