Rz. 20

§ 2303 Abs. 2 S. 2 BGB erklärt ausdrücklich, dass § 1371 BGB unberührt bleibt. Der vom gesetzlichen Erbteil ausgeschlossene Ehegatte, der weder Erbe wurde noch ein Vermächtnis erhielt, kann daher den sog. kleinen Pflichtteil verlangen, dessen Höhe sich durch die Halbierung des nicht erhöhten gesetzlichen Ehegattenerbteils (§ 1931 Abs. 1 BGB) errechnet. Neben den Erben erster Ordnung erhält er also einen Pflichtteil von ⅛.

 

Rz. 21

Daneben hat er noch den Anspruch auf den rechnerisch genauen Zugewinnausgleich (§ 1371 Abs. 2 BGB), der gem. §§ 1373 ff. BGB nach den güterrechtlichen Grundsätzen (also nicht pauschal) geltend zu machen und zu berechnen ist[36] und im Rang vor den Pflichtteilsansprüchen der anderen Pflichtteilsberechtigten liegt (§ 327 InsO).[37] Dies ist die sog. güterrechtliche Lösung. Ein Wahlrecht, statt diesem kleinen Pflichtteil und dem rechnerischen Zugewinnausgleich den sog. großen Pflichtteil zu verlangen, hat der Ehegatte bei der güterrechtlichen Lösung jedoch nicht.[38]

 

Rz. 22

Wird der Ehegatte des Verstorbenen jedoch Erbe oder zumindest Vermächtnisnehmer, so steht ihm der nach § 1371 Abs. 1 BGB um ein Viertel erhöhte gesetzliche Erbteil zu, so dass die Pflichtteilsquote neben Abkömmlingen ¼, neben Eltern ⅜ ist (sog. großer Pflichtteil).[39] Dies wird auch die erbrechtliche Lösung genannt.

 

Rz. 23

Dieser große Pflichtteil des Ehegatten hat für diesen selbst Bedeutung:[40]

soweit es um eigene Pflichtteilsansprüche des Ehegatten in den Fällen der §§ 2305, 2306 und 2307 BGB geht;
soweit es sich um Pflichtteilsergänzungsansprüche des Ehegatten handelt (§§ 2325, 2329 BGB);
bei den Regelungen der §§ 2318, 2319 und 2328 BGB.
 

Rz. 24

Auch hier ist immer auf die Fernwirkung der Zugewinngemeinschaft für die anderen Erb- und Pflichtteilsquoten mit ihren beiden Lösungsmöglichkeiten (erbrechtliche oder güterrechtliche) zu achten.

[36] Siehe dazu die Kommentierungen zu § 1371 BGB.
[37] BGHZ 37, 58, 64, 66; BGH DNotZ 1983, 187, 188; Klingelhöffer, ZEV 1995, 444, 445.
[38] Palandt/Brudermüller, § 1371 Rn 15.
[39] BGHZ 37, 58.
[40] Palandt/Weidlich, § 2303 Rn 16.

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