Rz. 52
Rechtsanwaltsfachangestellte sind qualifizierte Mitarbeiter in einer Rechtsanwaltskanzlei, die i.d.R. eine dreijährige Ausbildung nach dem dualen Ausbildungssystem durchlaufen haben. Bei besonderer schulischer Vorbildung (z.B. Abitur) ist eine Verkürzung der Ausbildungszeit möglich.
Rz. 53
Die Ausbildung von Rechtsanwaltsfachangestellten ist in der Verordnung über die Berufsausbildung zur/zum Rechtsanwaltsfachangestellten, zur/zum Notarfachangestellten und zur/zum Patentanwaltsfachangestellten (ReNoPat-Ausbildungsverordnung) geregelt. Diese wurde zum 1.8.2015 nochmals erheblich überarbeitet. Es handelt sich um eine kaufmännische Ausbildung, in deren Verlauf auch erhebliches Fachwissen u.a. zu den Themen Vollstreckungsrecht, Kostenrecht und Prozessrecht vermittelt wird.
Rz. 54
Die Ausbildung selbst wird im Hinblick auf die schulische Ausbildung in einem Rahmenlehrplan und im Hinblick auf die praktische Ausbildung in der Kanzlei in einem Ausbildungsrahmenplan regelt.
Rz. 55
Rechtsanwaltsfachangestellte sind aufgrund ihrer sehr qualifizierten Ausbildung auch in anderen Branchen sehr gefragt. Versicherungen, Banken, Rechtsabteilungen und auch die Justiz stellen sehr gerne Rechtsanwaltsfachangestellte ein. Das Betätigungsfeld beschränkt sich nicht auf Kanzleien. Auch ist zu beobachten, dass in den vergangenen Jahren erfreulicherweise vermehrt nicht mehr nur weibliche Personen diesen Beruf erlernen.
Rz. 56
Rechtsanwaltsfachangestellte sind speziell und umfassend ausgebildete Mitarbeiter, deren Aufgabe es ist, dem Rechtsanwalt in seiner juristischen Tätigkeit zuzuarbeiten. Die Qualität einer Rechtsanwaltskanzlei steht und fällt mit den dort beschäftigten Mitarbeitern, da diese die juristische Tätigkeit des Anwalts nach außen hin umsetzen. Arbeiten Rechtsanwaltsfachangestellte konzentriert und mit Sachkenntnis, ist dies ein wesentlicher Grund für den wirtschaftlichen und juristischen Erfolg einer Kanzlei.
Rz. 57
Rechtsanwaltsfachangestellte helfen dem Anwalt von Anfang an bei der Betreuung des Mandatsverhältnisses. Weil sie auf diese Art und Weise in die Verhältnisse des Mandanten einen ähnlich tiefen Einblick erhalten wie der Rechtsanwalt selbst, sind sie ebenso wie dieser im Interesse des Mandanten zur Verschwiegenheit verpflichtet. Dies schließt auch ein, dass sie Strafverfolgungsbehörden und Gerichten gegenüber ein Zeugnisverweigerungsrecht haben, solange der Mandant sie oder den Anwalt nicht von der Schweigepflicht entbindet, da das Zeugnisverweigerungsrecht aus § 53 Abs. 1 Nr. 3 StPO (Zeugnisverweigerungsrecht aus beruflichen Gründen), das sich auf den Rechtsanwalt bezieht, in § 53a StPO auf den Berufshelfer (hier: RA-Fachangestellte, alle Mitarbeiter des RA) erweitert wird mit der Maßgabe, dass der Rechtsanwalt über die Ausübung des Rechts auf Zeugnisverweigerung auch für den Berufshelfer entscheidet.
Rz. 58
Rechtsanwaltsfachangestellte empfangen üblicherweise den Mandanten bei seinem ersten Besuch in der Kanzlei. Je nach Organisation der Kanzlei werden dabei bereits die Tatsachen, die für das rechtliche Anliegen des Mandanten von Bedeutung sind, so z.B. Namen, Stellung in einer Firma, für die er ggf. Rechtsrat sucht, etwaige gesetzliche Vertretungen, z.B. bei Jugendlichen, der Name und die Anschrift des Gegners erfragt. Auch lässt man sich zum Fall vorhandene Unterlagen aushändigen. Die Aufgabe von Rechtsanwaltsfachangestellten ist es im Übrigen, während des Mandatsverhältnisses und danach die Akten anzulegen und zu führen, Zahlungsein- und -ausgänge zu vermerken sowie die notwendigen Kalender und Register zu führen, sofern dies nicht bereits durch einen Bürovorsteher/Rechtsfachwirt geschieht. Außerdem erfolgen durch sie klassische Sekretariatsarbeiten. Das kann – je nach Kanzlei – das Schreiben von Diktaten sein, aber auch das Überarbeiten der mit Spracherkennung erstellten Dokumente, Behandlung der Ein- und Ausgangspost sowie unterschriftsreifen Vorbereitung von Schreiben an Mandanten oder einfachen Schriftsätzen und je nach Kanzleistruktur noch Vieles mehr.
Rz. 59
Rechtsanwaltsfachangestellte werden außerdem weitgehend selbstständig auf den Gebieten der Zwangsvollstreckung, im Bereich des Vergütungs- und Kostenrechts und im Mahnverfahren tätig. In vielen Fällen wird ihnen auch das vorprozessuale Inkasso von Forderungen übertragen. Angesichts der Tatsache, dass der Rechtsanwalt in diesen Bereichen von seinen qualifizierten Mitarbeitern weitgehend entlastet werden kann, müssen Rechtsanwaltsfachangestellte über umfassendes Wissen und Können verfügen.