Rz. 97
Das papierlose Büro hält unaufhörlich Einzug auch in Anwaltskanzleien. Die elektronische Akte hat Vorteile, aber auch einige Nachteile. Unter elektronischer Akte ist eine Datenbank zu verstehen, in der sämtliche Unterlagen und Dokumente zu einem Fall elektronisch erfasst sind. Was bisher in Papierform in der Akte vorhanden war (Schriftsätze, Korrespondenz mit dem Mandanten, Gericht und Gegner etc.) wird nun eingescannt, digitalisiert und in computerlesbarer Form gespeichert. Beim Einscannen der Dokumente werden Erkennungsmerkmale zusätzlich erfasst, die der Zuordnung des Dokuments zu einer Akte und auch ggf. der Einordnung innerhalb dieser Akte dienen, so z.B. die Aktennummer, Bezeichnung der Parteien, Belegdatum, Dokumentenart, usw. Für das Führen von elektronischen Akten gibt es eigene Software-Programme, sog. Dokumenten-Management-Systeme, auch DMS abgekürzt.
Rz. 98
Ein Vorteil der elektronischen Akte besteht darin, dass der Rechtsanwalt, mit einem leistungsfähigen Laptop ausgerüstet, unterwegs oft effizienter arbeiten kann, wenn er seine Akten mit sich führen kann. Neue, wichtige Dokumente, die während seiner Abwesenheit in der Kanzlei eingehen, kann er per Datenfernübertragung auf seinem PC aufrufen, wobei selbstverständlich eine sichere Verschlüsselungsmethode zu wählen ist.
Rz. 99
Mit der elektronischen Akte können sich viele noch nicht anfreunden, da sie auch Nachteile bringt. Denn obwohl man in einer elektronischen Akte mit ein wenig Gewöhnung fast ebenso blättern kann, wie in einer Papierakte, kann doch gerade in Rechtsanwaltskanzleien oft nicht ganz auf das Papier verzichtet werden. Wichtige Verträge, die im Original unterzeichnet worden sind, Testamente und auch andere wichtige Dokumente müssen weiterhin in Papierform zur Akte genommen werden, vor allem dann, wenn das "Gegenüber" nicht über eine elektronische Akte verfügt. So müssen in der Regel die Akten "zweifach" angelegt werden, teilweise in elektronischer Form und für wichtige Dokumente in Papierform. Ein weiterer Nachteil ist sicherlich das ständige Fixiertsein der Mitarbeiter und des Anwalts auf einen PC-Bildschirm, unter Umständen auch mit den entsprechenden gesundheitlichen Folgen.
Rz. 100
Die elektronische Akte erfordert zudem einen konsequent organisierten Arbeitsablauf bei der Belegerfassung. Der Aufwand, die eingehende Post beispielsweise mittels Scanner zu erfassen (geheftete Seiten müssen zuerst entklammert werden etc.), ist ebenfalls nicht zu unterschätzen.
Rz. 101
Ein Vorteil der elektronischen Akte soll jedoch zum Schluss aufgezeigt werden. Er liegt in der Aktenablage und den langen Aufbewahrungsfristen. Denn nicht selten nehmen die abgelegten Akten, die nur zu einem geringen Prozentteil je wieder den "Keller" verlassen, einen breiten Raum ein und verursachen damit nicht unerhebliche Mietkosten. Als Serviceleistung der Kanzlei kann auch dem Mandanten eine Kopie der CD-ROM mit seiner Akte mitgegeben werden, wenn der Fall abgeschlossen ist. Vgl. auch das Kapitel "Elektronischer Rechtsverkehr".
Rz. 102
Zum 1.1.2026 werden in der gesamten deutschen Justiz verpflichtend E-Akten eingeführt. Dies bedeutet, dass ab diesem Zeitpunkt keine Papierakten bei Gericht mehr angelegt werden, soweit sie nicht als sog. Beiakten zwingend erforderlich sind. Jede neu anzulegende Akte wird dann als elektronische Akte angelegt werden. Inzwischen haben bereits alle Bundesländer damit begonnen, auf E-Akte umzustellen. Hier kann man beobachten, dass i.d.R. erst die Fachgerichtsbarkeiten, wie z.B. die Arbeitsgerichtsbarkeit, Sozial- oder Verwaltungsgerichtsbarkeit auf E-Akte umgestellt werden. Erst wenn dies gelungen ist, werden auch die Zivilakten auf E-Akten umgestellt werden. Hintergrund ist hier sicherlich, dass das Aktenvolumen, d.h. die Anzahl der Akten, in den Fachgerichtsbarkeiten deutlich geringer ist, als in der Zivilgerichtsbarkeit. Im Rahmen der Einführung des elektronischen Rechtsverkehrs in der Justiz, aber auch bei den Behörden, ist die E-Akten-Einführung nur konsequent. Eine Pflicht zur E-Akten-Führung für Rechtsanwälte ergibt sich bisher nicht. Die Handaktenführung ist berufsrechtlich in § 50 BRAO geregelt. Hier ist geregelt, dass der Rechtsanwalt durch das Führen von Handakten ein geordnetes und zutreffendes Bild über die Bearbeitung seiner Aufträge geben können muss, § 50 Abs. 1 S. 1 BRAO. Dies gilt auch dann, wenn sich der Rechtsanwalt zum Führen seiner Handakten oder zur Verwahrung von Dokumenten der elektronischen Datenverarbeitung bedient, § 50 Abs. 4 BRAO. Wichtige Vor- und Nachteile der E-Akte lassen sich wie folgt zusammenfassen:
Rz. 103
Die Vorteile einer elektronischen Akte (E-Akte) liegen auf der Hand:
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Die Informationen sind vollständig überall verfügbar. |
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Die Suche nach Akteninhalten kann gezielter erfolgen. |
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Alle Verwender der E-Akte greifen auf dieselben Informationen zurück. |
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E-Akten müssen nicht an verschiedenen Orten gesucht werden. |
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E-Akten sparen Platz und damit Raumkosten. |
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Bei E-Akten können Berechtigungen unters... |